Unternehmen beklagen Bürokratie und Probleme bei der Finanzierung / Biogasanlagen bisher vor allem auf Mülldeponien Warschau (gtai) - Die meisten der rund 160 Biogasanlagen in Polen sind an Klärwerke und Abfalldeponien angeschlossen. Aus Klär- und Deponiegasen erzeugen sie rund 270.000 MWh Elektroenergie. Landwirtschaftliche Biogasanlagen gibt es dagegen erst fünf. Durch Verwertung von Agrarabfällen kommen diese auf eine Stromleistung von knapp 6 MW. Immer mehr Unternehmen kündigen indes an, im Land an der Weichsel in Biogasanlagen investieren zu wollen. Nicht nur Energieriesen wie PGE, Energa, Enea und andere Großkonzerne interessieren sich für das Thema Biogas, sondern auch privat geführte Unternehmen wie der Polnische Fleischkonzern Duda, Biogaz Zeneris und Agrogaz, ein Joint Venture aus der zur Kulczyk-Holding gehörenden Polenergia und der bayerischen Schmack Biogas AG. Ferner will der Regenerativ-Energie-Erzeuger BioPower, der zur Gruppe der polnischen European Business Partners Sp. Z o.o. (EBP) gehört, welche seit Anfang des Jahres 2009 strategischer Investor bei Biogas Nord ist, in Polen in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Biogasanlagen mit dem Know-How und der Technologie des Bielefelder Unternehmens errichten und selbst betreiben. Experten sprechen davon, dass landesweit rund 200 Investitionsprojekte in Vorbereitung seien. Ein Drittel bis die Hälfte davon hätte "unter optimalen Bedingungen" gute Realisierungschancen bereits innerhalb der nächsten zwei Jahre. Einheimische Unternehmen offerieren bislang vor allem Technik für Biogasanlagen, die Mülldeponiegase verwerten, während die Technologie für landwirtschaftliche Biogasanlagen weitgehend importiert werden muss. Was deutschen Unternehmen, die moderne Anlagentechnik und/oder komplette Systeme zur Biogasproduktion in Verbindung mit KWK anbieten, gute Zulieferchancen eröffnet. Den Bau entsprechender Anlagen wird der Gesetzgeber künftig über Zertifikate fördern: Zum Einen über grüne Zertifikate für die erzeugte Wärmeenergie, zum Zweiten über gelbe Zertifikate, die dem Erzeuger bei Einspeisung ins Gasnetz zusätzlich zustehen. Die erste große Biogasanlage des Landes mit 2,1 MW Leistung in Liszkow (Woiwodschaft Kujawien-Pommern), die Agrogaz Mitte September 2009 in Betrieb nahm, wurde Anfang 2010 von Enea übernommen. Sie produziert circa 16.000 MWh Elektro- und 17.000 MWh Wärmeenergie pro Jahr aus pflanzlichen Abfällen, die aus der Brennerei vor Ort stammen. Der Posener Energiekonzern will weitere Einrichtungen in dieser Größenordnung erwerben und unabhängig davon in Zusammenarbeit mit der Agentur für landwirtschaftliche Liegenschaften (ANR) 25 Biogasanlagen bauen. Agrogaz seinerseits engagiert sich in drei weiteren Biogasanlage-Projekten, davon zwei in der Woiwodschaft (Selbstverwaltungsbezirk) Kujawsko-pomorskie und eines in Warminsko-mazurskie. Noch größere Investitionsabsichten verfolgen der größte Energieversorger des Landes, PGE, und Energa. PGE hat für Biogasanlagen bis zum Jahr 2012 mehr als 0,5 Mrd. Zl eingeplant. Die erste soll in Wojnowo bei Bydgoszcz auf dem Gelände eines großen Agrarbetriebs der Firma Ziemioplody entstehen und Gülle, Silage und Mais verwerten. Energa will bis zum Jahr 2020 über mehrere Hundert Biogasanlagen mit einer Gesamtkapazität von 300 MW verfügen. Für den Bau will der Danziger Energiekonzern mit Landwirten aus den betroffenen Regionen, Gemeinden und Nahrungsmittelbetrieben eine gemeinsame Gesellschaft gründen. Die zur PGE-Gruppe gehörende Bio-Energia ESP will zwei bis drei Pilotanlagen errichten, um eigene Biogasanlagentechnik zu entwickeln. Später sollen auch größere Anlagen entstehen. Die dänische Poldanor, die in Polen bereits zahlreiche Schweinefarmen unterhält, an die bisher vier Biogasanlagen angeschlossen sind, baut gerade die nächsten drei und hat sechs weitere geplant. Einige Betriebe beklagen die aufgeblähte Bürokratie. Allein auf eine Baugenehmigung für eine Biogasanlage müssten sie zuweilen zwei Jahre warten. Ferner seien die Vorschriften für die Errichtung der Anlage zum Teil sehr restriktiv. Während zum Beispiel ein Gülle- oder Jauchebehälter direkt bei einem Schweine- oder Kuhstall stehen darf, muss nach Meinung einiger Behörden zwischen Letzterem und der zu errichtenden Biogasanlage ein Abstand von mindestens 30 m eingehalten werden, wodurch sich die Investitionskosten für einen kleinen Agrarbetrieb schnell empfindlich erhöhen können. Darüber hinaus fordern die Banken im Rahmen der Finanzierung hohe Risikoabschläge und oft eine Eigenkapitalquote von mehr als 10%. Ferner muss das Netzanschlussproblem gelöst werden. Häufig gibt es aufgrund bereits erteilter Genehmigungen an künftige Windkraftanlagenbetreiber außerdem kaum noch freie Netzkapazitäten.
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