Am Rande der großen Zivilisationen lebt ein Millionen-Heer von Menschen, die weder am materiellen Reichtum der Gesellschaften, noch an einer umfassenden Bildung oder guten Lebenschancen teilhaben. Zugleich wurde vielleicht noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit derart viel über die Menschenrechte, ihre universale Geltung und die Errungenschaften der Moderne gesprochen wie in der heutigen Zeit einer globalisierten Marktwirtschaft, die in ihrem Grundansatz ein amoralisches System ist. Wo kommt also eine Moral her, die zugleich Gerechtigkeit schaffen würde? Wir stecken in einer massiven Krise der menschlichen Daseinsform, so die Analyse des Freiburger Soziologen Günter Dux. Gerechtigkeit kann es nicht geben ohne die Grundlage einer Moral. Und genau diese Grundlage ist heute fundamental in Frage gestellt - versagen doch die traditionellen Modelle der Begründung, etwa die transzendentale Begründungslogik. Wenn dies jedoch der Stand der Dinge ist und der Moral die "kognitiven Grundlagen" weggebrochen sind - wie könnte es dann weitergehen? Wie kann heute tatsächlich noch "global" von einem Projekt "Weltethos" gesprochen und wie ein "Clash of Morals" vermieden werden?
Neben der Frage einer Theorie der Gerechtigkeit und einer verantwortbaren Moral geht es in der Sendung zugleich auch darum, dass sich Moral samt der Vernunft innerhalb eines Prozesses der Evolution gebildet hat. Moral ist kontingent: eine Tatsache, deren Reichweite die Philosophie bislang nur unzureichend zur Kenntnis genommen hat. Von der Biologie, der Leitdisziplin unserer Zeit, stammt die Erkenntnis, dass Moral alles andere als ein urmenschliches Privileg ist, sondern auch schon bei Schimpansen, den nächsten Verwandten des Menschen, beobachtet werden kann. Es scheint also, als könnten auch Tiere zwischen Recht und Unrecht unterscheiden. Was bedeutet das aber für die Grundlegung der Moral heute? Und wenn Moral keineswegs "Gott gegeben" ist, sondern sich in einem kontingenten Evolutionsprozess bis heute weiterbildet: Wie sieht dann eine zeitgemäße Moral aus, die die Empirie, das tatsächliche Leben der Menschen, miteinbezieht? Welche Funktion erfüllt Moral im Privaten und öffentlichen Leben? Gibt es eine universelle, allen Menschen gemeinsame Moral, unabhängig von Kulturen und Religionen? Und was hält uns davon ab, das als gut und richtig Erkannte auch in die Praxis umzusetzen? Steht uns dabei womöglich das genetische Erbe, das zugleich unsere Vorstellungen von Moral hervorgebracht hat, im Wege?
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