Das Image von Audi ist unter Druck. Das besagt die Studie eines renommierten Marktforschungsinstituts. BMW und Mercedes bauen ihr Ansehen dagegen aus.
Wohin bewegt sich Audi? Das ist derzeit eine der spannendsten und meistdiskutierten Fragen in der Autoindustrie. Dass die Premium-Marke des Volkswagen-Konzerns sich bewegen muss, hat Vorstandschef Ferdinand Piëch selbst angemahnt: Denn von unten rückt die Konzernmutter VW nach, ihrerseits bedrängt von den Tochterunternehmen Skoda und Seat.
Das Ziel ist klar - alle wollen ins Premium-Segment. Dorthin, wo die Margen hoch und die Kunden treu sind. Die jüngste Image-Studie des angesehenen Essener Instituts Marketing Systems zeigt: Für VW ist es bis ins automobile Oberhaus noch ein weiter Weg. Zudem muss Audi um den Klassenerhalt kämpfen.
Audi fällt deutlich zurück Als VW-Chef Piëch die Marketing-Systems-Studie, die der Financial Times Deutschland vorliegt, auf den Schreibtisch bekam, kann ihn das kaum gefreut haben. Audi ist im Vergleich zu BMW und Mercedes im vergangenen Jahr deutlich zurückgefallen. Währen die Münchner und Stuttgarter ihre Premium-Position weiter ausbauen konnten, geriet Audi unter Druck.
Die Image-Studie von Marketing Systems wird jedes Jahr in Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Motorpresse erstellt. Sie gilt als die verlässlichste unabhängige Standortbestimmung für die Automarken in Deutschland. Datenbasis ist eine Umfrage unter den Lesern der Zeitschrift "Auto, Motor und Sport", also ein autointeressiertes Publikum.
"Ziel der Marken ist es, in den oberen rechten Quadranten zu kommen. Dort liegt das Premium-Segment", erklärt Marketing-Systems-Analystin Sandra Faber das Koordinaten-Kreuz, in dem die Automarken eingeordnet werden. Zwar hat Audi seit 1994 einen Stammplatz in diesem Segment, doch im vergangenen Jahr wurde der Abstand zu BMW und Mercedes wieder größer.
Audi-Vorstand auf Tauchstation
Als Audi-Chef Franz-Josef Paefgen von ersten Ergebnissen der Studie erfuhr, machte er die Probleme mit dem Audi TT zu Anfang des vergangenen Jahres verantwortlich. Zudem seien die Daten zum Teil schon erhoben worden, als der neue Audi A4 noch nicht am Markt präsent war.
Offiziell war bei Audi keine Stellungnahme zu bekommen. Seit der Piëch-Attacke von Ende Juni ist der Vorstand der Ingolstädter Marke auf Tauchstation.
"Es stimmt, die Daten beziehen sich größtenteils auf das Modelljahr 2000", sagt Analystin Faber. Dennoch steht fest: Bei Design, Wiederverkaufswert und Sportlichkeit bekommt Audi seit 1998 wieder schlechtere Noten. Und nannten 1996 noch 90 Prozent der befragten "fortschrittliche Technologie" als Eigenschaft der Marke, sank dieser Wert auf knapp über 80 Prozent. Der Werbeslogan "Fortschritt durch Technik" hat sich abgenutzt.
Zusammengefasst zu den Image-Richtungen Emotion (Design, Sportlichkeit, Beliebtheit) und Qualität (Verarbeitung, Sicherheit, Technologie, Umweltschutz, Service, Wiederverkauf, Preiswürdigkeit), zeigt sich: Audi fällt derzeit vor allem in der Emotionalität zurück. "Das Audi-Design, zum Beispiel das des A2, polarisiert sehr stark", so Faber. Ein Vorwurf: Die Audi-Modelle ähneln sich zu sehr.
Alfa Romeo und Mercedes wecken Emotionen
Vor allem dem neuen Design und dem Engagement im Motorsport ist es zu verdanken, dass Mercedes seit 1994 einen enormen Fortschritt gemacht hat: Waren die Stuttgarter zuvor eigentlich nur bei der Qualität ein Premium-Hersteller, wecken sie seither zunehmend auch Emotionen.
Höchstwerte bei der Emotionalität hatte auch in diesem Jahr Alfa Romeo: Bei keiner anderen Marke werden Design, Sportlichkeit und Sympathie höher bewertet. Allerdings ist die Fiat-Tochter noch immer Schlusslicht beim Qualitäts-Image.
Jaguar konnte das Emotions-Image stark verbessern: Neue, sportliche Produkte wie die XK-Baureihe haben der Marke große Sympathien eingebracht. Allerdings ist der Qualitätsruf noch immer auf Fiat-Niveau. Hier verschlechterte sich Jaguar sogar noch. Faber: "Mit dem S-Type hat es die britische Ford-Tochter geschafft, Kunden von anderen Marken herüber zu locken. Die waren dann jedoch von der Qualität des Autos nicht gerade begeistert." Nun will Jaguar-Chef Wolfgang Reitzle mit dem X-Type das Image deutlich aufpolieren.
Volkswagen: solide Marke
Das genaue Gegenteil zeigt sich bei Volkswagen: Der Ruf der Marke, solide und fortschrittliche Autos zu bauen, wird nur noch von Mercedes übertroffen. Allerdings schafften es die Wolfsburger bisher nicht, bei ihren potenziellen Kunden mehr Emotionen zu wecken als zum Beispiel Opel oder Nissan.
Das soll sich nun ändern: "Wir werden ein Kleeblatt an neuen Produkten bringen, um bei den Emotionen aufzuholen", sagt VW-Sprecher Stephan Grühsem. Mit dem jüngst vorgestellten Achtzylinder-Passat W8, dem Geländewagen Colorado, dem Luxus-VW D1 oder einem Zwölfzylinder-Sportwagen, der in rund zweieinhalb Jahren kommen soll, will Ferdinand Piëch endlich auch mehr Emotionen wecken und somit ins Premium-Segment vorstoßen.
Bis dahin muss sich Audi wieder deutlich nach oben bewegt haben, wollen sich die Konzernmarken nicht im gleichen Marktsegment gegenseitig auf die Füße treten. "Audi wird sich im VW-Konzern heftig bewegen müssen", hatte Piëch deshalb auch gesagt. Die öffentliche Ohrfeige für die Ingolstädter war darum auch eher als Ansporn gedacht - und als Warnung, endlich die Opposition gegen die Markenstrategie bei VW aufzugeben. Denn Piëchs Pläne werden bei Audi mehr oder weniger offen kritisiert: "Hier im Unternehmen versteht kein Mensch, warum es einen VW D1 geben muss, wo wir doch schon einen Audi A8 haben", sagt ein Mitglied der Audi-Führung. "Einigen bei Audi passt die ganze Richtung nicht. Deshalb der Warnschuss aus Wolfsburg", sagt ein anderer Konzern-Insider.
Und Kritik an seinen Plänen, die Marke VW gegen Mercedes zu positionieren, lässt Piëch nicht zu. Audi soll sich gefälligst um seinen Hauptkonkurrenten BMW kümmern.
BMW macht es Audi schwer
Doch die bayerischen Nachbarn machen es den Ingolstädtern schwer: Seit BMW das Rover-Debakel überwunden hat und in der Formel 1 erste Erfolge feiert, ist der Image-Abstand zu Audi wieder deutlich größer geworden. Da konnte die Marke mit den vier Ringen mit ihrem Le-Mans-Sieg nicht gegenhalten. Das 24-Stunden-Rennen ist eher etwas für echte Enthusiasten. Die breite Masse schaut Formel 1. Auch bei den Produkten ist BMW schnell unterwegs: "Im Diesel-Bereich hat Audi eine hohe Kompetenz. Bei den Benzin-Motoren ist BMW derzeit führend", sagt der unabhängige Branchenanalyst Peter Schmidt (Automotive Industry Data). "Audi fehlt ein echter Sport-Motor, so etwas wie im BMW M3."
Zudem ist es dem Audi-Image nicht gerade förderlich, dass man die meisten Aggregate auch in anderen VW-Konzernmarken findet. Selbst der imageträchtige Quattro-Antrieb wird unter anderen Namen auch von VW, Seat und Skoda verwendet.
Eine Folge dieser Entwicklung: Gemessen am Status von 1993, als Piëch von der Audi- an die VW-Spitze wechselte, tritt das Markenimage der Ingolstädter auf der Stelle. Keine Frage: Audi wird sich bewegen müssen.
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