| | | | Umstrittene Mohamed-Karikaturen in "France-Soir" (dpa) | | | | 01. Februar 2006
Islamischer Bildersturm: "Nicht steuerbare Kräfte"Der Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen hat sich am Mittwoch mit neuen Massendemonstrationen in islamischen Ländern, aber auch der erneuten Veröffentlichung der Zeichnungen in Frankreich ausgeweitet. Die Boulevardzeitung «France-Soir» begründete den Abdruck der von Muslimen in aller Welt heftig kritisierten zwölf Karikaturen auf der Titelseite mit dem Satz: «Ja, man hat das Recht, Gott zu karikieren.» Begleitet wurde dies von einer Karikatur, die die buddhistischen, jüdischen, muslimischen und christlicher Götter auf einer Wolke zeigt. Im Innenteil des Blattes werden dann die dänischen Karikaturen gezeigt. Dazu heißt es: «Das Erscheinen der zwölf Zeichnungen in der dänischen Presse hat in der muslimischen Welt Emotionen ausgelöst, weil dort die Darstellung Allahs und seines Propheten verboten ist. Aber kein religiöses Dogma kann einer demokratischen und säkularen Gesellschaft auferlegt werden, 'France-Soir' druckt deshalb die kritisierten Karikaturen.» In Tunis hatten 17 Innenminister aus den Ländern der Arabischen Liga am Vorabend von der Regierung in Kopenhagen die Bestrafung der Verantwortlichen für die schon vier Monate zurück liegende Veröffentlichung im dänischen Blatt «Jyllands-Posten» verlangt. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa demonstrierten zehntausende Frauen gegen die dänische Zeitung. Wütende Studentinnen verbrannten dänische Fahnen. Sie trugen Transparente mit Aufschrift wie «Eine Beleidigung unseres Propheten ist eine Beleidigung für uns» und «Unterstützt den Islam durch den Boykott dänischer Produkte» fest.-- Zeitung gibt sich geschlagenAngesichts der massiven Proteste erklärte die Zeitung «Jyllands-Posten» den von ihr betriebenen «Kampf um die Meinungsfreiheit» durch Veröffentlichung der Mohammed- Karikaturen für verloren. Chefredakteur Carsten Juste sagte: «Ich muss zutiefst beschämt zugeben, dass die anderen gewonnen haben.» Er hätte vor vier Monaten niemals die Zustimmung zum Abdruck der Zeichnungen gegeben, wenn ihm die Folgen damals schon klar gewesen wären. Das Blatt wollte nach eigenen Angaben mit den Zeichnungen ein Zeichen gegen zunehmende Selbstzensur aus Angst vor islamistischem Druck setzen. "Nicht steuerbare Kräfte"Dänemarks Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen meinte ebenfalls in «Berlingske Tidende», sein Land müsse es nun «mit nicht steuerbaren Kräften» aufnehmen. «Es erfordert einen ganz besonderen Einsatz, um diese wieder dämpfen zu können», sagte Rasmussen weiter. Er warnte vor allen Aktionen gegen muslimische Zuwanderer in Dänemark. Das Fernsehen berichtete dazu von per SMS verbreiteten Boykottaufrufen gegen islamische Geschäfte in Dänemark, hinter die sich auch zwei prominente Abgeordnete der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei (DVP) stellten. Diese agiert parlamentarisch als Mehrheitsbeschaffer für die Minderheitsregierung von Rasmussen. Aufruf zu AnschlägenDie Büros der «Jyllands-Posten» in Kopenhagen und im Westen Dänemarks mussten am Dienstagabend geräumt werden, nachdem ein Anrufer vor Bomben gewarnt hatte. Die Polizei durchsuchte die Gebäude, fand aber keine Sprengsätze. Im Internet riefen irakische Aufständische ihre Anhänger zu Anschlägen in Dänemark und Norwegen auf. Eine der Karikaturen zeigt Mohammed mit einem Turban in Gestalt einer Bombe samt brennender Zündschnur. Auf einer weiteren Zeichnung hat er ein Schwert in der Hand. «Jyllands-Posten» veröffentlichte sie bereits am 30. September, eine norwegische Zeitung druckte sie im Januar nach. Nachdruck in Deutschland umstrittenDer Deutsche Journalistenverband (DJV) hat den Nachdruck von Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen kritisiert. Entscheidend sei die Ziffer 10 des Pressecodex, sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner der «Netzeitung». Danach seien «Veröffentlichungen in Wort und Bild, die das sittliche oder religiöse Empfinden einer Personengruppe nach Form und Inhalt wesentlich verletzen können, mit der Verantwortung der Presse nicht zu vereinbaren». Die zunächst in der dänischen Zeitung «Jyllands-Posten» erschienenen Zeichnungen haben eine Protestwelle in der arabischen Welt ausgelöst. Der Presserat habe in ähnlichen Fällen bereits Rügen erteilt, in denen allerdings das christliche Empfinden verletzt wurde, sagte Zörner nach Angaben der «Netzeitung». Er räumte ein, die Zeitungen könnten mit der Chronistenpflicht argumentieren. Es sei verständlich, wenn sie den Lesern zumindest zeigen wollen, worum es bei dem Konflikt gehe. Dafür hätten sich die betreffenden Zeitungen aber auf eine einzelne Karikatur beschränken sollen. Der Presserat dagegen reagierte zurückhaltend. Wenn Beschwerden über die Abdrucke eingingen, werde man prüfen, ob sie gegen den Pressecodex verstoßen, sagte Arno Weyand vom Presserat der «Netzeitung». Da die Zeitungen aber nicht Urheber der Karikatur seien, könne man ihnen möglicherweise nichts vorwerfen. Eine Rüge des Presserats zu diesem Zeitpunkt sei auf jeden Fall ausgeschlossen. (N24.de, dpa, AP) <!--nachrichtentext ende -->
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