Atomkraft- Ja, bitte
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Ein alter Artikel, doch aktuell.
© DIE ZEIT 1998
Atomkraft, nein danke
Aus für die Kernenergie - was Umweltschützern nicht gelang, setzt jetzt der Markt durch Timm Krägenow
Angela Merkel (CDU) läßt keine Gelegenheit aus, sich zur Kernenergie zu bekennen. Erst Anfang des Monats verkündete die Bundesumweltministerin euphorisch: Der neue Europäische Druckwasserreaktor (EPR) werde die "technologische Grundlage" für die Zukunft der Atomenergie in Deutschland sein.
Die CDU-Politikerin hat allerdings ein Problem: Diese Zukunft ist schon vorbei. Als Merkel noch vom neuen Reaktor schwärmte, trat der einzige mögliche Investor gerade den Rückzug an. Der süddeutsche Stromversorger Bayernwerk ließ - unter Hinweis auf bereits bestehende Überkapazitäten - durchblicken, daß er nicht einmal einen Antrag auf die Genehmigung des EPR-Konzepts stellen werde. Und es kam noch schlimmer: Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber erklärte mit Blick auf die nahende Landtagswahl, daß im Freistaat definitiv kein neues Kernkraftwerk gebraucht werde. Folglich werde es auch keinen zusätzlichen Atomstandort geben.
Seit Ende April hat nun jeder deutsche Stromkunde das Recht, seinen Energielieferanten frei zu wählen. Seither ist in der Branche nichts mehr so, wie es einmal war. Neue Atomkraftwerke sind plötzlich viel zu teuer. "Die unsichtbare Hand des Marktes erhebt sich jetzt gegen die Atomenergie", sagt Stephan Kohler von der Niedersächsischen Energie-Agentur, die zum Teil dem Atomriesen PreussenElektra gehört. "Was die Umweltbewegung in zwanzig Jahren nicht geschafft hat, regelt die Marktwirtschaft in drei Monaten."
Bis zu diesem Frühjahr war der deutsche Strommarkt über sechzig Jahre lang per Gesetz in Gebietsmonopole aufgeteilt. RWE, Bayernwerk, PreussenElektra und fünf weitere Verbundunternehmen hatten ihre Versorgungsgebiete gegeneinander abgegrenzt und machten sich keine Konkurrenz. Die Preise regelten sich nicht durch Angebot und Nachfrage, sondern wurden von überforderten Länderbehörden genehmigt. Alle entstandenen Kosten, auch solche für unsinnige Investitionen wie das ohne gültige Genehmigung gebaute Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich, wurden angerechnet. Obendrauf kam die Marge für einen angemessenen Gewinn. "Dieses Prinzip der Kostenüberwälzung", resümiert Bayernwerk-Chef Otto Majewski die schönen Zeiten, "wirkte letztlich wie eine Lebensversicherung." Vor drei Monaten jedoch fielen die Monopole, und die Kraftwerksbetreiber müssen, so Majewski, "sehr viel stärker auf ökonomische Effizienz achten".
Schon im Vorgriff auf die Preisfreigabe haben große Kunden gegenüber den Stromkonzernen ihre Muskeln spielen lassen. So drohte der Ludwigshafener Chemiegigant BASF dem Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk (RWE), den Lieferanten zu wechseln. RWE konnte den Vertrag nur durch drastische Preisnachlässe halten. Auch der Kaufhausmulti Metro verschickt derzeit deutliche Briefe an seine Stromlieferanten.
Bei den ehemaligen Monopolisten, die sich zuletzt eher als Behörden denn als Unternehmen verstanden, herrscht Alarmstimmung. Bayernwerk-Chef Majewski ahnt: "Investitionsruinen in Milliardenhöhe" werde der Markt künftig nicht mehr verzeihen. Auf fünfzehn Prozent schätzt er das Kostensenkungspotential allein in der eigenen Firma. Experten glauben sogar, daß die Strompreise mittelfristig um bis zu dreißig Prozent sinken werden. Mit anderen Worten: Für Luxus ist kein Geld mehr da.
Johannah und alle die ähnlich denken; solange auch nur die theoretische Möglichkeit eines Super-GAU´s besteht solange ist Kernkraft inakzeptabel. Die konsquente Nutzung aller Energie-einsparpotentiale und die kollektive Nutzung sämtlicher erneuerbaren Energien würde diese unsägliche Diskussion überflüssig machen. Die Auflistung aller Argumente und Statments angefangen mit der amerikanische Studie "global 2000" (erstellt zur Zeit des US-Präsidenten Jimmy Carter) oder auch die Veröffentlichungen des "Club of Rom" könnt ihr euch bitte selber aus den div. Archiven die es hierzu gibt zusammen suchen. Fazit ist und bleibt; ein Leben ohne Atomkraft ist ohne graviernde Einschränkungen möglich, heute noch eher als vor 25-30 Jahren.
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Und dann, alle 25-30 Jahre die gleiche Diskussion! Ja, ja! Die Atomkraft haben schon die alten Römer entdeckt.
Es ist schon ärgerlich, wenn diejenigen, die schon vor 25 Jahren gegen etwas protestiert haben, das sie nie vestanden haben, immer noch meinungsbildend sind.
MfG/Johannah
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wie kann man nur so verbohrt sein.
Tippe mal , du bist ein Mann und erzkonservativ. Fortschritt ist für dich Rückschritt. Alles was Neu ist, ist dir ein Greuel.
Kinder hast du nicht.Und du magst auch keine Kinder.
du bist ein Mensch, dem die Chemiker und sonstige Wissenschaftler erzahlen können, wie unwichtig
Gifte in Form von Sprtzmitteln in der Nahrung sind. Und am besten gäbe es wieder Asbestbremsbeläge!!
Vor Jahren wurde man im Autohandel noch dumm angesehen, wenn man nach asbestfreien Bremsbelägen gefragt hat.
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Kann mir hier jemand eine finanzierbare Möglichkeit nennen die technisch zu realisieren ist ohne Atomenergie?
Mir würden da nur Ergas- (Brennstoffzellen-) oder Kohlekraftwerke einfallen. Alle diese Kraftwerke sind bei weitem nicht so profitabel wie ein Atomkraftwerk und sind außerdem ganz stark auf die Ressourcen anderer Länder angewiesen.
Da es hier immer wieder Thema war möchte ich auch noch zu Windenergie und Solarzellen etwas sagen. Erzeugen nur dann Strom, wenn genug Energie vorhanden ist, dass ein Elektron in den nächst höhere Schale gehoben werden kann. Somit erzeugt schwache Strahlung überhaupt keinen Strom und starke Strahlung immer die selbe Menge an Strom. Des weitern sind Solarzellen auf Grund ihres kirstalinen Aufbaus sehr teuer. Jetzt das größte Problem, sie erzeugen Gleichstrom. Wie also soll man Gleichstrom in ein Wechselstromnetz einspeisen? Mit Hilfe eines Umrichters. Hier ist aber die Technik noch nicht weit genug. Das wird auch dadurch gezeigt. Das ein Professor von mir letztes Jahr bei einem Wettbewerb mit gemacht hat, wo genau ein solcher Umrichter gebaut werden sollte. Die europäische Vorentscheidung haben sie gewonnen und sind darauf hin dann in die USA geflogen. Das Gerät was gewonnen hat wird jetzt von einer Firma nachgebaut. Für die Laien hier ein Umrichter wandelt wie schon erwähnt Gleichstrom in Wechselstrom um. Allerdings nicht so sauber wie man sich das wünscht, deswegen erzeugt der Wechselrichter Störungen. Auf Grund dieser Störungen muss dann ein Kraftwerk im Verbund mehr Energie erzeugen.
Bei der Windenergie ist das einfacher nur kommt hier der Strom nicht immer dann, wenn man ihn braucht. somit ist es völliger Quatsch die Bundesrepublik allein mit regenerativen Energienen zu versorgen.
Gruß André
2. Bei einer Wiederaufbereitung des Atommülls fällt die 10 fache Menge an radioaktiven Abfall an.
3.Wenn es in Deutschland zu einem Gau kommen sollte, dann könnte die Versicherung zu 0,1% des Schadens aufkommen, und der entspricht 1 Mrd ?.(0,1% sind versicher, der Rest also nicht). Also wäre der Gesamtschaden bei einem Gau bei ca. 1Billionen ?
Als Übergangsenergieträger für das Wasserstoff; Fusionszeitalter spreche ich mich dennoch für die sichere Kernenergie aus.
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Vorab: Ich habe nichts gegen längere Laufzeiten der deutschen AKWe. Die sind allemal sicherer als die in manchen Nachbarländern. So wird es auch kommen, muss nur noch ein bisschen Zeit in's Land gehen...
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Erneuerbare Energien sind Jobmaschine
Umwelt: Neue Studie zu regenerativen Energien - Umweltpolitik ist wichtiger Zukunftsfaktor
VDI nachrichten, Berlin, 31. 3. 06, swe - Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche für erneuerbare Energien wächst. Waren es 2004 noch 157 000 Menschen, sind es heute 170 000 Menschen, wie Bundesumweltminister Sigmar Gabriel berichtete. Bis 2020 könnte die Zahl auf 300 000 wachsen.
Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist von allen Ressorts zu leisten", mit diesen Worten startete Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), die Vorstellung einer Erfolgsbilanz: Bei den erneuerbaren Energien gab es innerhalb eines Jahres einen Stellenzuwachs von knapp 10 % auf 170 000 Beschäftigte im Jahr 2005. Bis zum Jahr 2020 könnte die Zahl auf 300 000 steigen.
Gabriel, der seit seinem Amtsantritt gerne auf die ökonomischen Effekte der Umweltpolitik verweist, stellte vergangene Woche die Zwischenergebnisse einer Studie über die Wirkungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien vor.
Kurz vor dem Klimagipfel, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel für den kommenden Montag auch zahlreiche Vertreter aus Unternehmen der erneuerbaren Energien eingeladen hat, wollte der Umweltminister mit seiner Studie noch einmal die Bedeutung der alternativen Energien herausstellen. Schließlich sei eine "ambitionierte, vernünftig ausgestaltete Umwelt- und Energiepolitik ein wichtiger Wirtschafts- und Zukunftsfaktor für Deutschland", erklärte Gabriel.
Die Windkraft hat die Nase vorn. Sie lag im Jahr 2004 nicht nur mit ihren 64 000 Beschäftigten an der Spitze, sie gilt auch als Weltmarktführer. Gefolgt von der Biomasse mit 57 000 und der Solarwirtschaft mit 25 000 Arbeitsplätzen. Gabriel verwies auch darauf, dass die umstrittene Kernenergie derzeit 30 000 Menschen beschäftigt.
Die Wachstumsprognosen errechnete ein Team aus vier Forschungseinrichtungen im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Laut Projektleiter Frithjof Staiß vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, zeigt diese "breiteste Befragung zu diesem Themenbereich", dass es auch eine Verdrängung auf dem Arbeitsmarkt gibt. Allerdings ist der Nettobeschäftigungseffekt trotz der Verdrängung bislang positiv.
Nicht weniger gut sind die Investitionszahlen. Im vergangen Jahr habe der Ausbau der erneuerbaren Energien Investitionen in Höhe von rund 10 Mrd. ? ausgelöst, stellte der Umweltminister fest. Weltweit wurden 40 Mrd. ? investiert. Nach Hochrechnungen steigen diese Ausgaben auf 250 Mrd. ? bis 2020. Eine Perspektive, die für Gabriel vor allem den deutschen Exporteuren zugute kommen kann.
Die alternativen Energieanbieter decken bislang gut 10 % der Nettostromerzeugung ab. Für die Zukunft weisen die Zahlen jedoch stark nach oben. So rechnet das Umweltministerium mit einer Steigerung auf 20 % bis zum Jahr 2020. Eine Hochrechnung, die von der Windenergie-Branche als entschieden zu niedrig eingestuft wird.
Bei der Vorstellung des Windenergie-Reports am Anfang dieser Woche in Berlin erklärte Ralf Bischof, Geschäftsführer des Bundesverbandes WindEnergie: "Bis 2020 können wir den Windstrom-Anteil von 5 % auf 20 % steigern." Rund 50 Mrd. ? will die Branche dafür in den nächsten Jahren investieren. Die Arbeitsplätze könnten sich in dieser Zeit verdoppeln.
Voraussetzung ist allerdings für die Windkraftanbieter ebenso wie für ihre Mitbewerber aus den Branchen Wasserkraft sowie Sonnen- und Bioenergie, dass die Bundesregierung eindeutige Prioritäten setzt. Auf dem Energiegipfel, der für den Bundesumweltminister, "nur der Start" ist, soll es schließlich auch darum gehen, wie mehr erneuerbare Energien in den Markt zu bringen sind. Außerdem will Gabriel die Mittel für Forschung und Entwicklung "verdoppeln". Während der deutschen EU-Präsidentschaft, die im kommenden Jahr ansteht, will er das Thema europaweit forcieren. Bis dahin, so Gabriel, "muss das Land wissen, wohin es will".
Die Wirtschaft, die nach wie vor unter den hohen Energiepreisen leidet, äußert sich beim Thema erneuerbare Energie sehr zurückhaltend. Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), der am Dienstag in Berlin eine Umfrage zur Energiepolitik vorstellte, erwartet bis zum Ende dieses Jahres "ein energiepolitisches Konzept", damit die Unternehmen ihre Investitionen langfristig planen können.
Die DIHK-Umfrage belegt: Die Wirtschaft will längere Laufzeiten für die Kernkraftwerke. Bei den erneuerbaren Energien ist die Stimmung gemischt: Ein Drittel will die Förderung verringern, ein Drittel ist unentschieden und ein Drittel hält sie für richtig.
BIRGIT BÖHRET
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Zwei Drittel für Ausstieg
Längere Laufzeiten abgelehnt
Eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger lehnt die Nutzung der Kernkraft ab. Nach einer aktuellen forsa-Umfrage im Auftrag von n-tv sind zwei Drittel aller Befragten dafür, auf die Kernenergie "allmählich zu verzichten" oder sogar aus der Technik "so schnell wie möglich auszusteigen". Für die Nutzung wie bisher sprechen sich lediglich 29 Prozent der Deutschen aus.
Gleichzeitig lehnt auch eine Mehrheit von 53 Prozent die von der Union ins Spiel gebrachte längere Nutzung der Kernkraft ab. Allerdings sind immerhin 42 Prozent dafür, die bestehenden Atomkraftwerke länger als bisher vereinbart zu nutzen. Damit haben sich in den letzten beiden Jahren die Meinungen in dieser Frage praktisch nicht geändert. 2004 waren 52 Prozent gegen und 40 Prozent für die längere Nutzung der bestehenden Kernkraftwerke.
Gerade in dieser Frage ergeben sich allerdings große Unterschiede - je nach Sympathie für die unterschiedlichen politischen Parteien. So sind die Anhänger von Union (Ja: 61 Prozent; Nein: 32 Prozent) und der FDP (Ja: 55 Prozent; Nein: 41 Prozent) mehrheitlich für eine längere Nutzung der Kernenergie, während dies die Anhänger der Linkspartei (Ja: 40 Prozent; Nein: 60 Prozent), der SPD (Ja: 28 Prozent; Nein: 70 Prozent) und besonders die Anhänger der Grünen (Ja: 11 Prozent; 89 Prozent) ablehnen.
n-tv.de
"Die IAEO lügt"
Die Ärztevereinigung IPPNW hat der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEO) vorgeworfen, die Folgen des Reaktorunfalls von Tschernobyl massiv zu verharmlosen. Die IAEO war in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, weniger als 50 Menschen seien an den unmittelbaren Folgen der Katastrophe gestorben. Die Zahlen der IAEO seien "falsch und wissenschaftlich nicht zu halten", so die IPPNW.
"Die IAEO und die von ihr vertretene Atomindustrie hoffen offenbar auf das Vergessen der Menschen", sagt die IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen im Gespräch mit n-tv.de. "Hier wird so massiv verharmlost, dass wir sagen: Die IAEO lügt."
An diesem Donnerstag wollen die IPPNW und die Gesellschaft für Strahlenschutz eine eigene Studie vorlegen. Anlass ist der zwanzigste Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe am 26. April. "Wir können der völlig falschen Zahl der IAEO keine absolut richtige, unangreifbare Zahl entgegensetzen", betont Claußen, "eine solche Zahl gibt es nicht." Die Untersuchung der IPPNW und der Gesellschaft für Strahlenschutz geht allein bei den Bergungskräften ? den so genannten Liquidatoren - von einer Größenordnung von 50.000 bis 100.000 Toten aus.
Zudem seien die Langzeitfolgen von Tschernobyl noch gar nicht abzuschätzen. "Viele Krankheiten treten erst nach 20 Jahren auf. Bei den genetischen Schäden sehen wir nur zehn Prozent in der ersten Folgegeneration, die weiteren 90 Prozent kommen in den sechs Generationen danach", so Claußen.
Die IAEO dagegen behaupte, Armut und Stress seien eine viel größere Bedrohung als die Verstrahlung. Claußen wirft der UN-Behörde vor, die Folgen der Katastrophe bewusst herunterzuspielen. "Erklärtes Ziel der IAEO ist die weltweite Förderung der friedlichen Nutzung der Atomenergie." Aus Sicht der UN-Behörde seien Atomwaffen "böse" und Atomenergie "gut", tatsächlich seien es jedoch "siamesische Zwillinge".
"Fünf Atomkraftwerke extrem veraltet"
Mit Blick auf den neuerlichen Streit um Atomenergie in Deutschland fordert Claußen, den Ausstieg nicht zu verschieben, sondern vorzuziehen. Fünf der 17 laufenden Atomkraftwerke müssten sofort abgeschaltet werden - Brunsbüttel, Isar I, Philippsburg I, Biblis A und B -, "da sie sicherheitstechnisch extrem veraltet sind".
Beim Streit zwischen Atomkraftgegnern und den Betreibern der Atomanlagen gehe es um die Deutungshoheit, meint Claußen. Dies habe auch der Streit um die Häufung von Leukämie-Fällen bei Kindern in der Elbmarsch gezeigt. Hier sei die Zahl der Erkrankungen unstrittig. "Folglich werden in diesem Fall die Ursachen geleugnet." IPPNW geht davon aus, dass die bislang 16 Leukämie-Fälle die Folge eines Unfalls im Forschungszentrum GKSS in Geesthacht sind, der Augenzeugen zufolge im September 1986 passiert sei.
n-tv.de
Gruß André
weiß ja nicht, was du für serviceflöten bei rwe kennst, aber ein bekannter von mir studiert kernphysik und ist trotzdem gegen den frühzeitigen ausstieg.
er meint, dass sich die forschung auf die fusion konzentrieren sollte, da hier die energiequelle der zukunft liegt.
mfg ds
"Oh Gott, es regnet"
Von Annette Langer
Angst, Unwissenheit, Desinformation: Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl war die Panik im Westen so groß wie die Verschwiegenheit jenseits des Eisernen Vorhangs. Doch auch heute herrscht keineswegs Klarheit über das wahre Ausmaß der Katastrophe.
Hamburg - Wer die düsteren Tage im April 1986 erlebt hat, kann es noch nachvollziehen: Der Horror, das Entsetzen, die lähmende Hilflosigkeit angesichts der größten zivilen Atomkatastrophe aller Zeiten. Im Lenin-Kraftwerk im ukrainischen Tschernobyl war ein Reaktor explodiert. "Feuer außer Kontrolle", warnte die "Financial Times", "Angst, Angst, Angst" titelte der SPIEGEL. "Oh Gott, es regnet", flüsterten sich die Menschen zu.
Während sich die einen fassungslos die Augen rieben ob des Versagens allmächtiger Technik, feierten Atomkraftgegner und notorische Warner mit dem Untergang des Reaktorblocks 4 einen bitteren Triumph. Alle anderen sahen zu, wie die europäischen Regierungen zwischen Desinformation und Inkompetenz um die Wahrheit herumlavierten.
Fotostrecke
http://www.spiegel.de/fotostrecke/...4-SUQ9MTMxOTEmbnI9MQ_3_3,00.html
"Das Entsetzliche wird verharmlost", kritisierte die "taz" die "katastrophale Informationspolitik" der Moskauer Regierung. "Dichthalten, so lange es geht" subsumierte die "Süddeutsche Zeitung" die klassische Schweige-Strategie der Sowjets. Erst drei Tage nach dem Unfall, am 29. April, bestätigten die Behörden offiziell den Vorfall. Über das Ausmaß der Katastrophe und erste Opfer kein Wort.
Der damalige Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow beteuerte unlängst im Interview mit der "Nowaja Gaseta", dass in den ersten 24 Stunden nach dem Gau niemand das Ausmaß der Katastrophe erkannt habe. Er selbst sei von der absoluten Sicherheit des Kernkraftwerks überzeugt gewesen: "Die Wissenschaftler hatten uns versichert, dass man den Reaktor auch auf den Roten Platz stellen könne, weil von ihm keine größere Gefahr ausgehe, als von einem Samowar." Selbst die Mitglieder der von ihm entsandten Regierungskommission hätten noch am 27. April "ohne Schutzkleidung und Atemmasken" in einem Hotel bei Tschernobyl übernachtet und zu Abend gegessen, erzählt Gorbatschow.
"Bitte gründlich durchlüften"
Im tausend Kilometer entfernten Skandinavien wurde man zum selben Zeitpunkt langsam nervös: Die alarmierend hohen Strahlenwerte, die dort gemessen wurden, versetzten Experten und Regierungen in Alarm. Verwirrung über Grenz- und Messwerte sowie adäquate Maßnahmen bestimmten in Deutschland die Reaktion. Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU) beeilte sich, seine Landsleute zu beruhigen: Weil eine Gefährdung "nur im Umkreis von 30 bis 50 Kilometer um den Reaktor herum" bestehe, solle sich niemand Sorgen machen. Kritische Wissenschaftler bezeichneten die voreiligen Unbedenklichkeitserklärungen der Bundesregierung als kriminell.
Die besorgten Bürger mogelten sich durch die Krisenzeit: Man ließ die Finger von radioaktiv verseuchter Frischmilch, sperrte die Kinder im Haus ein und stellte sich bei Regen unter. Manch einer vergiftete sich mit einer Überdosis Jod-Tabletten. Exemplarisch für die eklatante Unwissenheit in Sachen atomarer Ernstfall ist eine vom dänischen Umweltministerium nach dem Unfall in Umlauf gebrachte Informationsbroschüre. Darin heißt es: "Wenn die radioaktive Wolke kommt, geh in dein Haus und dreh das Radio an. Bleib ruhig. Lass deine Kinder, wo sie sind. Hat sich die Wolke verzogen, dann lüfte gründlich durch."
Doch auch heute, 20 Jahre nach dem GAU, ist eine objektive Bewertung der Katastrophe schwierig. Zu wenig repräsentativ sind die wissenschaftlichen Erhebungen, zu übermächtig die unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Interessen der Lobbyisten. Weil die sowjetischen Behörden zudem massiv Statistiken manipulierten oder Daten zurückhielten, scheint es unmöglich, die Zahl der Opfer auch nur halbwegs korrekt zu ermessen. Die Angaben schwanken zwischen einigen Dutzend und 250.000.
Diffizile Zahlenspiele
Auch die internationale Atomenergiebehörde IAEA wiegelt ab: Sie zeigt auf ihrer Website ein Video, das in zwei Minuten und 30 Sekunden das "wahre Ausmaß" des Tschernobyl-Desasters beschreiben soll. Darauf zu sehen: Glückliche Kühe, weidende Wildpferde, spielende Kinder und ukrainische Bauern, die bei strahlendem Sonnenschein Weizen ernten. Brav referiert der Sprecher die Ergebnisse einer unter anderem von der Weltgesundheitsorganisation WHO, dem Uno-Entwicklungsprogramm UNDP und der IAEA erstellten Studie, die im September vergangenen Jahres veröffentlicht wurde.
Die Ergebnisse des 600-Seiten-Berichts: Nein, es gebe keinen Beweis auf eine Zunahme von Leukämie, Krebserkrankungen oder strahlungsbedingten Missbildungen in der Region. Zwar seien 4000 Kinder und Jugendliche an Schilddrüsenkrebs erkrankt. Mit Ausnahme von neun Todesfällen seien jedoch alle wieder gesund geworden, so die Autoren. Auch die Zahl der Opfer sei mit 50 registrierten und etwa 4000 zu erwartenden Toten unerwartet niedrig.
"Die IAEA manipuliert Zahlen - und zwar ihre eigenen", wettert dagegen Angelika Claußen, Vorstandvorsitzende des Vereins Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Eine Organisation, die laut Satzung die friedliche Nutzung der Atomenergie fördere, könne man nur als parteilich bezeichnen. "Die IAEA-Studie, die viele Fakten unterschlägt, ist zu einem Zeitpunkt erschienen, in dem es international um eine Renaissance der Atomenergie geht. Dies als Lobby-Arbeit zu bezeichnen, halte ich noch für untertrieben", so die Trauma-Therapeutin, die sich seit Jahren mit den Folgen von Tschernobyl beschäftigt.
"Das, was wir jetzt sehen, ist doch erst die Spitze des Eisberges", sagt Claußen. Schließlich lägen die Latenzzeiten für die Entwicklung von Krebs bei Erwachsenen bei bis zu 35 Jahren. Allein in der stark verstrahlten Region Gomel in Weißrussland seien aber bereits 50.000 Menschen an Schilddrüsenkrebs erkrankt, man rechne mit insgesamt 100.000 Fällen der Krankheit. Von den etwa 800.000 Liquidatoren seien mindestens 50.000 verstorben und 90 Prozent schwer erkrankt.
Todesursache: Lähmender Fatalismus
Die Gemeinschaftsstudie vom September wittert Gefahr vor allem im Umgang mit der Strahlung: Unwissenheit und Armut hätten die Bewohner der Katastrophenregion dazu verleitet, weiterhin mit radioaktivem Cäsium belastete Lebensmittel wie Wildfleisch, Pilze, Beeren und Gemüse aus dem eigenen Garten zu verzehren. Außerdem hätten "Mythen und Fehlauffassungen" in Bezug auf die Strahlungsgefahr zu einem "lähmenden Fatalismus" bei den Einwohnern geführt, heißt es in der Presseerklärung zu dem Bericht.
Das muntere Fazit des Leiters des WHO-Strahlenprogramms, Michael Repacholi: "Alles in allem ist das Ergebnis eine beruhigende Nachricht." Psychotherapeutin Claußen dagegen behauptet, eine solche Schlussfolgerung sei nur möglich, weil die IAEA noch immer Forschungsergebnisse unter Verschluss halte und unabhängigen Beobachtern selbst den Zugang zu Konferenzen erschwere. Zudem seien bereits neun von zehn unabhängigen Lehrstühlen für Strahlenbiologie in Deutschland abgebaut und durch sogenannte Stiftungsprofessuren ersetzt worden - und die würden nicht selten von Energiekonzernen finanziert, warnt die Ärztin.
Heute wird - im Westen wie im Osten - die Atomenergie wieder als sauber und sicher gepriesen. Die hässliche Fratze der Strahlung, wie sie sich dem US-Mediziner Richard Champlin bei seinem Aufenthalt in Tschernobyl im Mai 1986 zeigte, wird dabei allzuoft vergessen. Champlin berichtete damals der "Los Angeles Times":
"Ein Patient, den ich nicht vergessen kann, war ein etwa 30-jähriger sowjetischer Arzt. In seiner Mundhöhle und auf seinem Gesicht bildeten sich große schwarze Herpes-Blasen, häufig die ersten Anzeichen einer Strahlenvergiftung. Seine Haut löste sich buchstäblich vor unseren Augen auf. Als erstes rötete sich die empfindliche Haut in der Leistenbeuge und unter den Achselhöhlen, dann bildeten sich dort Geschwüre, die sich bald über seinen ganzen Körper ausbreiteten. Nach wenigen Tagen war er mit roten, nässenden Hautverbrennungen übersät. Die Schleimhäute in den Därmen waren zerfallen, und er litt unter schwerem, blutigem Durchfall. Er starb zwölf Tage nach der Explosion, eine Woche nach einer Knochenmarkstransplantation."
Q: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,409013,00.html
Gr.