Viel Hoffnung, wenig Geld 26.11.2011, 09:04 Uhr Die Finanzierungslage der deutschen Biotech-Branche hat sich deutlich verschlechtert. Trotzdem ist die Stimmung durchaus positiv. Vielversprechende Projekte kommen voran und sollen Investoren anlocken.
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Artikel merken Artikel ausdrucken Artikel versenden Social Bookmarking Artikelembedden von Maike Telgheder
Eine Frau analysiert in einem Labor der Biotechfirma Wilex ein Gel. Quelle: Wilex
Frankfurt. „Die Wüste lebt. Noch.“ Das ist die gute Nachricht von Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender der Biotech-Branchenvereinigung Bio Deutschland in seinem aktuellen Grußwort an die Branche: „Noch haben wir schließlich genügend motivierte Unternehmen hier.“ Die schlechte Nachricht folgt ein paar Seiten später im gestern veröffentlichten Jahrbuch der Branchenorganisation: Die Finanzierungslage der Biotechbranche hat sich in diesem Jahr dramatisch verschlechtert. Gerade mal 105 Millionen Euro haben deutsche Biotechfirmen in den ersten zehn Monaten dieses Jahres von Wagniskapitalgebern und über Kapitalerhöhungen zur Finanzierung bekommen, der absolut niedrigste Stand seit 2005. Und selbst wenn sich in den fünf Wochen bis zum Jahresende noch ein paar Millionen auftreiben lassen: Von dem guten Jahr 2010, in dem mehr als 650 Millionen Euro zusammenkamen und das die Branche auf eine Trendwende in Sachen Finanzierung hoffen ließ, ist die Biotechindustrie in Deutschland meilenweit entfernt. Dennoch ist die Stimmung in der Branche gar nicht so schlecht: Auf dem Eigenkapitalforum in Frankfurt Anfang der Woche verströmten viele Biotech-Manager Zuversicht – und das nicht nur, um potenziellen Investoren ein positives Bild zu zeichnen. Die Branche hat mittlerweile einige kleinere und größere Erfolgsstorys zu melden, und das macht den mehr als 500 anderen deutschen Biotechfirmen Mut. Beispiel Wilex: Das Münchener Unternehmen hat gerade von dem unabhängigen Datenkontrollkomitee IDMC in den USA wegen guter Datenlage die Empfehlung bekommen, auf eine Zwischenanalyse bei der Erforschung seines Krebsmittels Rencarex zu verzichten und gleich zur abschließenden Analyse überzugehen. Das verkürzt die Zeit bis zum Zulassungantrag um viele Monate. Firmenchef Olaf Wilhelm, der dem Mittel in der Spitze einen Umsatz von 500 Millionen Dollar zutraut, hofft jetzt darauf, einen Zulassungsantrag in der ersten Jahreshälfte 2013 stellen zu können. Seite 2: Attraktive Pipeline lockt Investoren Attraktive Pipeline lockt Investoren
Beispiel 4SC: Das Unternehmen aus Martinsried bei München hat einige Fortschritte bei seinem Krebsmittel Resminostat gemacht. Firmenchef Ulrich Dauer reagiert aber auf die Finanzierungssituation im Markt, indem er die Mittel jetzt auf Resminostat konzentriert. Davon verspricht er sich die größte Wertsteigerung in den nächsten Monaten. Die Firma, die übrigens zu den wenigen gehörte, die sich 2011 frisches Geld besorgen konnte, ist so bis Anfang 2013 – und damit ein paar Monate länger – finanziert. Insgesamt acht Medikamente wurden in den vergangenen fünf Jahren von deutschen Biotechunternehmen auf den Markt gebracht. Die Markterlaubnis für das neunte Mittel dürfte wohl noch in diesem Jahr kommen. Denn die Leverkusener Firma Biofrontera hat die Zulassungsempfehlung in Europa bekommen, für ihre Creme, die Vorstufen von Hautkrebs behandelt. In der letzten klinischen Erprobungsphase befinden sich zudem zehn weitere Medikamentenkandidaten: Neben dem Wilex-Medikament sind ein Diabetes-Produkt von Evotec und ein Lungenkrebsmittel der Firma Agennix darunter. Die Aachener Firma Paion ist mit einer Schmerzarznei und einem Schlaganfallmedikament vertreten. Ob alle zugelassen werden, ist zwar längst nicht ausgemacht. Aber eine attraktive Pipeline hilft, Investoren anzulocken. Morphosys-Chef Simon Moroney jedenfalls hat beobachtet, dass mit fortschreitenden Erfolgen seines Unternehmens mehr amerikanische Investoren in den vergangenen Monaten Aktien gekauft haben. Noch ein Hoffnungsschimmer in der Finanzierungswüste Deutschland
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