31. Mai 2007 Auch am Weltnichtrauchertag, der vor genau 20 Jahren, am 31. Mai 1987, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für den jeweils letzten Tag im Mai ausgerufen wurde, werden rund 13.500 Menschen an einer Krankheit sterben, die sich auf den direkten oder indirekten Konsum von Tabak zurückführen lässt. Hochgerechnet sind das knapp fünf Millionen Menschen jedes Jahr; in gut zehn Jahren sollen es sogar schon zehn Millionen sein.
Die Hälfte aller heutigen Raucher ? etwa 650 Millionen Menschen greifen regelmäßig zu einer Zigarette ? wird vorzeitig an ihrem Tabakkonsum sterben. Die Zahlen der WHO zum alljährlichen Weltnichtrauchertag sind erschreckend. Überall auf der Welt ? ob in reichen oder in armen Ländern ? ist die häufigste Todesursache dieselbe, und sie lässt sich oft auf das Rauchen von Tabak zurückführen: die Herzkrankheit.
Gesundheit durch Abschreckung?
Vor vier Jahren wurde unter der Ägide der WHO erstmals ein völkerrechtlicher Gesundheitsvertrag erarbeitet, den die 56. Weltgesundheitsversammlung (WHA) am 21. Mai 2003 annahm und den inzwischen mehr als 140 Länder ratifiziert haben. Schon in der Präambel des Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (?Framework Convention on Tobacco Control?, FCTC) steht, dass sich alle Unterzeichnerstaaten verpflichten, dem Schutz der öffentlichen Gesundheit Priorität einzuräumen ? indem sie zum Beispiel das Rauchen in öffentlichen Gebäuden genauso verbieten wie Zigarettenwerbung. Auch eine Erhöhung der Tabaksteuer diene dem Allgemeinwohl.
Abschreckung ist demnach ein weiteres geeignetes Mittel der Gesundheitsvorsorge. Dazu zählen vor allem bildgestützte Warnhinweise auf Tabakprodukten. Die FCTC fordert, dass mindestens 30 Prozent der Fläche einer Zigarettenschachtel mit einem textgestützten Warnhinweis versehen ist. Noch besser wären allerdings 50 Prozent oder mehr ? und am allerbesten mit einem Foto, das die negativen Folgen des Rauchens auf drastische Weise vor Augen führt. Obwohl sich die Tabakindustrie gegen diese Form der Abschreckung wehrt, bilden inzwischen zwölf Länder Piktogramme ab, die unter anderem Raucherkrankheiten wie Lungenkrebs, Zahnfleischschwund oder Impotenz im Bild darstellen: Australien, Belgien, Brasilien, Chile, Indien, Jordanien, Kanada, Neuseeland, Singapur, Thailand, Uruguay und Venezuela.
Legitime Aufgabe des Staates
Schon in den neunziger Jahren hatten deutsche Tabakkonzerne gegen die Verpflichtung geklagt, auf Zigarettenschachteln Warnungen vor den Gesundheitsgefahren des Rauchens anbringen zu müssen. Dazu stellte das Bundesverfassungsgericht Anfang 1997 fest, dass die Warnung vor diesen Gesundheitsgefahren zu den legitimen Aufgaben des Staates gehöre und die Warnungen geeignet seien, ?den Verbraucher zumindest von einem bedenkenlosen Konsum von Tabak abzuhalten?. Nach dieser Klarstellung musste es die Tabakindustrie hinnehmen, dass die Warnhinweise immer mehr Platz auf ihren Schachteln beanspruchen. Seit dem 1. Januar 2004 dürfen innerhalb der EU nur noch Schachteln im Handel vertrieben werden, die auf der Vorderseite einen von zwei allgemeinen Warnhinweisen tragen: ?Rauchen ist tödlich? oder ?Rauchen kann tödlich sein? und ?Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu?. Schriftart und -größe sind vorgeschrieben. Empfohlen wird zudem, dass die Texte zusätzlich mit abschreckenden Fotos ausgestattet werden. Belgien hat Ende 2006 als erstes Land in der EU diese kombinierten Warnhinweise eingeführt, die Niederlande, Dänemark und Schweden planen sie.
Kanada begann als erstes Land überhaupt ? und schreibt seit Dezember 2000 abschreckende Piktogramme auf seinen Tabakprodukten vor. In mehreren Studien untersuchten Wissenschaftler die Wirkung auf Raucher. Nur ein Jahr nach Einführung der neuen Schachteln ergab eine Umfrage, dass sich jeder fünfte Raucher wegen der Warnhinweise ein- oder mehrmals am Tag dagegen entschied, eine Zigarette anzuzünden. Knapp 30 Prozent rauchten weniger in ihrer Wohnung, rund die Hälfte empfand negative Gefühle vor dem Rauchen (44 Prozent Angst, 58 Prozent Ekel). Vier Jahre nach der Einführung stimmten 95 Prozent der jugendlichen und 82 Prozent der erwachsenen Raucher Kanadas der Aussage zu, dass die Warnhinweise sie mit wichtigen Informationen über die Gesundheitsgefahren des Rauchens versorgten. Im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichte der Kanadier David Hammond eine Studie (?Text and Graphic Warnings on Cigarette Packages?) im ?American Journal of Preventive Medicine? (2007; Bd. 32, Nr. 3, S. 210?217), die den Effekt von Warnhinweisen in vier Ländern miteinander verglich. Die kleinen, nur textlichen Warnhinweise an den Packungsseiten in den Vereinigten Staaten verleiteten demnach am wenigsten dazu, mit dem Rauchen aufzuhören. Die großen, drastischen Fotos in Kanada hingegen brachte eine Mehrheit der Raucher dazu, ihren Tabakkonsum zu hinterfragen und teilweise sogar aufzugeben.
?Sie erreichen jeden Raucher?
Auch für die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, Martina Pötschke-Langer, spielen die abschreckenden bildgestützten Warnhinweise bei der Aufklärung eine wichtige Rolle. ?Die Tabakindustrie gibt jedes Jahr 300 Millionen Euro für Werbung in Deutschland aus, uns stehen für die Präventionsarbeit zwei Millionen zur Verfügung?, sagt Pötschke-Langer. Ein Raucher, der täglich 20 Zigaretten rauche, werde mindestens 7000-mal im Jahr mit den Warnhinweisen konfrontiert. ?Bei jährlich mehr als 6,5 Milliarden verkauften Schachteln sind das mehr als 100 Milliarden Kontakte.?
Damit stellten Warnhinweise das wichtigste und kosteneffektivste Mittel der gesundheitlichen Aufklärung dar. ?Sie erreichen jeden Raucher, und die Kosten tragen die Hersteller, nicht die Allgemeinheit.? Selbst wenn es inzwischen Extrahüllen für Schachteln gebe, die Warnhinweise abdecken, so seien Raucher doch gezwungen, sich mit ihrer krankmachenden Sucht immer wieder aufs Neue auseinanderzusetzen. Text: F.A.Z. Bildmaterial: F.A.Z. / Wonge Bergmann, Wonge Bergmann, www.smoke-free.ca
http://www.faz.net/s/...BC9C6179F65FC31C96~ATpl~Ecommon~Sspezial.html
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