Atom-Katastrophe in Fukushima Japan leitet 10.000 Tonnen AKW-Wasser ins Meer Unter Lebensgefahr versuchen die Arbeiter am havarierten Atomkraftwerk, die Folgen der Katastrophe zu begrenzen. Bislang scheitern sie mit Bemühungen, das Leck in Reaktor 2 zu schließen. Die internationale Atombehörde IAEA schlägt Sicherheitsalarm.
Die radioaktive Gefahr durch das havarierte japanische Atomkraftwerk Fukushima wird für Bevölkerung und Umwelt immer bedrohlicher. Durch mindestens einen Riss in einem Schacht in Reaktor 2 dringt ungehindert radioaktives Wasser nach außen. Der AKW-Betreiber Tepco will zwischen 10.000 und 11.500 Tonnen davon in den Pazifik leiten. Die Wassermassen in verschiedenen Teilen der Atomruine hindern die Arbeiter daran, die Kühlung der Reaktoren in Gang zu bringen. Zugleich sollen Barrieren errichtet werden, um eine weitere Verseuchung des Meers zu verhindern.
Die japanische Regierung überlegt, die Reaktoren des Kraftwerks zu versiegeln. Es werde erwogen, eine Hülle über die 45 Meter hohen Reaktorgebäude zu bauen und zu versiegeln, berichtete Kyodo unter Berufung auf informierte Kreise. (Dafür sind die AKWs mMn noch viel zu aktiv - A.L.)
Das unter dem Turbinengebäude des Reaktors 1 angesammelte Wasser wird in einen Tank geleitet, berichtet die japanische Nachrichtenagentur Jiji Press. Am Sonntag sollen Tests zum Besprühen der Anlage mit Harz zur Eindämmung der Strahlen fortgesetzt werden.
Um Unfälle wie in Japan künftig zu vermeiden, muss aus Sicht von IAEA-Chef Yukiya Amano die weltweite nukleare Sicherheit gestärkt werden. "Wir können nicht die Business-as-usual-Haltung einnehmen", sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde am Wien, wo eine Überprüfungskonferenz des Übereinkommens über nukleare Sicherheit begann. Die Sorgen von Millionen Menschen weltweit über die Sicherheit von Atomkraft müssten ernst genommen werden, sagte der Japaner. Das Risiko eines GAUs müsse signifikant reduziert werden. Die Flüssigkeit, die Tepco kontrolliert ableiten will, strahlt nach Angaben des Unternehmens schwach. Wie der Energiekonzern mitteilte, liegt die Radioaktivität des Wassers um das 100-Fache über dem gesetzlichen Grenzwert.
Das Unternehmen will nach eigenen Angaben das Wasser in Tankschiffe umpumpen und erwägt deshalb eine Lagerung auf dem Kraftwerksgelände. Dazu sollen mindestens 10.000 Tonnen kontaminiertes Wasser aus einem Auffangbecken ins Meer geleitet werden, um Platz für noch stärker belastetes Wasser zu machen, wie ein Tepco-Sprecher mitteilte. Die Regierung stimmte dem Plan zu, da es sich um eine unvermeidliche Notfallmaßnahme handele. Weitere 1.500 Tonnen Wasser sollen aus einem Graben unter den Reaktoren 5 und 6 abgepumpt werden. Auch dort behindert das Wasser weitere Arbeiten.
Die unter Lebensgefahr arbeitenden Helfer konnten bisher nicht herausfinden, über welchen Weg Wasser unkontrolliert ins Meer strömt. Versuche, das bekannte Leck mit Hilfe chemischer Bindemittel zu stopfen, scheiterten. Das Wasser hatte sich im Untergeschoss des Turbinengebäudes von Reaktor 2 sowie in einem tunnelförmigen Verbindungsrohr angesammelt. Es gibt Vermutungen, dass es sich um mehrere Risse handelt.
Am Wochenende war zunächst versucht worden, den 20 Zentimeter langen Riss in der Wand eines Kabelschachtes am Ende des Rohrs mit Zement zu schließen. Als dies nichts brachte, gossen die Männer durch ein Loch ein chemisches Bindemittel, das zusätzlich mit Sägemehl und geschredderten Zeitungen angereichert wurde, in das Verbindungsrohr. Doch auch dies zeigte keine Wirkung. Daraufhin kippten die Arbeiter am Montag ein weißes Pulver in das tunnelförmige Verbindungsrohr, um über die Färbung den Verlauf des Wassers aufzuspüren. Doch auch nach Stunden wurde an dem Riss kein gefärbtes Wasser festgestellt. Während die Suche nach dem genauen Verlauf des Wassers weitergeht, erwägt Tepco, im Meer Barrieren zu errichten, um eine Ausbreitung der radioaktiven Partikel in den Pazifischen Ozean einzudämmen. Dies wird laut Atomaufsichtsbehörde vermutlich einige Tage dauern. Das in dem Kabelschacht angesammelte radioaktiv verseuchte Wasser stammt vermutlich aus dem Reaktor Nummer 2, wo es zu einer Kernschmelze gekommen war. Die Verstrahlung des im Kabelschacht gefundenen Wassers mit Jod-131 liegt laut Tepco um das 10 000-Fache über der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstgrenze. Offensichtlich entweicht nicht nur über das Wasser Radioaktivität in die Umwelt, sondern auch verstärkt über die Luft. Auch mehrere Gemüsesorten sind verstrahlt und dürfen auf Weisung der Behörden nicht mehr verkauft werden, was die Landwirtschaft schwer trifft. In der Unglücksprovinz Fukushima sind auch in Shiitake-Pilzen radioaktive Substanzen gefunden worden. Die Provinzregierung wies 23 Pilzbauern an, ihre Produkte nicht mehr auszuliefern. Mit einem milchig-weißen Farbstoff versuchen die Arbeiter in der AKW-Anlage Lecks zu finden, durch die radioaktiv kontaminiertes Wasser abfließt. Arbeiter hätten dazu kiloweise Salze ins Wasser geschüttet, die normalerweise dafür benutzt würden, Badewasser eine milchig-blaue Farbe zu verleihen, teilte Tepco mit. Es könne noch weitere Wege geben, durch die Wasser ausfließe, sagte ein Srecher der Atomsicherheitsbehörde. "Wir müssen das sorgfältig beobachten und es so schnell wie möglich eindämmen." Das Wasser, das von den Einsatzkräften als Notmaßnahme in die Reaktorgebäude gepumpt wurde, um die von Überhitzung bedrohten Reaktoren zu kühlen, hat sich in den Gebäuden angestaut und verhindert nun die Wiederinbetriebnahme der eigentlichen Kühlsysteme. Vermutlich werde es noch Monate dauern, bis die Kühlsysteme wieder voll funktionsfähig seien, sagten Vertreter der japanischen Regierung. Und selbst danach werde es noch jahrelange Arbeiten erfordern, um die Gebiete rund um das Kraftwerk zu dekontaminieren. Die behelfsmäßige Kühlung macht es schwierig, das kontaminierte Wasser am Auslaufen zu hindern. "Auch wenn wir wissen, dass es Nebeneffekte wie die Lecks gibt, müssen wir weiter Wasser in die Reaktoren pumpen, um sie zu kühlen und weitere Schäden an den Brennstäben zu verhindern", sagte der Behördensprecher. "Wir wollen das angestaute Wasser loswerden und den Ort dekontaminieren, damit wir uns wieder unserer wichtigsten Aufgabe widmen können, der schnellstmöglichen Wiederherstellung einer stabilen Kühlung." Rückschlag für die Wirtschaft Die Stimmung in Japans Wirtschaft hat sich nach dem schweren Erdbeben und dem verheerenden Tsunami erheblich eingetrübt. Die Unternehmen erwarten einer Umfrage der japanischen Notenbank zufolge, dass sich in den kommenden drei Monaten die Bedingungen deutlich verschlechtern. Die Bank of Japan veröffentlichte einen neuen Tankan-Bericht, der auch Referenzdaten für die Stimmungslage vor und nach dem Beben am 11. März aufweist. Danach klettert für März der Tankan-Index nach der Katastrophe auf sechs Punkte von fünf im Dezember - das ist derselbe Wert wie in der am Freitag veröffentlichten vierteljährlichen Umfrage vor dem Beben. Doch für Juni fällt der Index nach der Katastrophe nun auf minus zwei Punkte, während er davor bei plus zwei Punkten gelegen hatte. Das deutet auf einen wachsenden Pessimismus der Wirtschaft hin, die vor dem Beben noch im Aufwind war.
Die Daten sind die ersten, die darauf schließen lassen, wie sich Erdbeben, Tsunami und AKW-Katastrophe auf die Stimmung in der Wirtschaft auswirken. Allerdings warnte die Notenbank davor, sie zu überinterpretieren: Nur knapp ein Viertel der Unternehmen wurden auch nach der Katastrophe befragt.
http://www.ftd.de/politik/international/...ser-ins-meer/60034688.html
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