Krise und kein Ende
Von Lutz Reiche
Die Zukunft der Beteiligungsgesellschaft WCM sieht düster aus. Der Abstieg aus dem MDax ist besiegelt, zugleich drohen Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe und damit die Insolvenz. Die rettende Verschmelzung mit der Tochter Klöckner-Werke rückt in immer weitere Ferne.
Hamburg/Frankfurt am Main - Die Hängepartie der einst milliardenschweren Beteiligungsgesellschaft WCM Chart zeigen entwickelt sich zur unendlichen Krisengeschichte. Der anvisierte Umbau zu einer Industrieholding durch die rettende Fusion mit der liquiden Tochter Klöckner-Werke AG wird sich weiter verzögern. Das signalisierte Vorstandschef Roland Flach am Donnerstag auf der Hauptversammlung (HV). Der Verkauf der restlichen Immobilientöchter und der Beteiligung an den Maternus Kliniken werde erst bis Mitte 2007 über die Bühne gehen, sagte Flach. Ursprünglich waren die Verkäufe für dieses Jahr angekündigt.
Roland Flach: Der Vorstandschef der WCM agiert seit Jahren nur noch als Krisenmanager
Der Verschmelzung mit dem Abfüll- und Verpackungsspezialisten Klöckner-Werke, an dem WCM mit 78 Prozent beteiligt ist, stehen nach wie vor ungeklärte Bewertungsfragen im Wege. So droht dem Konzern zum Beispiel eine Steuernachforderung gegen die WCM-Tochtergesellschaft HM KG in Höhe von rund 153 Millionen Euro. Der Fiskus verlangt, dass WCM den Gewinn aus dem Verkauf eines Aktienpakets am Einzelhandelsriesen Spar nachträglich versteuert. Die WCM lehnt die Forderung des Finanzamtes ab.
Mit hoher Steuerschuld droht WCM die Insolvenz
Flach hatte in der Vergangenheit mehrfach erklärt, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in einem ähnlichen Streit abgewartet werden soll. Wann mit einer Entscheidung der Finanzbehörden zu rechnen sei, konnte der Vorstandschef am Donnerstag nicht sagen. Als sicher gilt dagegen: Aus eigner Kraft kann WCM die Steuerschuld nicht begleichen. Sollte das Finanzamt an seiner Forderung festhalten, droht WCM die Insolvenz, wie Analysten gegenüber manager-magazin.de unlängst erklärten.
Risiken auch durch Rebon-Prozess
Doch nicht nur die Finanzbehörden wollen Geld sehen. Nach wie vor schwebt wie ein Damoklesschwert eine hohe zweistellige Millionenforderung der niederländischen Gesellschaft Rebon über der gerupften Beteiligungsgesellschaft. Rebon hatte im Kontext mit der Insolvenz der Sirius GmbH und der späteren Versteigerung ihrer Anteile an der IVG Immobilien Chart zeigen durch die Gläubigerbanken einen Schadenersatz von knapp 80 Millionen Euro von WCM gefordert. Sirius war eine gemeinsame Tochter von Rebon und WCM. Eine entsprechende Klage beschäftigt noch die Gerichte.
Die Gerichtsentscheidung im Rebon-Prozess soll am 15. Juli fallen. Flach sei zuversichtlich, dass der Prozess zu Gunsten von WCM ende. Den Ausgang des Prozesses und die drohende Steuernachforderung bezeichnete der Vorstandschef gleichwohl als "wesentliches Risiko" für WCM.
Flach liefert vage Ergebnisprognose
Düstere Aussichten also für ein Unternehmen, das kaum noch über finanzielle Reserven verfügt. Ohnehin dürfte der angestrebte Verkauf der Maternus-Kliniken als letzte ernst zu nehmende Beteiligung noch nicht einmal die geforderte Steuerschuld abdecken, sagen Experten. Eben wegen der drohenden Steuerschuld verweigern die Gläubigerbanken die seit gut einem Jahr angestrebte Verschmelzung mit der Klöckner-Tochter.
Da stimmt es auch wenig optimistisch, dass WCM in diesem Jahr seinen Umsatz um rund 80 Milllionen Euro auf knapp eine Milliarde Euro steigern will. Hängt dieses kleine Plus doch ganz wesentlich vom Verkauf weiterer Gewerbeimmobilien ab, wie Flach verdeutlichte. Vor Steuern rechne er mit einem ausgeglichenen Ergebnis. Zugleich schränkte er aber ein: "Belastet werden könnte das Ergebnis zusätzlich durch ein grundsätzliches Marktpreisrisiko bei den Gesellschaften, für die eine Verkaufsabsicht besteht."
Kapitalpläne auf Wiedervorlage
Ob vor diesem Hintergrund die Aktionäre der anvisierten Kapitalerhöhung zustimmen werden, war bis Donnerstagnachmittag noch nicht klar. Bereits im vergangenen Jahr war WCM mit seinem Plan gescheitert, sich auf der HV die Ausgabe von bis zu 144,4 Millionen Aktien genehmigen zu lassen. "Bevor nicht Klarheit über die Strategie herrscht, macht das keinen Sinn", hatte Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) noch am Mittwoch erklärt. Gemessen am aktuellen Aktienkurs von 46 Cent könnte die Gesellschaft so rund 67 Millionen Euro einnehmen.
Abstieg aus dem MDax besiegelt
Könnte wohlgemerkt. Sicher ist dagegen: WCM wird wegen seiner massiv gesunkenen Marktkapitalisierung mit Wirkung zum 20. Juni aus dem Nebenwerteindex MDax Chart zeigen in das Kleinwertesegment SDax Chart zeigen absteigen. Ende 1999 waren die Aktien noch rund 34 Euro wert, mittlerweile sind sie zum Spielball von Zockern geworden.
Ein Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bezeichnete die lang anhaltende Talfahrt der Aktie als "beispiellos". Andere Aktionäre verglichen die Entwicklung mit einem "Verkehrsunfall" bei dem der Konzern mit Ausnahme seiner Tochter Klöckner-Werke einen "Totalschaden" erlitten habe.
Geschäftsmodell funktioniert schon lange nicht mehr
WCM hatte über viele Jahre als Beteiligungsgesellschaft sehr gutes Geld damit verdient, dass sie unterbewertete Firmen aufkaufte und später mit Profit weiterreichte. Das brachte der Gesellschaft zuletzt den zweifelhaften Platz auf der so genannten "Heuschrecken"-Liste von SPD-Parteichef Franz Müntefering ein. Dem Politstrategen war offensichtlich entgangen, dass dieses Geschäftsmodell spätestens seit 2002 nicht mehr funktioniert, was auch Flach am Donnerstag einräumen musste. Seitdem fungiert der Vorstandschef vornehmlich als Krisenmanager.
WCM hatte sich in den vergangenen Jahren mit mehreren Transaktionen - darunter dem Einstieg bei der Commerzbank Chart zeigen - übernommen und mehrere hundert Millionen Euro an Verlusten eingefahren. Ihre 31.000 Wohnimmobilien hatte die Gesellschaft im vergangenen Dezember für knapp 1,4 Milliarden Euro an den US-Investor Blackstone verkauft und damit die Schuldenlast deutlich reduziert. Zugleich hatte das Unternehmen die Konzentration auf das Maschinenbaugeschäft angekündigt: Die Fusion mit der Tochter Klöckner, an der sie zu 78 Prozent beteiligt ist, soll das Überleben sichern.
Wegen der hohen finanziellen Unwägbarkeiten schließen Beobachter allerdings nicht aus, dass WCM die Tochter verkaufen könnte, um den Gang zum Insolvenzgericht noch abzuwenden. An Interessenten soll es nicht fehlen. So berichtet das "Handelsblatt", dass Gea Group oder Krones auf das Herzstück der Klöckner-Werke - den profitablen Abfüllanlagenspezialisten KHS - längst ein Auge geworfen hätten.
MfG kiiwii
|