19.09.08 11:43 Wien (aktiencheck.de AG) - Die letzten US-Konjunkturdaten bestätigten im Wesentlichen die Stagnation der US-Wirtschaft, so die Analysten der Erste Bank.
Somit könne in Q3 im Vergleich zum zweiten Quartal von einer massiven Verlangsamung des Wirtschaftswachstums ausgegangen werden. Das zweite Quartal sei durch die Steuerrückvergütungen verzerrt gewesen, auch wenn der größte Beitrag zum Wachstum vom Außenhandel gekommen sei. Aber ohne die Schecks vom US-Finanzministerium wäre das Wachstum im zweiten Quartal sicherlich niedriger ausgefallen. Negative Beiträge hätten die Investitionen der Haushalte geleistet, wenn auch in geringerem Ausmaß als im ersten Quartal, sowie die Lagerkomponente. Das dritte Quartal sei äußerst träge angelaufen und derzeit sehe es nach einer Stagnation aus, auch wenn die Datenlage noch dünn sei.
Der Ausblick für die kommenden Monate sei auch nicht viel besser. Die Korrektur am Immobilienmarkt werde sich fortsetzen und die Hauspreise würden weiter fallen. Die jüngsten Ereignisse (Lehman Brothers, AIG) hätten Hoffnungen auf eine Erholung der Finanzmärkte einen deutlichen Dämpfer verliehen. Da mit weiteren Zwangsvollstreckungen von Hypothekendarlehen zu rechnen sei, werde es auch weiteren Abschreibungsbedarf bei Finanzinstituten geben. Auch wenn dieser geringer werden sollte, berge die ausgedünnte Eigenkapitaldecke des Finanzsektors Risiken.
Die Unsicherheit werde somit hoch bleiben, was sich wohl auch in einer vorsichtigen Kreditvergabe widerspiegeln werde, wobei die Nachfrage nach Krediten im derzeitigen Umfeld nicht besonders hoch sein dürfte. Ein entlastender Faktor werde der von USD 147 auf 90 pro Barrel gefallene Ölpreis sein, was aber nicht reichen werde, um eine Beschleunigung der Konjunktur auszulösen, sondern nur teilweise die negativen Effekte kompensieren sollte.
Die kommenden Monate würden also ohne Zweifel schwierig bleiben, umso mehr als sich die in den letzten Makro-Märkten behandelte Abschwächung des Arbeitsmarktes bestätigt habe. Es sei auch kaum zu sehen woher eine positive Überraschung kommen sollte. Abwärtsrisiken bestünden hingegen, sollten weitere Finanzinstitute ins Trudeln geraten. Der Kurs der US-Regierung sei in dieser Hinsicht pragmatisch. Während man für die Investmentbank Lehman Brothers die Marktkräfte wirken gelassen habe (Chapter 11), sei mit der FED für den Versicherer AIG eine Kreditlinie im Ausmaß von USD 85 Mrd. für die nächsten zwei Jahre arrangiert worden. Dies solle es AIG erlauben Vermögenswerte ohne Zeitdruck zu veräußern, um den Kredit zurück zu zahlen.
Das Unternehmen stehe unter der Kontrolle der öffentlichen Hand und sei mit eine Bilanzsumme von USD 1.060 Mrd. ganz offensichtlich "too big to fail" gewesen. Lehman Brothers habe eine Bilanzsumme von USD 691 Mrd. gehabt. Das entscheidende Kriterium für die Rettung von AIG dürfte aber gewesen sein, dass ein Bankrott sich viel weiter in die Wirtschaft hinein ausgewirkt hätte, als die im Vergleich überschaubare Menge von (institutionellen) Lehman-Brothers-Gläubigern.
Schon seien Gerüchte über neue Fusionen (Morgan Stanley, Washington Mutual) aufgetaucht. Dem US-Finanzministerium zusammen mit der FED bleibe derzeit gar nichts anderes übrig als von Fall zu Fall zu entscheiden, für eine klare politische Linie sei es jetzt zu spät. Dafür hätte man den Finanzsektor schon früher unter genauere Beobachtung stellen müssen. Die Unsicherheit werde somit vorerst hoch bleiben, da die öffentlichen Stellen ja keinen Blankoscheck ausgestellt hätten. Jene Institute, die aufgrund ihrer Größe einen Dominoeffekt auslösen könnten, würden wohl auf eine Rettung setzen können. Bei den anderen werde die öffentliche Hand wohl keine Steuergelder in die Hand nehmen, werde aber personell bei der Beruhigung der Situation involviert bleiben.
Im Fall von Lehman Brothers seien die Probleme ja schon länger bekannt gewesen, der beinahe Konkurs von AIG sei hingegen ein Schock gewesen. Dieser jüngste Rückschlag werde wohl nicht so schnell verdaut sein. Gleichzeitig habe die FED (mit Unterstützung anderer Notenbanken) bis jetzt gutes Krisenmanagement bewiesen. Trotzdem scheine es schwer vorstellbar, dass etwas anderes als Zeit wieder Vertrauen in die Märkte zurückbringe. Dieser Prozess könnte zwar durch rückläufige Zwangsvollstreckungen von Hypothekendarlehen bzw. bessere Konjunkturdaten beschleunigt werden, beides sei aber derzeit nicht in Sicht. Die Zwangsvollstreckungen sollten aber noch in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen.
Wie sich die Turbulenzen an den Finanzmärkten unmittelbar auf die Konsum- bzw. Investitionsentscheidungen auswirken würden, würden erst die Septemberdaten zeigen, die im Oktober veröffentlicht würden. Der starke Rückgang des Ölpreises sollte aufgrund der schwachen Konsumenten-Geschäftsklimaindikatoren nur einen Teil der negativen Auswirkungen kompensieren. Ohne Zweifel sei die Entwicklung der Konjunktur zumindest während der kommenden Monate unsicherer geworden. (18.09.2008/ac/a/m) Marktbericht-Datum: 18.09.2008
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