Blinken Dollarzeichen in den Augen einarmiger Banditen?
Jürgen Buchmüller 01.03.2007
In Kanada ist der Verdacht entstanden, dass Video-Spielgeräte in Casinos subliminale Botschaften verwenden könnten
Der kanadische Fernsehsender CBC hat bei einer Untersuchung von Video-Spielgeräten in Casinos der Provinz Ontario zufällig entdeckt, dass einige Geräte des Herstellers Konami Gaming mit den Spielen Most Wanted, Sgt. Fritter oder Billionaires die Gewinnsymbole für einen Jackpot-Gewinn bei jedem Spieldurchlauf kurz aufblinken lassen. Handelt es sich dabei um subliminale Nachrichten oder lediglich um einen Bug in der Software?
Mehr zufällig fiel den Mitarbeitern des Fernsehsenders beim verlangsamten Abspielen einiger Videobänder mit Aufnahmen von Video-Slot-Machines auf, dass diese bei jedem Spieldurchlauf für eine Fünftelsekunde bestimmte Symbole immer wieder darstellten. Es waren dies die Symbole, die im Spiel einen Jackpot-Gewinn anzeigen würden. Diese Entdeckung führte dazu, dass auch Psychologen zu Rate gezogen wurden. Sie gaben laut CBC an, dass es unterschwellige Nachrichten oder Symbole gebe, deren kurzes Auftauchen etwa in einer TV-Sendung, einem Kinofilm oder eben bei einem Video-Gewinnspiel zwar nicht vom Bewusstsein registriert, aber sehr wohl unterbewusst aufgenommen wird.
So hatte sich beispielsweise das Psychologische Institut der Universität Heidelberg 2003 in einem Seminar mit der Frage beschäftigt, inwiefern Bewusstsein im Rahmen der Informationsverarbeitung von Bedeutung ist. Die kognitive Psychologie geht im Prinzip davon aus, dass eine Informationsverarbeitung auch ohne Bewusstsein stattfinden kann. Man nimmt an, dass es mentale Vorgänge gibt, die nicht bewusst sind und bezeichnet die Auswirkung der subliminalen Effekte als "Semantische Aktivation ohne bewusste Identifikation". Strittig ist, ob subliminale Nachrichten tatsächlich wirksam sind. Man untersucht dazu die verschiedenen Methoden, die geeignet sind, eine Darbietung unterhalb der Wahrnehmungsschwelle zu halten: leise gesprochene Worte, kurz gezeigte oder schwach dargestellte Bilder, die so genannte Rückwärtsmaskierung, bei der ein folgender starker Reiz die vorangegangene Darbietung überdeckt.
Bereits Ende der 1950er Jahre gab es einigen Aufruhr und öffentliche Entrüstung, nachdem ein Werbefachmann nach eigener Darstellung zahlreiche Kinobesucher mit unterschwelligen Botschaften traktiert habe. Später offenbarte James Vicary, der Werbefachmann und Autor der Studie, die ganze Geschichte sei lediglich eine Zeitungsente gewesen und habe dazu gedient, die Umsätze eines Marketing-Unternehmens anzukurbeln. Ungeachtet dessen hatten sich zuvor ein US-amerikanischer Bundesausschuss, sowie der amerikanische Verband der Rundfunksender bereits zu einem Verbot dieser vermeintlichen Werbemethode entschlossen (In Russland gedeiht die Sorge vor subliminaler Werbung).
Während es bei jüngeren Untersuchungen rund um Geldspielgeräte, etwa im Wiener Prater, durch TV-Sender im deutschsprachigen Europa eher um die Frage ging, ob die Gewinnausschüttung dieser Geräte vielleicht aus der Ferne manipuliert werden könne - viele dieser Geräte sind heute online mit einer Zentrale verbunden und werden videoüberwacht - oder ob unzulässig hohe Einsätze pro Spiel möglich sind, bewegte die Story der CBC nun einen Fachmann für Spielsuchtprobleme dazu, über Aussagen vieler Spielsüchtiger erneut nachzudenken. Menschen, bei denen das Automatenspiel zur Sucht geworden ist, berichteten vielfach von einem Zwang zu spielen, den sie wie einen äußeren Einfluss in ihr Denken empfinden. Ist es möglich, dass eingestreute unterschwellige Botschaften dazu beitragen, das Denken eines Spielers zu beeinflussen? Ist eine beabsichtigte suchtverstärkende Wirkung denkbar, wie sie auch der Tabakindustrie in einigen Gerichtsverfahren vorgeworfen wurde?
Zweifellos sind Geldspielautomaten, wie auch die Slot-Machines in Casinos, in ihrem gesamten Erscheinungsbild vor allem auf eines ausgelegt: sie sollen zum Spielen verleiten. Sie lassen die Gewinnserien blinken, produzieren Tonfolgen und Melodien und versuchen mit vielen weiteren Tricks, die Aufmerksamkeit eines potenziellen Spielers zu erheischen. Würde ein Hersteller solcher Geräte wohl so weit gehen, die umstrittene Methode subliminaler Nachrichten zu gebrauchen, um die Verweildauer eines Spielers am Gerät zu maximieren? Und wäre die Vorstellung einer derart gewollten Manipulation heute immer noch dazu geeignet, einen solchen Sturm der Entrüstung auszulösen, wie das zum Ende der 1950er geschah?
Die für Glücksspiele zuständige Behörde in Kanada nimmt den Verdacht jedenfalls ernst. In Ontario wurden bereits von der Ontario Lottery and Gaming Corporation einige Maschinen aus den Kasinos entfernt. Der Spielgeräte-Hersteller Konami spricht von einem Software-Fehler bei den beanstandeten Geräten, den die Ingenieure der Firma gefunden hätten und nun beheben würden. Man würde nicht die Lizenz für die Aufstellung von Spielgeräten riskieren, indem man so etwas mache. Es wäre für einen Software-Entwickler sicherlich sehr interessant, den Programmcode der inkriminierten Spielgeräte näher untersuchen zu können. Leider würde es aber schwierig oder unmöglich sein, den Code zu erhalten, denn er wird einerseits als Geschäftsgeheimnis des Herstellers gelten, andererseits auch aus Gründen der Sicherheit gegen eine denkbare Manipulationen der Geräte nicht frei zugänglich sein.
Aus der Sicht von Konami dürfte es zur Vermeidung eines sehr negativen Erscheinungsbildes in der Öffentlichkeit aber sehr wohl erwägenswert sein, den durch ihre Ingenieure aufgefundenen Bug öffentlich zu dokumentieren und somit zu belegen, dass es tatsächlich ein ungewollter Seiteneffekt war, der zu dem beobachteten Aufblinken der Jackpot-Gewinnsymbole führte.
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