MÜNCHEN — Wird Infineon die nächsten beiden Jahre überleben? Diese Frage ist eng an die Fähigkeit des Halbleiterherstellers gekoppelt, seine mittelfristig fälligen Schulden zu bezahlen. Analysten streiten sich, ob das gelingen kann. Ein vernichtendes Urteil über den angeschlagenen Chiphersteller fällte vergangene Woche die Rating-Agentur Standard & Poor's. Die Chance, dass Infineon binnen der nächsten zwei Jahre pleite gehen könnte, bewerten die Autoren der Studie mit 50 Prozent. Das Unternehmen steht bekanntlich vor der Herausforderung, bis Mitte 2010 Schulden in Höhe von 900 Millionen Euro zu refinanzieren, was Fachleute angesichts der Lage auf den Finanzmärkten als sehr schwierig bewerten. Dazu kommt, dass sich auch die Absatzmärkte der Halbleiterbranche (und damit nicht nur von Infineon) zurzeit in einem äußerst desolaten Zustand befinden. Vor diesem Hintergrund senkt Standard & Poor's den Daumen über Infineon: Für Aktienbesitzer heißt das 'verkaufen', für Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter womöglich Schlimmeres. Immerhin befindet sich das Münchner Chipunternehmen in bester Gesellschaft — auch die Konkurrenten von STMicroelectronics blieben von diesem Urteil nicht verschont, wenngleich hier eine Pleite nicht an die Wand gemalt wird. Zu einem gänzlich gegenteiligen Urteil kommt die Schweizer Großbank UBS in einer am Montag (6.4.) veröffentlichten Studie. Die Wahrscheinlichkeit, dass Infineon seine Schulden bedienen könne, sei drastisch gestiegen, meint UBS-Analyst Nicolas Gaudois. Erstens, so der Analyst, gebe es mittlerweile Anzeichen einer Besserung des Markts. Und zweitens besitze das Unternehmen eine starke Marktstellung, beispielsweise im Automotive-Sektor und im Handy-Markt — Letzteres nicht zuletzt als Zulieferer zu Apples Kult-Telefon iPhone. Last but not least kursierten auch Berichte, dass Infineon von seinem Guthaben bei der gescheiterten Großbank Lehman Brothers einen Großteil habe retten können; in diesem Zusammenhang wurde ein hoher zweistelliger Euro-Millionenbetrag genannt. Auch der jüngst angekündigte Rückzug Infineons von der teuren New Yorker Börse wurde positiv vermerkt. In diesem Umfeld stufte der UBS-Analyst die Aktie Infineons auf 'kaufen' hoch und stellte eine signifikante Kurssteigerung in Aussicht. Das wiederum konnte Standard & Poor's offenbar nicht auf sich sitzen lassen. Eilig schob das Unternehmen ein Update seiner Analyse nach und beharrte darin auf seiner Einschätzung. Lediglich das Kursziel hob Standard & Poor's wurde vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklung leicht an; ansonsten sieht die Agentur die Wahrscheinlichkeit einer Infineon-Pleite unverändert bei 50 Prozent. Dem Aktienmarkt war an diesem Frühlingstag die rabenschwarze Prognose der US-Analysten egal. Der Aktienkurs von Infineon legte bis zum Nachmittag um gut 22 Prozent zu. Damit rangiert das Wertpapier des Chipherstellers bei gut 1,10 Euro und ist seinen schlechten Ruf als "Penny Stock" wieder los — einstweilen jedenfalls
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