Infomatec AG beantragt Insolvenzverfahren
Die krisengeschüttelte Infomatec Integrated Information Systems AG ist zahlungsunfähig und hat beim Augsburger Amtsgericht nach eigenen Angaben die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Die liquiden Mittel seien völlig aufgebraucht, sagte ein Infomatec-Sprecher am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters in Augsburg. Die 114 verbliebenen Beschäftigten hätten im Mai keinen Lohn bekommen. Der Sprecher zeigte sich aber zuversichtlich, dass Infomatec mit Hilfe eines Auftrags über Set-top-Boxen im Wert von sieben Millionen Dollar (15,5 Millionen Mark) aus Polen, aus dem die Augsburger Firma am 1. Juni eine erste Zahlung über knapp zwei Millionen Mark erwarte, die fixen Kosten decken und die Gehälter zahlen werden könne. Außerdem verhandele Infomatec mit neuen Investoren, die die Liquidität zumindest bis Ende des Jahres sichern sollen.
Die am Neuen Markt notierte Infomatec-Aktie brach in einem schwächeren Gesamtmarkt in der Spitze um knapp 25 Prozent auf ein neues Allzeittief von 0,76 Euro ein.
"Uns ist nur die Zeit davon gelaufen", sagte der Sprecher. Der Infomatec-Vorstand werde im Rahmen des Insolvenzverfahrens beantragen, das Unternehmen und die deutschen Tochterfirmen, die ebenfalls zahlungsunfähig sind, selbst weiter zu führen und keinen externen Insolvenzverwalter bestellen zu lassen. "Das wäre für uns besser", sagte er. Nur so könnten die laufenden Gespräche mit mehreren Investoren fortgesetzt werden. Diese wollten sich über Kapitalerhöhungen "in beträchtlichem Maße" an Infomatec beteiligen, so dass der Fortbestand des Unternehmens bis Ende des Jahres gesichert sei. Ein Ende der Verhandlungen sei aber noch nicht abzusehen.
Infomatec hatte Ende April für das vergangene Jahr einen Fehlbetrag von 103,8 (1999: 16,4) Millionen Euro ausgewiesen, während der Umsatz auf 21,9 (50,6) Millionen Euro zurück ging. Bis Ende des Jahres 2000 hatte Infomatec seine Schulden auf 14 Millionen von 24 Millionen Euro reduziert. Die beiden im November 2000 wegen des Verdachts der Kursmanipulation festgenommenen ehemaligen Infomatec-Vorstände Gerhard Harlos und Alexander Häfele befänden sich inzwischen wieder auf freiem Fuß, sagte der Sprecher.
Das nicht genannte Unternehmen aus Polen wolle die Set-top- Boxen übernehmen, die den Zugang zum Internet über Fernsehgeräte ermöglichen sollen und auf denen Infomatec im vergangenen Jahr sitzen geblieben war. Der Gesamtwert der 45.000 Boxen war damals mit rund 17 Millionen Euro (33 Millionen Mark) beziffert worden. Der potenzielle schweizerische Abnehmer habe damals Insolvenz angemeldet, sagte der Infomatec-Sprecher. Der Vorstand müsse den Vertrag mit den Polen nur noch gegenzeichnen, hieß es. Nach der ersten Rate sei dem Vertrag zufolge im Vier-Wochen-Rhythmus mit weiteren Zahlungen zu rechnen.
Die laufenden Projekte des am Neuen Markt notierten Unternehmens, das sich auf Lösungen für interaktives Fernsehen konzentrieren will, entwickelten sich gut, teilte Infomatec mit. "Die Perspektiven sind gut", unterstrich der Sprecher. Es gebe einige Absichtserklärungen mit neuen Kunden.
Die Infomatec-Aktie verlor am späten Vormittag knapp 20 Prozent auf 0,81 Euro, nachdem der Titel am Morgen bereits auf einen neuen Tiefststand von 0,76 Euro eingebrochen war. Einem Händler zufolge war die Insolvenz absehbar. "Das ist keine neue Situation", sagte der Händler. "Sie ist nur durch die Meldung hochgepusht worden." Infomatec sei für ihn bereits seit längerer Zeit nur noch ein "Zockerpapier".
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