Es gibt eine "Hausfrauenweisheit", die besagt, dass bei Gewitter die Milch schneller sauer wird. Nun würde ich gerne wissen, ob das wirklich so ist, und wenn ja, dann wieso?
Die Hausfrauenregel bezog sich wohl auf Milch, die im Sommer offen in einer Schale am Fenster steht. Man stellte nämlich früher Sauermilch her, die man gerne aß (so wie wir heute den Joghurt, den es damals noch nicht so verbreitet gab, weil man nicht so einfach wie heute an die Kulturen kam). Offene Milch am Fenster wurde von Bakterien kontaminiert und wurde deshalb rasch und ohne künstliche Keimzugabe spontan sauer. Die Schnelligkeit war sogar erwünscht: Denn wenn die Milch schnell sauer wurde, konnten sich keine Pilze ausbreiten, durch die die Sauermilch verdorben worden wäre. Deshalb war es wichtig zu wissen, wie man die Säuerung fördern konnte.
Hier sind zwei Fakten, die wir nun zusammenbringen müssen:
1. | Milch wird aufgrund der Tätigkeit von Milchsäurebakterien sauer. |
2. | Sommergewitter bilden sich, wenn es warm ist und eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht. |
Die Bakterien müssen erst einmal über den Luftweg in die Milch gelangen. In welchem Umfang das geschieht, ist eine Frage der Luftfeuchtigkeit, also der Schwüle der Luft. In feuchter Luft sind mehr Bakterien enthalten als in trockner Luft. Wenn sie dann in der Milch sind, müssen sie wachsen und sich vermehren. Das wird durch Wärme gefördert.
Damit wird deutlich, dass die Wetterlage mit Tendenz zur Gewitterbildung besonders förderlich ist für das Sauerwerden der Milch. Dagegen gibt es nur eines: Kühlhalten der gut verschlossenen Milchflasche. Denn andererseits brauchte man auch Frischmilch - z. B. für Kind, Kaffee oder Kuchen.
Heute gibt es pasteurisierte Frischmilch zu kaufen. Diese wird (obwohl im Kühlschrank in verschlossenen Tetrapacks aufbewahrt) ebenfalls sauer, wenn auch erst nach einigen Tagen. Beim Pasteurisieren werden nämlich nicht alle Keime abgetötet, sondern für eine gewisse Zeit inaktiviert. Die Keime fangen langsam an sich zu erholen und zu wachsen.
Wenn es richtig warm ist, also warme Gewitterluft da ist, verläuft der Prozess des Sauerwerdens auch hier schneller. Im Kühlschrank dauert es natürlich etwas länger. Der Effekt, dass Milch in der Gewitterluft schneller sauer wird, ist deshalb nicht so deutlich wie bei der offenen Milch. Aber manchmal war die Milch nach dem Kaufen der Sommerwärme ausgesetzt, ohne dass es einem bewusst wird, zum Beispiel bei der Rückkehr vom Kaufmann? Wenn man eine solche Milchtüte nur einmal kurz öffnet, kann da schon einiges an aktiven Keimen aus der warmen Gewitterluft hineingelangen.