Der deutsche Aktienmarkt sieht sich schwachen Vorgaben von der Wall Street und aus Tokio, wo die Kurse auf breiter Front gefallen sind, gegenüber. Auch der Anstieg des Ölpreises, der in New York über die Marke von 60 Dollar je Faß kletterte und aktuell knapp unter dieser ?Schallmauer? tendiert, dürfte die Stimmung wie zuvor in Amerika belasten. Angesichts dessen sind Kursverluste zu erwarten.
Impulse von außen könnte der Aktienmarkt am Nachmittag erhalten, wenn Daten zum Auftragseingang bei langlebigen Gütern und zu Neubauverkäufen aus Amerika einlaufen.
Rentenmarkt weiter auf sehr hohem Niveau
Der deutsche Rentenmarkt geht mit eher nachteiligen Vorgaben aus Amerika, wo die Kurse von Anleihen und des Terminkontrakts T-Bond-Future etwas gefallen sind, in den letzten Handelstag der Woche. Der wegweisende, auf langlaufende Bundesanleihen gemünzte Bund-Future verlor zuvor 17 Basispunkte auf 123,2 Prozent; der Rekord auf Schlußkursbasis steht bei 123,58 Prozent. Am Freitag könnte er bei einem niedriger tendierenden Aktien indes wieder steigen und von Spekulationen auf eine Leitzinssenkung in Euroland profitieren, die wiederum von dem überraschend großen Zinsschritt abwärts in Schweden befördert worden ist.
Euro gegen Dollar auf Zehnjahrestief
Der Euro ist im fernöstlichen Devisenhandel am Freitag gegenüber dem Dollar auf ein Zehn-Monats-Tief gefallen. Gegenüber dem Yen rutscht die europäische Währung fast wieder auf ein Jahrestief. Händler rechneten damit, daß die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen senken und damit der Euro weiter unter Druck geraten wird. EZB-Vertreter haben zwar immer wieder bekräftigt, daß die gegenwärtigen Leitzinsen von 2,0 Prozent angemessen seien. Der politische Druck auf die EZB wächst aber, etwas für die Ankurbelung der schwachen Konjunktur zu tun. Am Vormittag wurde der Euro in Tokio mit 1,2030 Dollar gehandelt. Zuvor hatte er bei 1,2017 Dollar ein Zehn-Monats-Tief erreicht. Zur japanischen Währung tendierte der Euro um 131 Yen, knapp über dem am Vortag verzeichneten Jahrestief von 130,62 Yen. Der Dollar wurde mit 108,95 Yen gehandelt. Der Schweizer Franken notierte zum Euro mit 1,5397 und zum Dollar mit 1,2800.
Börse Tokio leichter
Leichter tendiert der Aktienmarkt in Tokio am Freitag im Verlauf. Der Nikkei-225-Index verliert 0,6 Prozent oder 65 Punkte auf 11.512, der Topix gibt 0,4 Prozent oder vier Punkte ab auf 1.170. Die Investoren verhielten sich abwartend, da in der folgenden Woche wichtige Termine anstünden, darunter die Zinsentscheidung in den Vereinigten Staaten und der Tankan-Bericht. Zudem müsse es für Impulse am japanischen Markt an den amerikanischen Börsen und beim Ölpreis mehr Bewegung geben. Der Nikkei werde voraussichtlich um die Marke von 11.500 Punkten notieren.
HSI hält sich weiter über Marke von 14.000 Punkten
Etwas leichter tendiert der Aktienmarkt in Hongkong am Freitagmittag (Ortszeit). Bis zum Ende der ersten Sitzungshälfte verliert der Hang-Seng-Index (HSI) 0,2 Prozent oder 25 Punkte auf 14.165 Zähler. Der gestiegene Ölpreis und die schwachen amerikanischen Börsen sorgten zwar für Abgabedruck, so ein Händler. Doch dürften sich die Verluste auch weiterhin in Grenzen halten, da der Markt optimistisch bleibt. Die Investoren rechneten mit einer Rally im zweiten Halbjahr, gespeist von der Hoffnung auf ein Ende der Zinserhöhungen in den Vereinigten Staaten und einer möglichen Zinssenkung durch die EZB. Ein Händler sagt, sollte der HSI mehr als 100 Punkte fallen, dürften Gelegenheitskäufe einsetzen.
Neuigkeiten und Kursbewegungen nach Börsenschluß
Einen Hauch zeigten sich die amerikanischen Aktien am Donnerstag nachbörslich. Der Nasdaq-100 After Hours Indicator stieg um 0,03 Prozent auf 1516,33Punkte.
Die Aktien von Alcoa haben am Donnerstag im nachbörslichen Handel von sogenannten Restrukturierungsplänen des Unternehmens profitiert. So legten die Titel um 0,3 Prozent auf 27,27 Dollar zu. Der Aluminiumkonzern will 6.500 Stellen oder fünf Prozent der Arbeitsplätze abbauen. Diese Maßnahme wird im zweiten Quartal eine Sonderbelastung von 220 Millionen bis 250 Millionen Dollar zur Folge haben. Der Verkauf der Beteiligung an der norwegischen Elkem wird dem Unternehmen im zweiten Quartal indessen einen Sondergewinn von 219 Millionen Dollar oder 0,25 Dollar je Aktie einbringen. Zudem erwartet Alcoa eine Steuererstattung von 100 Millionen bis 120 Millionen Dollar.
Aus der Restrukturierung ergäben sich in den kommenden zwölf Monaten Einsparungen von rund 150 Millionen Dollar, teilte Alcoa weiter mit. Solectron verbesserten sich nachbörslich bis 19.47 Uhr Ortszeit um 2,6 Prozent auf 3,92 Dollar. Das Unternehmen hat im dritten Quartal seines Geschäftsjahrs mit seinem Ergebnis des fortgeführten Geschäfts zwar die Erwartungen der Analysten erfüllt, der Umsatz blieb jedoch hinter den Prognosen zurück.
Wall Street schwach - Ölpreisanstieg belastet
Der Ölpreis hat am Donnerstag vorübergehend die Marke von 60 Dollar/Barrel erreicht und damit die Aktienkurse an Wall Street unter starken Abgabedruck gebracht. Enttäuschende Unternehmenszahlen und -ausblicke verstärkten den Druck. Der Dow-Jones-Index für 30 Industriewerte fiel um 1,6 Prozent oder 166 Punkte auf 10.421. Der S&P-500-Index sank um 1,1 Prozent oder 13 Zähler auf 1.201. Der Nasdaq-Composite-Index verlor 1,0 Prozent oder 21 Stellen auf 2.071.
Die Anleger hätten den Anstieg des Ölpreises auf die psychologisch wichtige Marke zum Anlass genommen, Gewinne mitzunehmen, sagte ein Beobachter. Die am Berichtstag veröffentlichten Konjunkturdaten hätten kaum eine Rolle gespielt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war in der vergangenen Woche stärker als erwartet gefallen, während die Verkäufe bestehender Häuser deutlicher als erwartet zurückgegangen war.
Der Ölpreisanstieg belastete vor allem den Transportsektor. FedEx büßten 8,3 Prozent auf 80,77 Dollar ein. Die Papiere des Logistikdienstleisters litten nicht allein unter dem teuren Öl, sondern auch unter dem enttäuschenden Quartalsergebnis, das FedEx am Berichtstag vorgelegt hatte. Die Aktien von Wettbewerber UPS gaben um 1,9 Prozent auf 68,91 Dollar nach, obwohl das Unternehmen seine Prognosen für das zweite Quartal bestätigt hat.
Im DJIA ermäßigten sich General Electric um 2,4 Prozent auf 34,66 Dollar. Die geplante Verschlankung der Unternehmensstruktur stieß nur auf mäßige Begeisterung. Zudem liegen die neuen Prognosen des Unternehmens unter den Erwartungen der Analysten. Merck verzeichneten ein Minus von 2,3 Prozent auf 31,25 Dollar. Wie die Associated Press berichtete, hatten Forscher des Unternehmens inoffiziell die Befürchtung geäußert, daß das Medikament ?Vioxx? das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigen könnte.
Größter Verlierer im DJIA waren General Motors mit minus 2,8 Prozent auf 33,83 Dollar. Ein Vertreter der Gewerkschaft United Auto Workers hatte gesagt, sein Verband sei nicht überzeugt von dem Argument des Unternehmens, es müsse zum Erhalt seiner Wettbewerbsfähigkeit die Leistungen zur Gesundheitsvorsorger der Gewerkschaftsmitglieder kürzen. Morgan Stanley erhöhten sich um 2,4 Prozent auf 51,72 Dollar. Die Investmentbank hat sich mit der insolventen italienischen Parmalat auf eine Beilegung der Rechtsstreitigkeiten zwischen den beiden Unternehmen geeinigt.
Amerikanische Anleihen knapp behauptet
Knapp behauptet haben sich die amerikanische Anleihen am Donnerstag im späten New Yorker Handel gezeigt. Der Anstieg des Ölpreises auf 60 Dollar/Barrel brachte zwar die Aktienmärkte stark unter Druck, stützte den Anleihemarkt aber nur bedingt. Die Treasurys verringerten lediglich ihre Verluste aus dem frühen Handel. Zehnjährige Titel mit einem Kupon von 4,125 Prozent verloren 2/32 auf 101-14/32. Ihre Rendite stand bei 3,95 Prozent nach 3,94 Prozent und blieb damit unter der Marke von 4,00 Prozent - für Beobachter ein Zeichen dafür, daß ?bearishe? Anleger noch immer zögern, gegen den Markt zu wetten. Der mit 5,375 Prozent verzinste 30jährige Treasury verlor 6/32 auf 117-16/32 und rentierte mit 4,25 Prozent nach 4,24 Prozent.
Der hohe Ölpreis gelte vielen eher als ein Preis, der für das Wachstum der Wirtschaft zu zahlen ist, denn als Inflationsmotor, erklärte ein Analyst die verhaltene Reaktion des Anleihemarkts. Die Verteuerung des Öls werde zwar zur Kenntnis genommen, veranlasse aber keine größeren Änderungen von Positionen.
Die am Berichtstag veröffentlichte Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war zwar in der Vorwoche stärker als erwartet zurückgegangen, doch bewegte dies den Markt nach Aussage von Beobachtern kaum. Gleiches galt für Aussagen von Notenbankgouverneur Alan Greenspan und Finanzminister John Snow. Beide hatten sich für eine flexiblere Wechselkurspolitik Chinas ausgesprochen.
Quellen: FAZ.NET, vwd, dpa, AP, AFP, Bloomberg, Reuters.