FAZ:
Ausbildungsplatzabgabe
Müntefering lenkt ein
30. April 2004 SPD-Chef Müntefering hat der Wirtschaft einen ?verbindlichen Ausbildungspakt? angeboten, der bei Erfolg die viel kritisierte Lehrstellenabgabe verhindern könnte. Dies teilte Müntefering den SPD-Abgeordneten in einem am Freitag veröffentlichten Brief mit. Das Angebot könnte Kritiker bei SPD und Grünen besänftigen. Das Gesetz zur Ausbildungsplatzabgabe steht kommenden Freitag im Bundestag zur Schlußabstimmung.
Müntefering schrieb, eine gesetzliche Regelung sei unverzichtbar, weil sich das Problem der der fehlenden Ausbildungsplätze in den letzten Jahren verschärft habe. ?Dabei haben und behalten freiwillige Lösungen aber Vorrang.? Wenn ein Ausbildungspakt ?zustande kommt und erfolgreich ist, kann am 30.9. auf die Erhebung der Umlage verzichtet werden?, schrieb Müntefering.
Spitzenverbände als Partner
In dem geplanten Entschließungsantrag heißt es, Partner des Pakts sollten alle maßgeblichen Spitzenverbände der Wirtschaft, Arbeitnehmerschaft und der öffentlichen Arbeitgeber sein. Die möglichst für mehrere Jahre abzuschließende Vereinbarung solle ?schriftlich verbindliche Zusagen aller Teilnehmer am Ausbildungspakt zu finanziellen, personellen, organisatorischen und sonstigen Beiträgen und Zielsetzungen enthalten?.
Die Beteiligen sollen sich auch verpflichten, die Vermittlung von Ausbildungsplätzen zu beschleunigen und junge Menschen ohne nötige Berufsreife an die Ausbildung heranzuführen. Strukturschwache Regionen, vor allem Ostdeutschland, sollten besonders berücksichtigt werden.
Vorschlag der Wirtschaft
In dem Antrag wird darauf hingewiesen, daß tarifvertragliche Vereinbarungen, die Ziele und Kriterien des Gesetzes erfüllen, von ?den weiterführenden Wirkungen des Gesetzes? befreien. Mit dem Pakt greift Müntefering einen Vorschlag des Deutschen Industrie und Handelskammertags auf. Dieser hatte allerdings zur Bedingung gemacht, daß das Gesetz zur Ausbildungsplatzabgabe für mindestens drei Jahre in der Schublade bleibt.
SPD-Wirtschaftsexperte Rainer Wend, der die Abgabe kritisiert, sagte der Nachrichtenagentur AP am Freitag, der von Müntefering angekündigte Entschließungsantrag mit dem Ziel des Ausbildungspakts sei ?eine positive Entwicklung?. Die Argumente der Kritiker in der Fraktion seien berücksichtigt worden.
Kritiker in der SPD-Fraktion abwartend
Zwar komme es nun auf die genaue Formulierung des Antrags an. Wenn dem Ausbildungspakt aber wirklich Vorrang vor einer Umlage eingeräumt werde, könne wahrscheinlich auch er dem Gesetz zustimmen, sagte Wend. Er hob hervor, daß er nur eine Ablehnung in der Fraktion erwogen habe; im Plenum des Bundestags hätte er trotz Bedenken zugestimmt, um die rot-grüne Mehrheit nicht zu gefährden, sagte Wend.
Nach seinen Angaben ist die Gruppe der Kritiker in der SPD-Fraktion in den vergangenen Wochen stark gewachsen. Doch habe bisher nach seiner Kenntnis niemand angekündigt, das Gesetz bei der Schlußabstimmung abzulehnen.
Zustimmung bei den Grünen
Die Grünen-Politikerinnen Krista Sager, Thea Dückert und Grietje Bettin stellten sich hinter das Pakt-Angebot. ?Wenn die Wirtschaft das, was sie ankündigt, auch umsetzt, wird die Umlage nicht erhoben. Jetzt kann die Wirtschaft zeigen, ob es ihr ernst ist?, erklärten sie in Berlin.
Union bleibt bei Ablehnung
Die CDU/CSU forderte abermals einen Verzicht auf das Gesetzesvorhaben. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Maria Böhmer kritisierte, durch die vielen nun geplanten Ausnahmen werde das Gesetz noch bürokratischer und widersprüchlicher.
Gewerkschaften fordern Umlage
Die Gewerkschaften bekräftigten dagegen ihre Forderung nach einer gesetzlichen Umlage. Die PDS kritisierte, das Pakt-Angebot blende das Versagen der Wirtschaft im zurückliegenden Jahrzehnt aus. Der Weg sei aber nachgeordnet, entscheidend sei das Ziel.
|