04.12.2006 16:35
Center-Tainment - Einmal Hölle und zurück? von Bettina Seidl
Eine Firma aus der Schweiz will angeblich die defizitäre Euro Disney kaufen. Doch stecken hinter den Übernahmegelüsten von Center-Tainment ernsthafte Absichten? Börsianer zweifelten daran und schickten die Aktie auf Talfahrt. Das Unternehmen kontert heute mit einer neuen Adhoc-Meldung...
In ihr nimmt es zu angeblichen Kurs-Manipulationen Stellung, unterstreicht ihre Übernahmeabsichten und erklärt, warum die Pressekonferenz in der vergangenen Woche so "unglücklich verlaufen" ist. Doch erst ein mal zu der unglücklichen Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag, auf der die bis dahin vielen Börsianern unbekannte Gesellschaft aus dem schweizerischen Zug ihre Übernahmestrategie vorstellte: Das Unternehmen werde "in den kommenden Tagen" eine Offerte für Europas einziges Disneyland vor den Toren der französischen Hauptstadt vorlegen, sagte Center-Tainment-Verwaltungsratschef Ulf Werner vor den rund 50 Journalisten in Paris. Warten auf das offizielle Angebot Ein offizielles Angebot gab es jedoch nicht. "Unser Rechtsberater ist leider erkrankt. Daher müssen wir die Abgabe eines Angebots verschieben", erklärte Kurt Andreesen, der als unabhängiger Investmentbanker für Center-Tainment vorgestellt wurde. Deshalb wurden auch nur die "Eckpfeiler einer möglichen Übernahmeofferte" vorgestellt: Die besagen, dass Euro-Disney-Aktionäre umgerechnet etwa elf Cent durch Tausch in Center-Tainment-Aktien erhalten sollen. Dadurch ergebe sich "eine reizvolle Prämie auf den aktuellen Kurs der Euro-Disney-Aktien", wie das Unternehmen betonte. In der Tat war der Aktienkurs von Euro-Disney deutlich günstiger. Die Papiere verbilligten sich am Donnerstag um einen Cent auf acht Cent. Am Vortag waren sie allerdings gestiegen, als erste Gerüchte über ein bevorstehendes Gebot aufkamen.
Nichts als Zweifel Doch rechten Glauben schenken wollten die Journalisten der Veranstaltung nicht. Nicht nur, dass die Übernahme als kaum finanzierbar gilt. Schließlich sitzt Euro Disney auf einem Schuldenberg von 1,6 Milliarden Euro. Analysten verwiesen zudem darauf, dass die Aktionärsstruktur eine feindliche Übernahme schwierig machen. Euro Disney ist zu knapp 40 Prozent im Besitz von Walt Disney. Der saudische Prinz Alwaleed hält indirekt zehn Prozent. 46 Briefkastenfirmen Auch konzeptionell konnten die Center-Tainment-Leute nicht recht überzeugen. Sie wollen die Euro-Disney-Führung durch eine eigene Management-Mannschaft ersetzen. Diese habe "Jahrzehnte lange Erfahrung in der Freizeitindustrie", etwa im "Hallenfußball". Wer sind denn diese Leute, die hinter dem Konzept von Center-Tainment stehen? "Dazu können wir leider noch nichts sagen", hieß es lapidar auf der Pressekonferenz. Und so ist es mehr als verständlich, dass die Presse-Resonanz auf die 'Vielleicht-Übernahmeerklärung' äußert skeptisch ausfiel. Auch die Recherche nach Center-Tainment bringt keine Klarheit. Sie wirft eher noch mehr Fragen auf. Auf der Suche nach einer Telefonnummer wird die Telefonauskunft jedenfalls nicht fündig. Dafür gibt es aber unter der Adresse "Baarerstr. 135" im schweizerischen Zug 46 andere Telefon-Einträge - wohl eine Briefkasten-Adresse, wie es sie zu Zehntausenden Firmen in der Steueroase gibt. Achterbahn mit Center-Tainment Seit gut zwei Monaten erst an der Börse hat die Aktie von Center-Tainment schon ein sehr bewegtes Kursleben hinter sich. Die Titel starteten am 27. September zu 1,25 Euro auf dem Frankfurter Parkett. Bis Anfang November schraubte sich der Kurs hinauf bis auf 34,50 Euro - damals noch größtenteils zu äußerst geringen Umsätzen. Zum Teil gingen nicht einmal 100 Stück um. Dann am Donnerstag das Übernahmeangebot: Die Aktie rauscht gleich dem Sturz mit der Achterbahn wie im freien Fall in die Tiefe. Am Mittwoch noch bei 20 Euro ging es am nächsten Tag abwärts bis auf zwei Euro. Mittlerweile ist das Papier ein Pennystock. Die Kursbewegungen dennoch nichts für schwache Gemüter: Der Kurs verdoppelte sich zunächst am Montag bis auf 1,36 Euro. Dann drückte die rasante Höllenfahrt die Titel bis auf 0,51 Euro. Da fragt man sich, wie die Centertainment-Aktie jetzt noch als Tausch-Währung für den Euro-Disney-Deal herhalten soll. Center-Tainment will aufklären In der heutigen Adhoc-Mitteilung gibt sich Center-Tainment bemüht, die Kursbewegungen zu untersuchen. Man habe diese "zum Anlass genommen, mit den bekannten größeren Aktionären deren Positionen abzustimmen". Dabei habe man keine "nennenswerten" Abweichungen feststellen können. Angeblich habe es Hinweise aus Banken-Kreisen gegeben, die über angebliche "naked shorts" Vermutungen angestellt hätten, heißt es in der Mitteilung. Unter Naked Shorts versteht man eine Art der Kursmanipulation, bei der Betrüger eine Aktie leer verkaufen, also ohne sie zu besitzen, und anschließend die Aktien auch nicht liefern. Wie Center-Tainment unter Verweis auf diese Banken-Kreise schreibt, sei die Aktie geshortet worden, "um ein Bewertungsniveau zu erzeugen, dass die Annahme einer Aktientauschofferte durch freie Aktionäre der Euro Disney unattraktiv macht." Die Kursverluste derart zu erklären ist eine Variante. Möglicherweise zweifeln Anleger aber auch einfach an dem Geschäftsmodell und an der Seriosität des Unternehmens. Jedenfalls äußern sie in Aktienforen bei wallstreet-online.de ganz unverblümt ihre Skepsis. Sie fühlen sich erinnert an Leasing.99 und Cobracrest - es waren keine angenehmen Erinnerungen.
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