OK hier mal ein paar Gedanken zum Geschäftsbericht und der Merger-Ankündigung. Ich war nicht auf der HV, daher basiert das Folgende lediglich auf der Lektüre der Berichte und Ankündigungen.
Die Merger-Ankündigung ist offensichtlich eine sehr gute Sache aus den zuvor besprochenen Gründen. Aus der Ankündigung erschließt sich, dass es sich hier wohl letztlich schon fast um eine Art Sanierungsfall handelt. Insbesondere die Ankündigung im Ausblick, dass M&A positive Sondereffekte auf das Ergebnis haben wird, legt nahe, dass es sich dabei um die Auflösung negativer Unterschiedsbeiträge handelt. Dies kommt dann zustande, wenn man ein Unternehmen unter Buchwert kauft („bargain purchase“). Daher meine Vermutung, dass es ein recht günstiger Kauf ist, den man ähnlich wie Vega dann aber erstmal wieder auf Spur bringen muss.
Weitere Anmerkung: bisher ist man lediglich in exklusiven Verhandlungen. Mit anderen Worten: das Ding ist noch nicht durch! Und schließlich: angesichts der Größe des Targets würde ich davon ausgehen, dass man bei erfolgreichem Abschluss der Verhandlungen eine Kapitalerhöhung zur Finanzierung durchführen muss (ein großer Teil wird sicher aber durch die neu genehmigten Kreditlinien von zu besseren Konditionen finanziert).
Zum Ausblick: die Bandbreite für den EBITDA-Ausblick ist mit 15,5-20 Mio. EUR ja unüblich breit. Dies dürfte daherrühren, dass der HPE-Deal noch nicht sicher ist. Generell dürften durch antizipierte negative Unterschiedsbeiträge der Gewinn dieses Geschäftsjahr stark von Buchhaltungseffekten verzerrt sein. Man kann hier definitiv nicht von der 20 Mio. Zahl auf das operative Ergebnis schließen!
Zur Bewertung: Ich habe mir den gerade veröffentlichten detaillierten Geschäftsbericht für’s abgelaufene Jahr mal näher angeschaut, um ein bereinigtes (operatives) Ergebnis abschätzen zu können. Denn aufgrund der ganzen M&A-Verzerrungen der Ergebnisse nach IFRS sind die KGVs/EPS-Zahlen aus den Analystenberichten und Finanzportalen nicht wirklich gut dafür zu gebrauchen, um die operativen Earnings zu beurteilen.
Hier in Kurzform, wie ich die Aktie so bewertet sehe: Wir hatten 2014/15 offiziell ein EPS von 0,65 EUR. Dies ist aber durch M&A-bedingte Buchhaltungseffekte verzerrt. Auf der positiven Seite stehen hier offenbar ca. 1,5 Mio. „sonstige betriebliche Erträge“ als rein buchhalterische Einmaleffekte zu Buche. Dabei handelt es sich zum einen um eine Neubewertung von Assets in Q1 (siehe ad hoc) und um die Auflösung negativer Unterschiedsbeiträge wegen des Vega-Kaufs in Q4. Pro Aktie sind das 0,20 EUR brutto. Bei Berücksichtigung einer Steuerquote von 33% also 0,13 netto an positiven non-Cash Effekten.
Hier hätte ich mir gewünscht, dass Datagroup diese positiven Einmaleffekte bereits bei der Entstehung in den Quartalszahlen und beim Ausblick kommuniziert. Dass man erst im Nachhinein erfährt, dass es sich dabei um nicht cashwirksame Einmaleffekte handelt, ist in meinen Augen sehr unschön, denn in den Quartalsberichten hatte man noch kommuniziert, die Zahlen seien aufgrund operativer Erfolge so super...
Neben diesen positiven Sondereffekten gibt es jedoch auch wieder negative buchhalterische Effekte in Form von PPA-Abschreibungen auf vergangene Übernahmen. Diese beliefen sich auf 2,8 Mio. EUR, also rund 0,37 EUR pro Aktie brutto und somit ca. 0,25 EUR netto. Wenn man das ausgewiesene EPS also um die reinen Buchhaltungseffekte bereinigt, bekommt man für 2014/15 ein operatives EPS von 0,65 – 0,13 + 0,25 = 0,77 EUR. Die Bereinigung auf 0,77 EUR EPS ist sicher nicht perfekt, aber bietet zumindest schonmal eine ganz gute Orientierung.
(Kleine Anmerkung noch dazu: es wurden auch einige der Kosten für den Aufbau des CORBOX Produktes/Vertriebs kapitalisiert und werden nun in den Folgequartalen abgeschrieben!)
Wo liegt man nun 2015/16 operativ angesichts des Ausblicks von heute? Wenn die geplante Übernahme kommt, verändern sich die Relationen ohnehin sehr stark, weil HPE so hohe Umsätze hat. Deshalb schaue ich jetzt erstmal lieber nur auf die Datagroup „alt“. Ich denke, man kann das untere Ende der EBITDA-Prognose von 15,5 Mio. als Indikator für das Ergebnis ohne den HPE-Deal nehmen. Dies mag als sehr wenig erscheinen angesichts der Tatsache, dass letztes Jahr bereits 15,3 Mio. EBITDA erreicht wurden. Ich erinnere aber an die beiden buchhalterischen positiven Sondereffekte, die ich oben erwähnt habe! Diese fallen in diesem Geschäftsjahr nicht mehr an, daher wächst Datagroup effektiv von einem geringeren Sockel aus als den 15,3 Mio.! Denn effektiv hieße ein EBITDA von 15,5 Mio., dass man operativ tatsächlich um 1,7 Mio. im EBITDA wächst in diesem Geschäftsjahr (die wegfallenden Sondereffekte von 1,5 Mio. plus die 200k Differenz zwischen Guidance und IFRS-EBITDA letztes Jahr). Dies wäre ein guter Erfolg. Die Zahl erscheint mir auch ganz gut hinzukommen. Denn Datagroup hat knapp 18 Neukunden mit etwa 750k CORBOX-Umsatz gewonnen letztes Jahr. Bei einer EBITDA-Marge von 10-13% kommt man da recht nahe an die obige Prognose ran, wenn man berücksichtigt, dass das Altgeschäft geschrumpft ist.
Mit diesen Zahlen hätten wir dann entsprechend einen EPS-Anstieg um ca. 13 cent auf dann 0,90 EUR für dieses Geschäftsjahr. Auf Basis der Guidance von Datagroup ist das operative EPS von „Datagroup alt“ ohne Sondereffekte wie M&A-Kosten und ohne Buchhaltungseffekte also bei etwa 90 cent pro Aktie. Man wäre somit aktuell in etwa bei einem KGV von 16 für das laufende Jahr. Dies ist sicher nicht teuer angesichts der Tatsache, dass das operative Wachstum weiterhin sehr stark ist und die Übernahme (wenn sie denn auch klappt) mittelfristig spürbar das EPS weiter treiben wird.
Ich würde insgesamt darauf hinweisen, dass die ganzen Buchhaltungseffekte die Zahlen aktuell sehr stark verzerren. Dies kann auch mal zu negtiven Überraschungen im ausgewiesenen „offiziellen“ EPS führen. Wenn z.B. die Übernahme wider Erwarten doch nicht klappen sollte, so müsste man u.U. für dieses Jahr ein EBITDA und EPS bekanntgeben, dass im Vergleich zum letzten Jahr praktisch nicht gewachsen ist. Nochmal: dies liegt nur an den positiven Einmaleffekten des letzten Jahres, die leider nicht direkt kommuniziert wurden.
Wenn die Übernahme so kommt wie geplant, wird’s zwar sicher eine kleine Kapitalerhöhung geben. Allerdings sollte die Übernahme relativ günstig im Verhältnis zur Größe sein und in zwei Jahren oder so dann auch spürbar das EPS weiter treiben. Kurz: in meinen Augen ist die Wachstumsstory voll intakt. Die Aktie hat einen Teil der Unterbewertung im Vergleich zum DAX in den letzten Monaten abgebaut und hat daher keinen „Superschnäppchen“-Status mehr hat. In meinen Augen angesichts der Wachstumsperspektiven aber immer noch attraktiv bepreist.
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