"Der Kurssturz hatte es in sich: Der Rohölpreis, der zur Jahresmitte 2008 noch auf die Marke von 150 Dollar je Fass zuzusteuern schien, notierte Anfang Dezember unter 50 Dollar. Er hat sich also in etwa gedrittelt. Wie Abbildung 1 verdeutlicht, hat damit ein langjähriger Aufwärtstrend zunächst sein Ende gefunden. Der Preis der dargestellten Rohölsorte WTI fiel auf das Niveau des Jahres 2004 zurück. Während der Talfahrt bildete sich an den Terminmärkten ein Contango heraus, genauer gesagt ein sogenannter Super-Contango. Hierunter versteht man eine Forwardkurve mit stark steigendem Verlauf. Wie Abbildung 2 veranschaulicht, hatte am 8. Dezember 2008 WTI-Rohöl mit Lieferdatum Januar 2009 einen Preis von 43,71 Dollar. Ein Futureskontrakt mit sechs Monaten Laufzeit auf die gleiche Rohölsorte kostete bereits 52,78 Dollar. Bei einer Laufzeit von einem Jahr waren es 57,98, bei zwei Jahren 66,20 und bei fünf Jahren sogar 77,94 Dollar. Seltener Super-Contango Ein solcher Super-Contango ist eine äußerst seltene Konstellation. In den vergangenen beiden Jahrzehnten nahm die Forwardkurve nur dreimal einen solch stark steigenden Verlauf an, zum Beispiel nach der Russlandkrise im Jahr 1998, als der Ölpreis bei etwa 10 Dollar notierte. Auch in den Jahren 2001 und 2006 zeigte die Forwardkurve zeitweise eine solche Formation an. Diesmal ist die Situation jedoch eine andere. Denn während die bisherigen Super- Contangos die Folge von sehr hohen Lagerbeständen waren, scheint nun die Kreditklemme dafür verantwortlich zu sein. Da der Preis des Geldes aktuell hoch ist, ziehen es viele Marktteilnehmer vor, sich in Futureskontrakten statt am Spotmarkt zu engagieren. Für den Kauf der Futures müssen sie schließlich weniger Liquidität aufwenden. Daraus resultiert der hohe Aufpreis der Futures. Die Forwardkurve stieg sogar über die Cost of Carry, also die Kosten für Lagerung und Zins, hinaus. Problem für Rohölinvestoren Wie wir im Folgenden zeigen werden, stellt ein solcher Super-Contango Anleger vor besondere Herausforderungen. Regelmäßige KnowHow-Leser wissen, dass Investments in Rohstoffe längst auch für Privatanleger möglich sind. Mit Zertifikaten können sie bereits mit kleinen Geldbeträgen in Energieträger, Metalle oder auch Landwirtschaftsgüter investieren und dabei unterschiedliche Marktmeinungen umsetzen. Rohstoffe bieten dabei zahlreiche Vorteile: Sie zeigen überwiegend eine geringe Korrelation zu „traditionellen“ Anlageklassen wie Aktien und Anleihen. Eine Beimischung von Rohstoffen zu einem Portfolio ist daher mit einem Diversifikationseffekt verbunden, der die Schwankungsbreite (Volatilität) eines Portfolios in der Regel senkt. Nach dem klassischen Markowitz-Ansatz bedeutet ein solcher Effekt, dass die Beimischung von Rohstoffen zu effizienteren Portfolios führt: Bei gleichem Risiko lässt sich die Renditeerwartung steigern, bzw. bei gleicher Renditeerwartung wird ein geringeres Risiko erreicht. Allerdings gilt es, zahlreiche Besonderheiten zu beachten. So erfolgt das Investment nicht in den Rohstoff selbst, sondern in einen entsprechenden Rohstofffuturekontrakt bzw. in einen Rohstoffindex. Futureskontrakte haben nur eine begrenzte Laufzeit, sodass sie während der theoretisch unbegrenzten Laufzeit eines Zertifikats auf einen Rohstoffindex in regelmäßigen Abständen durch neue, längerlaufende Kontrakte ersetzt werden. Dieser Vorgang wird als „Rollen“ bezeichnet. Je nach Preisstellung der Kontrakte kann der länger laufende Future teurer (Contango) oder billiger (Backwardation) sein als der aktuelle Future. Notiert ein Rohstofffuture in einem Contango oder gar in einem Super-Contango, so erwarten die Marktteilnehmer künftig steigende Preise. Bei Backwardation rechnen sie mit fallenden Kursen im entsprechenden Future. Die Futureskurse bilden somit die Markterwartungen für die künftige Preisentwicklung ab. Rollvorgang beeinflusst Performance Aufgrund der unterschiedlichen Futurespreise eines Rohstoffs können beim Rollvorgang Gewinne, aber auch Verluste entstehen. Während im Contango Rollverluste drohen, kommt es im Fall einer Backwardation gewöhnlich zu Rollgewinnen. Natürlich zeigen nicht alle Rohstoffe über alle Laufzeiten einen durchweg steigenden oder fallenden Verlauf. Einige Commodities sind beispielsweise von saisonalen Besonderheiten geprägt. So zeigt Erdgas jedes Jahr einen erheblichen nachfrageinduzierten Preisanstieg in den Monaten März bis Oktober. Die Erwartungen können sich also über die Laufzeit der einzelnen Futures - kontrakte ändern. Ein Contango kann sich in Backwardation verwandeln und umgekehrt. Excess-Return-Indizes bilden sowohl die Preisentwicklung des entsprechenden Rohstoffs als auch die Rollperformance in ihrer Kursentwicklung ab. Die Kursentwicklung eines Rohstoff-Total-Return-Index resultiert aus drei Renditekomponenten: Sowohl die Preisentwicklung des im Index enthaltenen Rohstoffs als auch die Rollperformance beeinflussen den Kursverlauf. Einen weiteren Beitrag leisten die Zinsen. Während der Käufer eines Zertifikats den kompletten Kaufpreis zahlen muss, braucht der Erwerber eines Futures die Position nicht komplett mit Geld zu hinterlegen. Es ist lediglich eine sogenannte Mar-ginzahlung zu leisten. Da der Emittent das Kapital des Investors anlegt, kann dieser indirekt Zinserträge generieren." magazin "Know how" ausgabe 01/2009
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