Der Strabag Chef hat 50% + 1 Aktie laut einem Welt Interview von 2005 !!!
23. November 2006, 00:00 Uhr Von Birger Nicolai und Hagen Seidel "Viel Feind, viel Ehr" Hans-Peter Haselsteiner hat kein Problem mit der Bezeichnung Insolvenzprofiteur. Der Chef des österreichischen Baukonzerns Strabag will nach der Übernahme von Walter Bau Nummer eins in Europa werden. DIE WELT.de: Hans-Peter Haselsteiner: Hab ich das?WELT.de: Manche nennen Sie nach der Übernahme der insolventen Walter Bau Rambo oder Hütchenspieler. Für andere sind Sie schlicht der, der die deutsche Baubranche durcheinander bringt.Haselsteiner: Ich bringe sie nicht durcheinander. Ich versuche mit einigem Erfolg, sie neu zu ordnen. Und das war überfällig. Mir ist klar, dass ich mir bei den deutschen Kollegen mit der Übernahme von Walter Bau und unserem daraus folgenden Wachstum nicht viele Freunde gemacht habe. Ich war halt etwas schneller als die anderen. Mit dem Image kann ich leben, viel Feind, viel Ehr.WELT.de: Sie kannten die Walter-Bücher schon, bevor der Konzern Insolvenz angemeldet hatte.Haselsteiner: Ja, das stimmt. Ja, ich hatte einen Zeitvorsprung. Und warum hatte ich den? Weil ich an Silvester 2004 nicht irgendwo im Skiurlaub war, sondern mich am Neujahrstag mit Roy Walter getroffen habe, um über eine mögliche Übernahme zu sprechen - auf dessen Wunsch übrigens. Ich habe mir die Zeit genommen.WELT.de: Glück gehabt.Haselsteiner: Walter junior ist nicht zu Hochtief gegangen oder zu Bilfinger Berger, sondern zu mir und hat über die Möglichkeiten einer Übernahme gesprochen. Und dann kannte ich das Unternehmen halt, als es Anfang Februar Insolvenz angemeldet hatte und konnte zu Fasching mit dem Insolvenzverwalter den Letter of Intent unterschreiben. Wenn man 24 Stunden am Tag mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden in Kontakt stehen kann und 50 Prozent plus einer Aktie des Unternehmens hat, dann kann das halt so schnell gehen.WELT.de: Sie entwickeln sich zum Insolvenzprofiteur. Den Mittelständler Eichholz haben Sie gerade auch erst gekauft, als er pleite war.Haselsteiner: Mit dem Vorwurf habe ich kein Problem. Man kann ein insolventes Unternehmen einfach leichter retten als ein Lebendes, weil man ganz andere Möglichkeiten hat. Man muss weniger von diesen Schutzbestimmungen beachten und kann sich allein die zukunftsfähigen Teile heraussuchen. Darin sehe ich nichts Böses. Eine Vollinsolvenz wäre die schlimmere Variante, sie vernichtet noch mehr Geld und vor allem Arbeitsplätze.WELT.de: Wie weit ist es denn mit der Konsolidierung der deutschen Baubranche? Die Krise scheint nach zehn Jahren beendet.Haselsteiner: So positiv sehe ich das noch nicht, die Krise ist noch nicht bewältigt. Der Patient war tot krank, jetzt geht es ihm etwas besser. Gesund ist die Branche noch lange nicht. Es wird und muss weitere Insolvenzen von Unternehmen geben, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht und ihre Strukturen nicht klar auf Zielmärkte ausgerichtet haben. Die machen alles und jedes, aber nichts wirklich gut. Das kann nicht gut gehen.WELT.de: Wie viele Firmen sind das?Haselsteiner: Zu dieser Gruppe gehört sicherlich die Hälfte der großen Mittelständler, das sind rund hundert Firmen. Diese Aufgabe der Marktbereinigung ist übrigens nicht im Wesentlichen eine der Baubranche, sondern des Bankensystems.WELT.de: Bitte?Haselsteiner: Die Banken müssen endlich aufhören, immer weiter Unternehmen zu finanzieren, die auf dem Markt keine Chance mehr haben. Das ist hart, aber unumgänglich und auch aus volkswirtschaftlichen Gründen dringend geboten.WELT.de: Die Banken sind Bauunternehmen gegenüber zu rücksichtsvoll? Meist wird ihnen das Gegenteil vorgeworfen.Haselsteiner: Freilich sind sie zu rücksichtsvoll. Das liegt oft daran, dass sie Abschreibungen für diesen tot kranken Kunden lieber über fünf Jahre strecken wollen und deshalb den Geldhahn nicht gleich zudrehen. Das fällt dann nicht so auf. Aber für die Branche und die Allgemeinheit ist es die schlechtere Lösung. Frankreich oder Spanien haben diesen Konzentrationsprozess längst hinter sich. Dort gibt es zwei oder drei dominierende Baukonzerne, die Renditen in der Region von acht Prozent erzielen. In Deutschland muss man wegen der Zersplitterung des Marktes und des Preiskampfes mit zwei Prozent zufrieden sein.WELT.de: Also wird der Bau doch nicht zur Konjunkturlokomotive?Haselsteiner: Das habe ich nicht gesagt. Der Bau hat eine große Hebelwirkung auf die Konjunktur. Ein Euro am Bau entspricht drei Euro in der Gesamtkonjunktur. Dass es dieser wichtigen Branche derzeit nicht mehr schrumpft, macht sich sehr deutlich positiv in der Konjunktur bemerkbar.WELT.de: Haben wir nun einen Bauboom oder nicht?Haselsteiner: Einen Boom sicher nicht. Es wird besser. Es fehlt noch das Volumen des Aufschwungs und die Zuversicht, dass er nachhaltig ist. Ich rechne auch nur mit einem bescheidenen Aufbau neuer Arbeitsplätze in Deutschland. Aber nach der Halbierung der Jobs innerhalb der vergangenen zehn Jahre ist das ja schon mal was.WELT.de: Sie sind mit dem Zeitpunkt Ihrer Zukäufe zufrieden?Haselsteiner: Das kann man wohl sagen. Nur ein paar Wochen nach dem Kauf von Walter Bau im Frühjahr 2005 wurde die Situation der Branche deutlich besser. Ich war selber überrascht.WELT.de: Gäbe es Walter Bau angesichts dieser Trendwende noch, wenn das Unternehmen nur etwas länger durchgehalten hätte?Haselsteiner: Nein, das glaube ich nicht. Wer eine falsche Struktur hat, dem hilft auch dieser Aufschwung nicht.WELT.de: Hatte auch Züblin eine falsche Struktur? Nach der Übernahme der Mehrheit haben Sie das Unternehmen gegen den Willen des Minderheitsaktionärs Eberhard Lenz in die Strabag eingegliedert. Die Klagen dagegen laufen.Haselsteiner: Wir haben dort wo es Synergien gab, diese genutzt. Züblin bleibt aber ein eigenständiges Unternehmen. Seine Störgefechte werden Herrn Lenz auch in Zukunft nicht helfen. Er hat alle wesentliche Prozesse verloren und wird das auch weiterhin tun. Ich habe ihm die Beteiligung für den Fall einer Vollintegration angeboten, um teure und uneffiziente Doppelstrukturen zu vermeiden. Das wollte er nicht. Ich wollte ihm seine Anteile abkaufen. Das wollte er auch nicht. So bleibt er halt Minderheitsaktionär. Das ist zwar nur die zweitbeste Lösung, aber sie funktioniert.WELT.de: Geht es Lenz, wie er sagt, um das Wohl des Unternehmens oder nur ums Geld.Haselsteiner: Ums Geld. Und was heißt überhaupt "Wohl des Unternehmens'? In der alten Struktur wäre es nur eine Frage der Zeit gewesen, wann diese wirklich gute und traditionsreiche Firma vom Markt verschwunden wäre. Auch in Deutschland muss man begreifen, dass solche mittelgroßen Unternehmen auf Dauer keine Chance mehr haben.WELT.de: Der Streit wird Ihren geplanten Börsengang belasten.Haselsteiner: Nein, warum sollte er? Wir bringen die Holding Strabag SE mit Sitz in Wien an die Börse. Die Details in den von ihr dominierten Töchtern Züblin AG und der deutschen Strabag AG in Köln spielen da nur eine untergeordnete Rolle.WELT.de: Gibt es inzwischen einen Zeitplan für den Börsengang?Haselsteiner: Nein. Wir haben lediglich einen Grundsatzbeschluss gefasst und bereiten uns vor, mit der Deutschen Bank als Konsortialführer. Wir streben den Börsengang 2007 an, das ist aber nicht fix. Es hängt von vielem ab, nicht zuletzt vom Börsenklima. Es kann in sechs oder zwölf Monaten so weit sein. Ich kann aber auch nicht ausschließen, dass es 18 Monate dauern wird.WELT.de: Sie brauchen Geld?Haselsteiner: Wachsende Unternehmen benötigen eine sichere Eigenkapitalstruktur. Wir kommen von einer Eigenkapitalquote von 35 Prozent zu einer Zeit, als wir noch zwei Milliarden Euro Umsatz gemacht haben. Nach zahlreichen Übernahmen haben wir jetzt noch 20 Prozent Eigenkapital, allerdings bei einem Umsatz von zehn Milliarden Euro. Wir wollen wieder auf einen Wert von mindestens 25 Prozent kommen und so für weitere Expansionen gerüstet sein.WELT.de: Was planen Sie?Haselsteiner: Wir wollen unsere Expansion in Ost- und Mitteleuropa, wo wir ja schon in vielen Ländern Marktführer sind, ausbauen. Vor allem in Russland. Nach 15 Jahren Erfahrung in den Regionen Moskau und St. Petersburg sind wir jetzt reif für die Fläche. Russland wird einen Schwerpunkt unserer Wachstumsstrategie bilden. Dort gibt es einen Bedarf, der so groß ist, dass die Branche ihn in 100 Jahren nicht decken kann. Und wir haben natürlich Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich Dienstleistungen.WELT.de: Werden Sie in Deutschland wachsen?Haselsteiner: Selbstverständlich und zwar in allen Sparten. Von 3,7 Milliarden Euro wollen wir schon bald deutlich über vier Milliarden Euro kommen. Mit einem ehrgeizigen Renditeziel von drei Prozent. Dennoch wird der Anteil unseres Deutschland-Geschäftes von derzeit 37 Prozent auf 30 oder gar 25 Prozent sinken. Weil wir im Ausland deutlich schneller wachsen.WELT.de: Wie viel Umsatzzuwachs kalkulieren Sie denn?Haselsteiner: Etwa zehn Prozent oder eine Milliarde Euro pro Jahr ist eine realistische Annahme. Damit wären wir 2010 oder 2011 bei etwa 15 Milliarden Umsatz.WELT.de: Hilft Ihnen das zusätzliche 400 Millionen-Investitionsprogramm der Bundesregierung für Verkehrs-Infrastrukturprojekte?Haselsteiner: Bei einem Marktvolumen im Verkehrswegebau in Deutschland von rund 15 Mrd. ist dies eine nette Geste.WELT.de: Wie groß ist der Bedarf, also der Investitionsstau bei der Infrastruktur in Deutschland?Haselsteiner: Das lässt sich schwer beziffern. Ich bin aber sicher, dass die komplette Baubranche auf Jahre hinaus ausgelastet wäre, wenn alle notwendigen Projekte angegangen würden. Das ist keine Frage des Bedarfs, sondern der Finanzierbarkeit.WELT.de: Wegen der stark verbesserten Auftragslage in Deutschland werden am Bau Mitarbeiter und Materialien knapp. Bremst sich der Aufschwung selber aus?Haselsteiner: Die Euphorie des Aufschwungs teile ich nur beschränkt. In unserem Hause haben wir kaum Beobachtungen in diese Richtung.WELT.de: In Hamburg wollen Sie die Elbphilharmonie bauen. Wie es scheint, werden Sie leer ausgehen.Haselsteiner: Das ist noch nicht entschieden. Der Bauherr will das Verfahren aufheben oder auf irgendeine andere Weise beenden. Darüber verhandeln wir gerade mit der Stadt Hamburg. Das Projekt ist interessant, weil es an die Grenzen des technisch Machbaren geht. Deshalb würden wir es gerne bauen. Die Technik wird bei der Elbphilharmonie noch einmal weiter ausgereizt werden.WELT.de: Man hört, Ihr Konkurrent Hochtief habe bei dem Prestigeprojekt die Nase vorn. Nun gehe es nur noch darum, den Herrn Haselsteiner zu befrieden.Haselsteiner: Wie gesagt, das ist noch nicht endgültig geklärt. Wir haben kein Interesse daran, das Projekt zu verzögern oder gar zu behindern. Wir wollen aber fair behandelt werden und reden deshalb auch über einen Ausgleich für unsere Vorkosten.WELT.de: Würden Sie am Ende auch mit Hochtief zusammen bauen?Haselsteiner: Wenn die Bedingungen einigermaßen passen, ist auch diese Variante möglich.WELT.de: Sie sind jetzt 62. Wie lange machen Sie den Job noch?Haselsteiner: Wollen Sie mich schon in Rente schicken? Ich habe mal gesagt, dass ich der führende Bauunternehmer Europas werden möchte. Und bis dahin ist es ja noch ein Stück Wegs. Fragen Sie doch in vier oder fünf Jahren noch mal nach...
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