Doppeltes Risiko für Frau Ypsilanti
Von Werner D?Inka
Geht Ypsilantis Kalkül auf? Endet die Amtszeit des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Koch vielleicht schon im Herbst?
01. August 2008 Der Berliner Finanzsenator Sarrazin (SPD) hat eine steile These in Sachen Rot-Rot aufgestellt. ?Ein Wowereit und ein Wolf (Wirtschaftssenator, Linkspartei) mit einem Finanzsenator Sarrazin könnten auch in Hessen regieren. Zu dritt würden wir das hinkriegen?, sagte er im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Weil die Hessen allerdings nur mit den Steinen pflastern können, die sie besitzen, sieht das Personaltableau in Wiesbaden im Herbst möglicherweise anders aus: Die SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti regiert als Ministerpräsidentin einer rot-grünen Koalition, ist aber abhängig von den Stimmen der Linkspartei.
Ob es dazu kommt, ist die Eine-Million-Euro-Frage. Aus dem Urlaub zurückgekehrt, hat Frau Ypsilanti erkennen lassen, wenn es nach ihr ginge, würde sie den Versuch wagen, Ministerpräsident Koch (CDU) abzulösen. Sie spüre eine Stimmung in der Partei, ?es noch einmal zu probieren?. Auch ihr Angebot, den für den 13. September geplanten Landesparteitag aus Rücksicht auf die wahlkämpfende SPD in Bayern zu verschieben, lässt sich so deuten. Denn Rücksicht nehmen muss nur, wer sich insgeheim schon für Rot-Grün-Rot entschieden hat.
Kandidiert Frau Ypsilanti tatsächlich, geht sie ein schwer zu bestimmendes Risiko ein. Die SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger bleibt dabei, die Bewerberin unter diesen Umständen nicht zu wählen. Ein weiterer Abweichler in der geheimen Abstimmung genügte, und nicht nur die Mehrheit Ypsilantis, sondern auch die politische Zukunft wären dahin. Ihre Risikoabwägung dürfte freilich auch bestimmt werden von der Erkenntnis, dass sie gar nicht (mehr) anders kann als anzutreten. Tut sie es nicht, zerrinnt ihr das gute Landtagswahlergebnis in den Händen. Zudem haben die Grünen durchblicken lassen, in diesem Fall fänden sie über kurz oder lang mit CDU und FDP zu einer ?Jamaika?- Interessengemeinschaft mit dem Ziel von Neuwahlen zusammen. Vorgezogene Wahlen muss die SPD mehr fürchten als jede andere Partei. Wagt Frau Ypsilanti aber den Sprung ? und scheitert sie dann, fällt die hessische SPD auseinander. Der Ausbruch von Hass gegen Frau Metzger lässt erahnen, wozu eine Partei fähig ist, die sich den ?Politikwechsel? auf die Fahnen geschrieben hat.
Unterdessen ruhen alle anderen hessischen Koalitionsmanöver. ?Jamaika?, von Ministerpräsident Koch favorisiert, ist so weit entfernt wie die Karibik von Wiesbaden. Zwar gibt es Grüne, die eine Zweiteilung der politischen Welt in Gut (links) und Böse (CDU) nicht mehr für zeitgemäß halten, aber auf einem Parteitag gingen sie eins zu vier unter. Nach einer Wahl könnte das anders ausgehen. Eine ?Ampel-Koalition? aus SPD, FDP und Grünen kommt für die Liberalen nicht in Betracht; diese Haltung hat ihnen die SPD mit fast schon kränkenden Angeboten leichtgemacht. Manche raunen in Wiesbaden über eine große Koalition, falls Frau Ypsilanti scheitern sollte. Gerade dann dürfte sich die CDU von vorgezogenen Wahlen einen größeren Gewinn versprechen als von einem Bündnis mit der SPD.
Frau Ypsilanti ist also am Zug, und niemand sollte ihre Zähigkeit unterschätzen. Für den Fehler, schon vor der Ziellinie die Arme hochzureißen, hat sie zweimal bitter gebüßt: In der Wahlnacht Ende Januar, als die Sozialdemokraten lange vor der CDU lagen und doch nur auf den zweiten Platz kamen; und das zweite Mal im März, als sie sich ihrer Wahl zur Ministerpräsidentin schon sicher wähnte, ehe Metzgers Ankündigung, sie werde nicht zusammen mit der Linkspartei stimmen, die SPD ins Mark traf. Auch dem Parteiapparat werden so haarsträubende Fehler nicht noch einmal unterlaufen. Trotz des Entsetzens in Teilen der SPD über Ypsilantis Wortbruch gab es seinerzeit kein funktionierendes Frühwarnsystem, keine Probeabstimmung in der Landtagsfraktion.
Die Lektion, dass es zur Regierungsübernahme aus zweiter Position mehr braucht als zu Platz eins bei einer Sandkastenrallye, hat die hessische SPD gelernt. Deshalb wird die Fraktion bis zur Sitzung des Landesvorstands am 13. August bis auf die Knochen durchleuchtet. Drei oder vier Abgeordnete (außer Frau Metzger) gelten als unsichere Kantonisten. Es wäre nicht das erste Mal in der Politik, wenn ehrenvolle Angebote ihre Bedenken dann doch dahinschmelzen ließen. Am 13. September (oder später) wird ein Landesparteitag entscheiden. Aus heutiger Sicht wird er die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Grünen empfehlen.
Und dann? Rot-Grün hat im Landtag keine eigene Mehrheit. Eine Duldung durch die Linken halten auch viele in Ypsilantis Umgebung für ?hochriskant?. Denn nicht nur bei der Wahl zur Ministerpräsidentin, sondern bei jeder Abstimmung brauchte sie die Unterstützung der Linken ? einer disparaten Fraktion aus früheren Spartakisten, Trotzkisten und enttäuschten Sozialdemokraten. Dafür wird die Linke eine politische Dividende sehen wollen. Mit der vagen Aussicht auf hessische Bundesratsinitiativen zur Abschaffung von Hartz IV oder zum Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan dürfte sie sich auf Dauer nicht abspeisen lassen. Spätestens hier geht das persönliche Wagnis für Frau Ypsilanti in ein unabsehbares Risiko für Hessen über. Und weit und breit kein Sarrazin.
Quelle: www.faz.net ----------- MfG kiiwiipedia
No Pizzass please.
"...und wo ist Beeeheck? "
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