Namhafte Politiker fordern von der Bundesbank die Entlassung Sarrazins. Dabei ist für die Abberufung eigentlich Bundespräsident Wuff zuständig. Angeblich soll die Bundesbank eine fristlose Kündigung anstreben. Fach- leute sind überzeugt, dass seine Abberufung juristisch nicht gerechtfertigt ist.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,715216,00.html Wulff verlangt Reaktion der Bundesbank
Der Druck auf Sarrazin wächst - aber auch der auf die Bundesbank: Bundespräsident Christian Wulff forderte die Behörde indirekt zum Rauswurf Sarrazins auf: "Ich glaube, dass jetzt der Vorstand der Deutschen Bundesbank schon einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet - vor allem auch international", sagte Wulff am Mittwoch dem Nachrichtensender N24. Da ein Bundesbank-Vorstandsmitglied auf Antrag des Vorstands nur vom Bundespräsidenten entlassen werden kann, kommt Wulffs Stimme große Bedeutung zu. Sarrazins Amtszeit endet regulär 2014.
Maria Böhmer, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, drängte die Bundesbank ebenfalls zu einer raschen Entscheidung über Sarrazin. "Die Bundesbank ist jetzt am Zuge", sagte die CDU-Politikerin der "Rheinischen Post". Sie fügte hinzu: "Nach dem, was Herr Sarrazin über das Thema Integration und Migranten geäußert hat, ist er nicht mehr tragbar."
Auch Dieter Wiefelspütz, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, bekräftigte seine Forderung nach einer Entlassung Sarrazins. Dessen Thesen trügen teilweise rassistische Züge. "Herr Sarrazin hat sich disqualifiziert durch seine Äußerungen, als Bundesbank-Vorstand und als SPD-Mitglied", sagte Wiefelspütz. Schon zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Reaktion der Bundesbank auf Sarrazins Thesen gefordert.
Bundesbanker sollen sich für Trennung ausgesprochen haben
Einem Bericht der "Berliner Zeitung" zufolge hat sich der Vorstand der Bundesbank bereits einstimmig für die Trennung von Sarrazin ausgesprochen. Demnach geht es nur noch um das Wie des Rauswurfs, nicht mehr um die Tatsache an sich.
Anders als vor einem Jahr, als Bundesbank-Präsident Axel Weber wegen eines Interviews schon einmal den Vorstand vom Rauswurf Sarrazins habe überzeugen wollen, aber gescheitert sei, stünden jetzt alle vier Mitglieder hinter dem Präsidenten. Das Kalkül der Bundesbank: Da Sarrazins Vertrag noch bis 2014 laufe, dürfte die Bank immer wieder in die Schlagzeilen gelangen.
Konkret gehe es darum, wie die Behörde Sarrazin auf eine Art loswerden kann, die seine Chancen, sich wieder in die Bundesbank einzuklagen, minimieren würde. In der Bundesbank gehe man davon aus, dass Sarrazin auf jeden Fall gegen seine Abberufung gerichtlich vorgehen werde. Hinzu kommt, dass eine reine Abberufung teuer wäre. Wird ihm nicht gleichzeitig aus wichtigem Grund fristlos gekündigt, hätte Sarrazin weiterhin Anspruch auf seine Bezüge.
Ein Grund für den zähen Entscheidungsprozess ist juristischer Natur. Viele Fachleute sind davon überzeugt, dass Sarrazin mit seinen provokanten Interviews noch längst nicht genug Anlass gegeben hat, um seine Abberufung zu rechtfertigen.
Tatsächlich ist ein Bundesbank-Vorstand fast unkündbar. In der mehr als 50-jährigen Geschichte der Notenbank gab es einen Fall wie Sarrazin noch nicht. Das Bundesbank-Gesetz schweigt sich dazu aus, wie ein Vorstand im Notfall eigentlich rausgeworfen werden kann. Zwar gibt es in den individuellen Arbeitsverträgen der Vorstandsmitglieder einen Passus, wonach sie vom Bundespräsidenten auf Antrag des Gesamtvorstandes entlassen werden können, aber nur bei "schweren Verfehlungen". Doch eine solche Verfehlung sehen viele Juristen in Sarrazins Äußerungen nicht - unabhängig von deren Wahrheitsgehalt.
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