Der Nordex Conference Call in der letzten Woche war deutlich interessanter und aufschlussreicher wie die richtig miesen Q1. Zahlen. Wobei heute Gamesa noch üblere Quartalszahlen gemeldet hat mit einem EBITDA Verlust von 217 Mio. ? und einen Qurtalsnettoverlust von 386 Mio. ? als Nordex.
Man sollte Nordex aktuell unter 2 Aspekten beäugen. Das ist meine Schlussfolgerung aus dem wirklich sehr interessanten und tiefgreifenden Q1 CC. Erster Aspekt ist die weitere Entwicklung der Margen, die war sogar positiver wie bei den Aussagen im November 2022 und im März 2023, und der zweite Aspekt ist die Auftragseingangsentwicklung in den kommenden Quartalen und hier gibt sich Nordex relativ zurückhaltend.
1. Aspekt: Weitere Entwicklung der Margen
Die Q1 EBITDA Marge mit Minus 9,4% bzw. der riesige Q1 Nettoverlust mit 215 Mio. ? ist natürlich grottig schlecht ohne Frage. Durch den Q1 CC weiß man nun aber, dass diese riesigen Verluste großteils durch Sondereffekte/Altlasten ( Projektverzögerungen >> Schadenersatzzahlungen und Sonderkosten >> Winter, Aufholen von Projektverzögerungen) erheblich belastet wurden. Nordex beziffert, dass diese zusätzlichen Kosten die Bruttomarge in Q1 um rd. 3,5 bis 4% belastet haben. In Zahlen bedeutet das 43 bis 48 Mio. ? an Sonderkosten sind in Q1 angefallen.
Die sich immer weiter verbesserte EBITDA Marge in diesem Jahr fusst auf 4 Faktoren:
- deutlicher Rückgang bei den Sonderkosten (ab Ende Q2 geht man bei Nordex davon aus, dass so gut wie alle Projektverzögerungen, die aus dem Cyperangriff und den Lieferkettenprobleme resultierten, aufgeholt/abgearbeitet sind) - die Zahl der Projekte mit geringer Rentabilität werden im Laufe 2023 immer weiter zurückgehen - bessere Lieferketten und generell niedrigere Kosten gg. dem Vorjahr (Rohstoffe und vor allem die Frachtkosten) - deutliche bessere Produktionsauslastung ab Mitte des Jahres - Skaleneffekte (in Q1 wurden 29% weniger Gondeln hergestellt wie in Q1 2022 - in Indien wurden nur 28 Gondeln in Q1 produziert und in Spanien gerade mal Eine)
Natürlich gibt sich bzw. muss sich Nordex zurückhalten, wenn es um die kurzfristige Margenentwicklungseinschätzungen geht. Jedoch waren die Aussagen dazu im CC von Nordex meines Erachtens so ziemlich klar. Q1 war das mit Abstand schwächste Quartal des Jahres mit einer negativen EBITDA Marge von 9,4%. In Q2 dürfte sich die EBITDA Marge wohl bei Minus 1 bis 2% bewegen bei einem etwas höherem Umsatz wie in Q1 (Q1 Umsatz: 1,22 Mrd. ?). In Q3 bei positiven 3,5 bis 4,5% und in Q4 zwischen 6 bis 7,5% und damit dürfte Nordex dann auch in Q4 auf Nettobasis gut den Break Even erreichen. In Q3 dürfte das noch nicht ganz klappen, aber ganz unrealistisch ist es nicht. Mein Margen/EBITDA Fahrplan 2023:
Q1: Umsatz: 1,2 Mrd. ? - EBITDA Marge: - 9,4% - EBITDA: - 115 Mio. ? Q2: Umsatz: 1,4 Mrd. ? - EBITDA Marge: - 1,5% - EBITDA: - 21 Mio. ? Q3: Umsatz: 1,6 Mrd. ? - EBITDA Marge: + 4% - EBITDA: + 64 Mio. ? Q4: Umsatz: 1,8 Mrd. ? - EBITDA Marge: + 6,8% - EBITDA: + 122 Mio. ? --------------------------------------- 2023: Umsatz: 6 Mrd. ? - EBITDA-Marge: 0,8% - EBITDA: + 50 Mio. ?
Wohlgemerkt, das ist meine eigene Einschätzung, die ich aus den (verklausulierten) Aussagen aus dem Q1 CC abgeleitet habe.
2. Aspekt: Auftragseingang
Den großen Optimismus bei den Auftragseingängen hat Nordex nicht beim CC rüber gebracht. Da ist man sich dann offenbar schon etwas unsicher. Zumindest kurzfristig. Die deutlich höheren Zinsen zusammen mit den deutlich höheren Turbinenpreise belasten ganz offensichtlich.
Dass sich Kunden zurückhalten hat man in den letzten Quartalen bei den Auftragseingängen von Nordex gesehen. Seit Q3 2022 gehen die Auftragseingänge zum Vorjahreszeitraum zurück. In Q3 2022 waren es in MW Minus 21%, in Q4 2022 Minus 42% und in Q1 2023 Minus 12%.
Für Europa gibt sich Nordex optimistisch und das ist sehr wichtig, denn Europa ist nun mal der mit Abstand wichtigste Markt für Nordex mit einem Absatzanteil von rd. 70% die letzten Jahre. Klarer Frontrunner für Nordex in Europa ist nun Deutschland. Hatte Nordex im letzten Jahr in Deutschland schon einen super Auftragseingang von um die 800 MW (genaue Zahlen dazu gibt es von Nordex leider nicht), so wird in diesem Jahr sogar noch eine Steigerung erwartet. Das zeigen auch die neusten Genehmigungszahlen. 30% der genehmigten Anlagen in Q1 stammen von Nordex. In Q1 wurden 95 Nordexturbinen mit hervorragenden 532 MW in Deutschland genehmigt (Q1 2022: 218 MW). Dabei legte die Nordex N163 legte 42 Anlagen zu und hat sich damit fast Versechsfacht gg. dem Vorjahreszeitraum und hat bei den Genehmigungen nun klar die N149 überholt, die aber bei den Q1 2023 Genehmigungen gg. dem Vorjahreszeitraum um 4 Anlagen bzw. 16% auf 29 Anlagen trotzdem zulegen konnte. Betrug der Anteil der neuen Nordex N163 in Q1 2022 21% der genehmigten Nordex Turbinen, so waren es in Q1 2023 54%.
Problematisch ist der lateinamerikanische Markt. Hier ist Nordex in den letzten Jahren kräftig gewachsen und erzielt in diesem Jahr dort einen Turbinenabsatzanteil von rd. 37% (2022: 10%). Dass diese sehr hohen 2,8 GW an Installationen in Lateinamerika, die in diesem Jahr dort zu erwarten sind, nicht gehalten werden können, war klar. Dass Nordex sich für die kommenden Quartale zum lateinamerikanischen Markt beim Auftragseingang so pessimistisch gibt, war so nicht klar. Jedoch war das schon die letzten Quartale sichtbar. Mal sehen ob Nordex in Lateinamerika im kommenden Jahr 1 GW an Installationen erreichen kann. Dazu bräuchte es aber noch gut 400 MW an neuen Auftragseingängen, um das erreichen zu können.
Dass Nordex aus den USA in den kommenden Quartalen noch nicht viel erwartet, konnte man so erwarten. In diesem Jahr wird Nordex in den USA so um die 250 MW installieren (2020: 1,6 GW/2021: 1,5 GW/2022: 0,55 GW/2023e: 0,25 GW).
Die Auftragseingänge bei Nordex müssen genau beobachtet werden, da sie sichtlich, seit der Erhöhung der Turbinenpreise bei gleichzeitigem kräftig Anziehen der Zinsen, an Dynamik verloren haben. Vor allem außerhalb Europa.
Nordex wiederholte die Aussagen, dass die anvisierte mittelfristige EBITDA Marge von 8% unter der Voraussetzung von etwa 7 GW an Installationen im Jahr steht. Mit den Auftragseingängen der letzten 3 Quartale mit 4,37 GW bzw. meiner derzeitigen 2024er Nordex Projektpipeline (aktuell bei 3 GW) wird das sehr schwer zu erreichen sein im kommenden Jahr. Ich sehe diese 7 GW in 2024 nicht. Ich erwarte eher zwischen 6 bis 6,5 GW aktuell an Installationen im kommenden Jahr. Das würde jedoch aber einen starken Umsatz zwischen 6 Mrd. ? bis 6,5 Mrd. ? entsprechen inkl. Service/Wartungsumsätze von 700 Mio. ? und einem zusätzlichen Umsatz von 50 Mio. ?. Ist jetzt optimistisch von mir Stand heute, aber ich denke durchaus, dass das machbar für Nordex ist. Die Plausibilität meiner Umsatzschätzung 2024 muss ich dann abklopfen durch die kommenden Auftragseingänge.
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