ALTERNATIVE ANTRIEBE
So will Berlin die Wasserstoff-Forschung beschleunigen Von: Barbara Gillmann Die Erforschung synthetischer Kraftstoffe soll in neue Dimensionen vorstoßen. Die Forschungsministerin startet dafür die „Wasserstoffstrategie“
Mögliche Alternative zum Elektroantrieb, nicht nur für die Autoindustrie
Das Bundesforschungsministerium will mit einer neuen „Wasserstoffstrategie“ die Grundlage dafür legen, die Erzeugung von „grünem Wasserstoff“ – also mit erneuerbaren Energien erzeugtem – marktfähig zu machen. „Das CO2-Vermeidungspotenzial von Wasserstoff ist riesig“, sagte Ministerin Anja Karliczek (CDU) bei der Vorstellung der Pläne.
Das gelte sowohl für den Einsatz in Verbrennungsmotoren als auch in der Chemie- und der Grundstoffindustrie. „Hier könnten wir einen großen Hebel ansetzen.“
Insgesamt will sie die Forschung der Wirtschaft zu Wasserstoff bis 2023 mit 180 Millionen Euro fördern – das sei etwa doppelt so viel wie in der Vorperiode. Die Details der Strategie sollen bis Ende 2019 feststehen. Das Gesamtbudget für Klimaforschung soll gegenüber der letzten Legislatur von 1,5 auf 2,3 Milliarden Euro steigen.
Wasserstoff gilt als einer der Stoffe, die relativ schnell CO2 ersetzen können. Viele deutsche Unternehmen, gerade in der Automobilindustrie, haben ihre Investitionen hier zuletzt massiv verstärkt. Weit vorn liegt der Konkurrent Toyota – auch weil der japanische Staat hier massiv fördert. Wasserstoff ist als Alternative zur E-Mobilität interessant, weil die nötigen Batterien nach heutigem Stand für Lkw, Schiff und Flugzeug viel zu schwer sind. Erste Wasserstoff-Tankstellen gibt es bereits, doch ein Problem ist der Transport. Ein Projekt erforscht daher den Einsatz von Flüssigwasserstoff. Das habe den Vorteil, dass dann die Infrastruktur der heutigen fossilen Kraftstoffe genutzt werden könnte, argumentieren die Experten des Ministeriums.
Für die Herstellung von Wasserstoff erwartet die Regierung ein „Wachstum im Gigawattbereich“. Ein Engpassfaktor ist, dass dafür bisher das sehr teure, seltene Edelmetall Iridium nötig ist. Ein Forschungsprojekt, an dem der Industriegasekonzern Linde beteiligt ist, soll daher Wege finden, dies zu ersetzen.
Neben Elektromotoren und Wasserstoff will das Ministerium verstärkt die bisher vernachlässigten synthetischen Kraftstoffe erforschen lassen. Dafür werden in den nächsten drei Jahren 20 Millionen Euro bereitgestellt. Synthetische Kraftstoffe seien nahezu klimaneutral, wenn sie aus erneuerbaren Energien, Wasser und CO“ hergestellt werden“, so Karliczek. An der Forschung sind unter anderen BASF, MAN, Audi sowie das KIT und die Uni Aachen beteiligt.
In geringen Mengen sind synthetische Kraftstoffe schon verfügbar, es fehlen jedoch große Pilotanlagen. Für die Herstellung sind enorme Mengen Strom nötig. Nutze man jedoch die überschüssigen Stromspitzen, könnten ab 2030 circa eine Million Tonnen pro Jahr produziert werden, rechnet das Ministerium vor.
Zum Vergleich: Aktuell verbraucht der Güterverkehr in Deutschland rund 18 Millionen Tonnen Diesel pro Jahr. Nach einer Prognose der Deutschen Energie-Agentur (dena) könnten 2030 rund zehn Prozent der Pkws und 20 Prozent der Nutzfahrzeuge mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden.
Offen ist weiter die Rolle der CCS-Technik zur Abscheidung und Speicherung von CO2. „ Es ist noch nicht klar, ob wir diese Technik zur Erreichung unserer Klimaziele brauchen“, sagte Karliczek. Das hänge vor allem davon ab, wie viel CO2-Reduktion im Verkehr möglich sei.
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