Bei Bekanntgabe der Q2-Zahlen kannte die Euphorie keine Grenzen und die Rückeroberung der 20 EUR-Marke schien greifbar. Seither ist im Forum wie in der Aktie wieder pure Tristesse eingekehrt.
Charttrader haben offenbar erkannt, dass die SMAs 100 und 200 noch bei 15,60 ? herumkrebsen und damit meilenweit entfernt von den nach Zahlenbekanntgabe erreichten Kursniveaus.
Der Chart macht die Kurse... das nach den Q1-Zahlen erreichte, extrem ausgebombte und mit dem realen Unternehmenswert nichts gemein habende Kursniveau um und unter 13 EUR wirkt in Form der SMAs 100 und 200 weiter nach und die Charttechniker überkommt offenbar ein übermenschlicher Drang, den Kurs endlich auf den langfristigen SMAs aufsetzen zu lassen...
Da meldet das Unternehmen besser als von Analysten erwartete Zahlen, hohe Wachstumsraten inmitten einer tiefgreifenden Rezession und einen positiven Ausblick auf die der Umsatzentwicklung nachlaufende Entwicklung der Gewinnmarge... und dennoch reicht das alles nicht, um Charttradern endlich ihre Fundamentaldaten ignorierende Fokussierung auf historische Kursmuster auszutreiben und eine Neubewertung der Aktie einzuleiten?
Wer außer Charttradern und Aktienhändlern hat ein Interesse an dieser erratischen Kursentwicklung? 30% Anstieg gefolgt von 20% Crash... binnen weniger Wochen... während das tägliche Handelsvolumen immer weiter kollabiert?
Bin ich der Einzige, der Grenke auf dem aktuellen Kursniveau für ein Nobrainer-Investment hält? Sobald die Wertberichtigungen für insolvenzbedingte Forderungsausfälle nachlassen, steigt das EPS überproportional an. Stimmungsindikatoren in vielen EU-Ländern (außer dem Sonderfall Frankreich) zeigen im August wieder Werte über 50, d.h. Wachstum an. Die Insolvenzwelle dürfte im H1 2025 ihren Höhepunkt erreicht haben und mithin die Prognosen des Grenke Managements für einen signifikanten Anstieg der Profitabilität in H2 stützen.
Das Umsatzwachstum in H1 war angesichts der miserablen Rahmenbedingungen schlicht beeindruckend. Für gewöhnlich liebt die Börse gegen den Markttrend wachsende Unternehmen. Warum also wird Grenke noch immer mit mehr als 30% Abschlag zum EK-Buchwert je Aktie gehandelt?
Wachsende Unternehmen werden üblicherweise deutlich über ihrem bilanziellen EK bewertet. Nicht so bei Grenke und zahlreichen anderen jahrelang abverkauften deutschen Mittelstandsunternehmen. Ich sehe langsam die Gefahr, dass sich deutsche Anleger an Fehlbewertungen mit flächendeckend deutlich unter 1,0 notierenden KBVs mehr und mehr gewöhnen. Sprich niemand ist mehr bereit, den Unternehmen einen selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmenwert zuzubilligen und postuliert im Gegenteil eine flächendeckende Existenz von Überbewertungen (stiller Lasten; Badwill) in den IFRS Bilanzen dt. Mittelständler. Wenn das an der Börse zum Standard wird, verliert eine Börsennotierung für Mittelstandsunternehmen jedweden Reiz und werden wir in nächster Zeit zahlreiche Übernahmen mit anschließendem Delisting sehen... Motto: Deutschlands Mittelstand als Ramschware im Ausverkauf, weil die Börse nicht mehr in der Lage ist, Mittelstandsunternehmen auch nur halbwegs fair zu bewerten...
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