man sollte sich auch im gedächtnis behalten, dass die banken gewissermaßen "wollen", dass ihre kursziele erreicht werden, weil sie dann natürlich geld verdienen.
Das ist zwar richtig, aber einzelne Banken haben halt nicht genug Marktmacht um solche Kursziele auch eintreten zu lassen.
Was Osram angeht - die Zahlen sind gut, und die hohen Investitionen nächstes Jahr werden den Anlegern versüßt werden durch eine gleichbleibend akzeptable Dividende, die vor allem ermöglicht wird durch den Beteiligungsverkauf und dem Aktienrückkauf. Aus Anteilseigner-Sicht ändert sich also eigentlich garnichts, die "Durststrecke" beim echten laufenden Gewinn nächstes Jahr wird anderweitig ausgeglichen.
Und auch den Schock über die Entscheidung hin zum LED-Massenmarkt muss man etwas gelassener sehen.
Heutzutage sind angebliche "hochspezialisierte High Tech-Anbieter" der feuchte Traum jedes Spekulanten, weil man glaubt dass dies ausnahmslos hohe Renditen und hohes Wachstum verspricht. Und das kann es zwar auch; je spezialisierter ich bin, desto größer ist oft auch mein Alleinstellungsmerkmal, und ich kann einen hohen Preis verlangen und habe hohe, stark wachsende Margen auch wenn ich hohe Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen habe.
Die Kehrseite davon ist aber, dass einen eine solche Hochspezialisierung verwundbar macht. Hochspezialisierung heißt oft auch ein sehr kleiner Kundenkreis von dem ich dann abhängig bin, und wenn mir der wegbricht, habe ich nicht nur keine Kunden mehr für meine Technologie in die ich riesige Mengen an Forschungs- und Entwicklungsaufwand gesteckt habe, und die vielleicht weil sie so speziell ist auch dermaßen unflexibel ist, dass sich wenige alternative Anwendungsgebiete und Kundenkreise erschließen. Die hohen Margen gehen also einher mit einem sehr hohen Unternehmensrisiko falls sich der Markt überraschend verändert.
Demgegenüber ist die Investition in eine LED-Komponentenfabrik für den Massenmarkt auf den zweiten Blick garnicht so schlecht. Sicher, ich habe eine hohe Kapitalbindung weil ich mir für Millionen oder Milliarden Euro ein Produktionswerk bauen muss dass die Kapazitäten und Kostenstrukturen hat die ich brauche um rentabel zu sein. Im LED-Massenmarkt wird die Marge halt über die Menge gemacht, und der Stückgewinn pro einzelner verkaufter Einheit dürfte bei wenigen Cent liegen. Das unternehmerische Risiko liegt hier halt vor allem darin, dass ich im Preiskampf um diese Massenprodukte, die sich bereits in der Reifephase befinden, unterliege. Andererseits habe ich vielleicht ein Produkt, dessen Produktmerkmale bei sich wandelnden Anforderungen und Kundenerwartungen schneller abgeändert werden können und das viele verschieden Einsatzzwecke hat. Der gleiche LED-Chip kann mit ein paar Abwandlungen bestimmt sowohl in einem Zahnarzt-Stuhl als auch in einer Deckenleuchte verbaut werden.
Kurzum: ein Massenprodukt mit einer auf hohes Volumen und niedrige profits per unit ausgerichteten Preis-Mengen-Strategie anzubieten ist nicht unbedingt riskanter als wenn ich ein hochspezialisiertes High Tech-Produkt in kleinen Mengen baue. Die Risiken sind nur anderer Natur. Rein pauschal ist überhaupt nicht zu sagen dass das eine immer dumm und das andere immer klug ist.
Irgendwann wird sich diese Erkenntnis auch am Markt durchsetzen. Was wir hier gestern erlebt haben ist letztlich wenn überhaupt nur zu einem Drittel echte Verwunderung bei den Anlegern gewesen, und zu zwei Dritteln das Nachtreten und Verprügeln der Aktie durch Leerverkäufer.
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