Grüne streiten um Atomkurs - CDU frohlockt Berlin (dpa) - Die Grüne Jugend will den Atomkurs ihrer Parteispitze verhindern. Ihre Sprecherin Gesine Agena sagte der «taz», sie werbe dafür, dass die Delegierten dem Leitantrag beim Sonderparteitag der Grünen am 25. Juni nicht zustimmen.
Das Datum des Atomausstiegs liege viel zu spät, ein früherer Ausstieg sei möglich. «Da müssen Grüne sagen: Das tragen wir nicht mit», sagte Agena.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die Oppositionspartei auf, zu zeigen, «wofür sie steht». «Dagegensein ist auf Dauer keine konstruktive Haltung», sagte Merkel in einem am Samstag veröffentlichten Interview der Zeitschrift «Super Illu».
Die Grünen-Spitze schwört die Partei trotz starker Widerstände an der Basis auf ein Ja zum schwarz-gelben Atomausstieg ein. «Diesen Erfolg, den überlass' ich nicht Frau Merkel», hatte Parteichefin Claudia Roth am Freitag gesagt. Der Vorstandsantrag für den eigens einberufenen Sonderparteitag plädiert trotz zahlreicher Bedenken für eine Zustimmung zum stufenweisen Aus für die Atommeiler bis 2022, aber für eine Ablehnung der weiteren Gesetze zur Energiewende.
Wenn der Parteitag dieser Linie folge, seien Schulterschlüsse mit vielen Anti-Atomkraft-Initiativen aus der Vergangenheit hinfällig, sagte Agena. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte der in Bielefeld erscheinenden «Neuen Westfälischen», die Partei sei auch weiter ein «Teil der Umweltbewegung und da gibt es auch keinen Bruch». Denn die jetzige Entwicklung sei «ein großer Erfolg der Umweltverbände, der Anti-AKW-Bewegung und der Grünen».
Der nordrhein-westfälische Grünen-Landeschef Sven Lehmann beklagte in der Zeitung einen «Etikettenschwindel»: Wenn die letzten Meiler erst 2022 abgeschaltet würden, entspreche die Atomgesetznovelle nicht der grünen Forderung nach einem «unumkehrbaren Ausstieg».
Merkel forderte von den Grünen, deutlich zu machen, «ob sie wirklich für erneuerbare Energien mit allem, was das mit sich bringt, also für Pumpspeicherwerke und Netzausbau, eintreten». Oder ob sie sich gegen solche notwendigen Maßnahmen wenden würden, ohne die der Ausstieg nicht gelingen könne.
Die Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Bärbel Höhn, verteidigte das Ja. Die Gesetzespläne von Schwarz-Gelb hätten Vorteile gegenüber dem früheren rot-grünen Atomkonsens, sagte sie im WDR-Hörfunk. Beim rot-grünen Konzept hätten die Energiekonzerne den Atomausstieg bis zum Jahr 2026 hinausschieben können. «Das soll nach der neuen Regelung nicht mehr möglich sein.»
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte der «Rheinischen Post»: «Im Ausstiegsteil entspricht Merkels Paket weitgehend unseren Forderungen.» Der Antrag repräsentiere alle Teile der Partei, auch den linken.
Die Zustimmung der Grünen zum Atomausstieg wird der Oppositionspartei nach einer Prognose des niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) den Wind aus den Segeln nehmen. «Sobald die Energiewende unter Dach und Fach ist, beginnt die Entzauberung der Grünen», sagte er dem «Hamburger Abendblatt». «In der Zwischenzeit gönne ich ihnen das vorübergehende Hoch in den Umfragen.» Das sei ein Hype - mehr nicht.
Unterdessen geht die Debatte um eine schwarz-grüne Regierung nach der Bundestagswahl 2013 weiter. «Mich ärgert es, dass einige in meiner Partei den Grünen hinterherlaufen. Ich tue das nicht», sagte McAllister. Über eine mögliche Koalition wolle er nicht spekulieren. «Es gibt zwischen Union und FDP die größte politische Schnittmenge.»
Trittin sagte, Ziel grüner Politik sei, die schwarz-gelbe Koalition rückstandsfrei abzulösen. «Die Kanzlerin ist die Kanzlerin der schlechtesten Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik.»
Sachsens Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau hält trotz des Atomausstiegs nichts von Debatten um Schwarz-Grün. «Unabhängig von Koalitionen geht es um einen breiten demokratischen Konsens.» Da seien Rückschlüsse auf mögliche Bündnisse völlig fehl am Platz. Ihr Amtskollege aus Rheinland-Pfalz, Daniel Köbler sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Nach dem Stand von heute sehe ich keine Perspektive auf Bundesebene mit der CDU.» Die Frage von Atomausstieg und Energiewende sei viel zu wichtig, um sie jetzt mit irgendwelchen Koalitionsfragen zu vermischen.
http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/...DU-frohlockt.html
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