Industrielle Elephanten-Züchter!
Die Sanierung des mehr als angeschlagenen französischen Alstom-Konzerns ist aus dem Stoff, aus dem die staatswirtschaftlichen Alpträume sind:
Staatliche Milliardenhilfen mit allen konkurrenzverzerrenden Begleiterscheinungen. Dazu eine Art Re-Verstaatlichung durch die Umwandlung von Verbindlichkeiten in eine Staatsbeteiligung. Der Marktwirtschaftler wendet sich da mit Grausen!
Wie gut, daß da wenigstens Brüssel einen etwas marktnäheren Zugang hat und die französischen Staatshilfen nur mit Auflagen genehmigt! Allerdings auch etwas knieweich, denn zuerst kommen die Hilfen und dann, in den nächsten 4 Jahren, vielleiocht die von der EU verlangten Partnerschaften. Und selbst da mischt die Politik direkt mit: Deutschlands Kanzler Schröder und Frankreichs Premier Raffarin werden einander Anfang Juni treffen, um solche Partnerschaften (etwa die Übernahme des Alstom-Turbinenbereichs durch den deutschen Siemens-Konzern) auf höchster Ebene zu besprechen.Europas Großindustrie ist also weiterhin fest im Grff der Politik. Natürlich ist eine Sache noch nicht deshalb schlecht, weil sich Politiker einmischen.Im Gegenteil: Europas zersplitterte Industrie droht Schwächung durch Übernahmen und Abwanderung. Eine Möchtegern-Weltmacht wie die EU, deren industrielle Grundsatzentscheidungen in Amerika oder Asien gefällt werden - das paßt irgendwie nicht. Und die vielgepriesene Dienstleistungsgesellschaft funktioniert auch nur richtig, wenn weiterhin eine industrielle Basis da ist. Oder wie es ein schweizer Bankier im "Presse"-Gespräch einmal formulierte: "vom gegenseitigen Haareschneiden werden wir auf Dauer nicht leben können." Da ist eine vernünftige Industriepolitik gefordert. Die Amerikaner führen mit ihren Weltkonzernen auch vor, wie man das macht: Eine Umgebung schaffen, in der sich starke heimische Konzerne entwickeln können, diese Konzerne mit allen "legalen" Mitteln abzusichern, ohne allerdings direkten (partei)politischen Einfluß auszuüben.Und Deutschland und Frankreich haben mit dem Airbus- und Eurofighterproduzenten EADS auch schon (wenn auch in der Anfangsphase mit riesigen Staatssubventionen) vorgeführt, wie man geschickt einen Großkonzern zur Weltmarktführerschaft führt. Aber was jetzt passiert, geht um die berühmte Spur zu weit: Es ist durchaus legitim, wenn Frankreich seine eigene Industrie ein wenig protegiert. Und es ist auch legitim, wenn es sanfte politische Anstöße zur Züchtung von europäischen Industrie-Elephanten gibt - wie etwa der Partnerschaft von Alstom und Siemens im Turbinenbereich, die dort die Vormachtstellung des US-Konzerns General Electric gefährden könnte. Aber prinzipiell sollte die Politik nur optimahle Rahmenbedingungen für eine derartige Elephantenzucht schaffen. Wenn sich aber der französische Premier und der deutsche Bundeskanzler höchstselbst als Züchter betätigen, dann ist das der falsche Weg. Wir brauchen eine starke europäische Industrie. Aber kein französisch-deutsches Industrie-Direktorat.
Aus "Die Presse", Wien!
Meine Meinung zu Herrn Raffarin ist noch dadurch ziemlich demoliert, weil er Zusammenbruch der französischen Metaleurop, die dem zwielichtigen Schweizer Mark Riche gehöhrt, nicht verhindert hat!
LG
Ostarrichi
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