Rumsfeld aus dem Verkehr gezogen?
Von Bushs Aushängeschild zum Buhmann
Lange war Verteidigungsminister Donald Rumsfeld das Aushängeschild der Regierung von US-Präsident George W. Bush im Kampf gegen den Terrorismus. Seit wenigen Monaten macht er sich in der Öffentlichkeit jedoch rar. Vor allem nach dem Skandal um die Folter irakischer Gefangener durch US-Soldaten ist er angesichts des Präsidentschaftswahlkampfs in den Vereinigten Staaten zur Belastung für Bush geworden. Rumsfeld muss sich deshalb jetzt offenbar mit einer weniger öffentlichen Rolle begnügen.
Immerhin war wegen des Folterskandals noch vor wenigen Wochen über einen Rücktritt des Pentagonchefs spekuliert worden. Aber er hat die Krise politisch überlebt. Manche politischen Beobachter fragen sich aber dennoch, ob das Weiße Haus nicht vielleicht doch noch zu dem Schluss kommen könnte, dass ein Rücktritt des Ministers noch im Sommer für die Regierung besser wäre.
"Paria" der Bush-Regierung
"Donald Rumsfeld ist mittlerweile vom populärsten Sprecher für die Politik der Bush-Regierung zu einer Art Paria geworden", meint Loren Thompson vom Lexington Institute. Früher habe sich das Weiße Haus über jeden öffentlichen Auftritt Rumsfelds gefreut. Heute sei dies dagegen ganz anders, sagt Thompson.
Seit einer Pressekonferenz am 27. April - das war einen Tag, bevor der Fernsehsender CBS die ersten Bilder der von US-Soldaten misshandelten Iraker im Gefängnis Abu Ghraib zeigte - stellte sich Rumsfeld im Presseraum des Pentagons nur zwei Mal den Fragen der Journalisten: Am 4. Mai und am 17. Juni. Im April hatte er noch vier Pressekonferenzen im Verteidigungsministerium und im März drei.
Rumsfeld verliert Wählerzuspruch
Rumsfelds Sprecher Larry Di Rita widerspricht vehement dem Eindruck, dass der Minister abgetaucht sei. Seit Anfang Mai habe Rumsfeld zwölf Pressekonferenzen oder andere Medienauftritte in den USA und im Ausland gehabt. Er habe acht öffentliche Reden gehalten, sieben Fernseh- und Radiointerviews gegeben und sich zwei Mal bei öffentlichen Kongressanhörungen geäußert. "Er hat dabei wahrscheinlich Millionen von Amerikanern erreicht", meint Di Rita. Es sei außerdem normal, dass mit dem Übergang der Souveränität auf die irakische Interimsregierung am 28. Juni die öffentliche Kommunikation nun verstärkt bei der Übergangsregierung und dem US-Außenministerium liege statt beim Pentagon.
Meinungsumfragen zufolge nimmt die Popularität Rumsfelds in den USA immer weiter ab. Noch vor zwei Jahren beurteilten zwei Drittel der Befragten den Pentagonchef positiv. Beim Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 waren es fast ebenso viele. Ende September vorigen Jahres rutschte seine Popularität auf knapp über 50 Prozent ab. Und nach der jüngsten Umfrage vom Februar sind nur noch rund 40 Prozent mit Rumsfeld zufrieden, der am 9. Juli 72 Jahre alt wurde.
Was nutzt der Wiederwahl Bushs?
Kurz nach der Enthüllung des Folterskandals im Abu-Ghraib-Gefängnis sah es so aus, als würde Rumsfeld zum Rücktritt gezwungen werden. Am 5. Mai streuten Mitarbeiter des Weißen Hauses, dass der Präsident seinen Verteidigungsminister gerügt habe. Bush habe dem Minister gesagt, dass er unzufrieden damit sei, dass er nicht früher über den sich abzeichnenden Skandal informiert worden sei.
Zwei Tage später, bei einer Anhörung vor dem Streitkräfteausschuss des Senats, entschuldigte sich Rumsfeld für die Gefangenenmisshandlung und übernahm die Verantwortung dafür. Er werde aber nicht zurücktreten, nur um seine politischen Gegner zufrieden zu stellen. Der Minister fügte aber auch hinzu, er würde "innerhalb einer Minute" zurücktreten, wenn er das Gefühl habe, seine Arbeit nicht mehr effektiv leisten zu können.
Letztlich werde das politische Kalkül des Weißen Hauses über das Schicksal Rumsfelds entscheiden, meint William Nash, General im Ruhestand und ehemaliger Befehlshaber der US-Friedenstruppen in Bosnien. "Derzeit wägt jeder im Weißen Haus ab, ob es für die Wiederwahl des Präsidenten im November von Nutzen ist oder nicht", sagt Nash.
(N24.de, AP)
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