Tages-Anzeiger vom 17.04.2007 Amitelo: Schweizer Tochter will aussteigen Der Wirbel um die in der Schweiz domizilierte Telecomgruppe Amitelo hat Folgen: Die Tochter Mediacard in Sarnen will den Deal rückgängig machen.
Von Andreas Flütsch
Im Herbst letzten Jahres waren die Aktionäre der Obwaldner Telefonkartenfirma Mediacard überglücklich, als sie ihren vor vier Jahren gegründeten 5-Mann-Betrieb für rund 4,5 Millionen Euro an die in Zürich domizilierte Telecomfirma Amitelo verkaufen konnten. Ein halbes Jahr später ist die Euphorie wie weggeblasen. Der Kurs der an der Frankfurter Börse gehandelten Amitelo-Aktie verlor nach einem Bericht der ZDF-Sendung «Frontal21» über angeblich frei erfundene Erfolgsmeldungen letzte Woche zeitweise bis zu 75 Prozent ihres Wertes.
Entsprechend gross ist nach dem Kurssturz die Verärgerung unter den ehemaligen Besitzern der Mediacard, die ihren Verkaufserlös dahinschmelzen sehen wie Schnee an der Sonne. Sie haben verkauft, weil Amitelo «einen sensationellen Preis angeboten hat», wie Mediacard-Verwaltungsrat Karl Gasser sagt. Der Haken dabei war natürlich, dass Amitelo die früheren Besitzer von Mediacard vor allem mit Papier abgespeist hat: Amitelo beglich rund zwei Drittel des Kaufpreises mit eigenen Aktien. Und zwar zum Preis von 1.50 Euro pro Aktie, wie Amitelo-Manager Jan Malkus anerkennt. Am letzten Mittwoch war die Aktie der zusammengewürfelten Firmengruppe jedoch zeitweise unter die Marke von 40 Cents abgestürzt. Inzwischen hat sich der Titel etwas erholt. Aber dann kam aus, dass die deutsche Börsenaufsicht wegen Verdachts auf Kursmanipulation ermittelt.
Aktionäre prüfen «Rückabwicklung»
Die früheren Mediacard-Aktionäre - laut Verwaltungsrat Gasser sind es Deutsche und Schweizer - sitzen wie auf Kohlen. Denn ein Grossteil der Amitelo-Papiere, welche die Aktionäre von Mediacard beim Verkauf erhielten, ist noch längere Zeit gesperrt. Das heisst, sie können nicht mal mit Verlust aussteigen, sondern müssen hoffen, die in den letzten zwei Jahren über Firmenkäufe zusammengeschusterte Gruppe stürze nicht vollends ab.
Mediacard, die als Grossistin vorausbezahlte Telefonkarten aus eigener Produktion und solche anderer Telecomfirmen vertreibt, hat laut Amitelo-Manager Malkus 2006 rund 22 Millionen Euro umgesetzt. Die Tochter aus Obwalden bringt also rund 30 Prozent des Amitelo-Umsatzes. Und sie macht «gute und von Jahr zu Jahr steigende Gewinne», wie Verwaltungsrat Gasser sagt.
Manchem früheren Mediacard-Eigner ist klar, dass er sich von einer Wachstumsstory und steigenden Börsenkursen hat blenden lassen. Eine Aktionärsgruppe will offenbar nicht zulassen, dass weiter Gewinne an Amitelo überwiesen werden. «Wir prüfen mit Anwälten, wie wir den Verkauf rückabwickeln können», sagt dazu Mediacard-Verwaltungsrat Gasser.
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