Zeitarbeitsfirmen müssen Nachzahlungen in Milliardenhöhe befürchten. Die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) war auch schon in den vergangenen Jahren nicht tariffähig, wie das Arbeitsgericht Berlin am Montag entschieden hat (Az: 29 BV 13947/10). Die Spitzenorganisation der christlichen Zeitarbeitsgewerkschaften habe demnach in den Jahren 2004, 2006 und 2008 keine wirksamen Tarifverträge abschließen können. Leiharbeitnehmer können deshalb möglicherweise eine Gleichstellung mit der Stammbelegschaft der Entleiher verlangen, betonte das Arbeitsgericht. Für die Zeitarbeitsfirmen wird es dadurch wahrscheinlicher, dass sie erhebliche Lohnnachzahlungen leisten müssen. Entsprechend der höheren Löhne wären zudem Sozialbeiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung rückwirkend nachzuzahlen. Denn ohne wirksame Tarifverträge fehlt die zwingende Voraussetzung dafür, in der Zeitarbeitsbranche vom Equal- Pay-Gebot abzuweichen. Danach haben Leiharbeitnehmer Anspruch auf den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft, sofern für die Leiharbeiter nicht ein eigenständiger Tarifvertrag gilt. Durch den flächendeckenden Abschluss der CGZP-Tarifverträge wurde eine geringere Bezahlung der Leiharbeiter in Deutschland zum Regelfall. Der Beschluss zeigt die Konsequenzen aus einer Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom Dezember auf. Darin hatte das BAG für den Zeitpunkt der Entscheidung festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig war, weil sie sich in ihrer Satzung für einen weiteren Organisationsbereich tarifzuständig erklärte, als ihre Mitgliedsgewerkschaften überhaupt abdeckten. Das Arbeitsgericht Berlin folgte nun den Gründen der Bundesarbeitsrichter. Konkrete Nachzahlungen wurden in Berlin aber nicht angeordnet. Diese müssen in einem weiteren Verfahren festgelegt werden. Derzeit sind einige Klagen von Zeitarbeitern auf Lohnnachzahlung bei dem Gericht anhängig. ?Die bisher eingegangenen Klagen entsprechen zwar noch nicht dem Umfang, den man erwarten würde. Da kommt aber sicherlich noch mehr?, sagte die Berliner Arbeitsrichterin Andrea Baer dieser Zeitung. Der Arbeitnehmerverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), eine von vier Mitgliedsgewerkschaften der CGZP, kündigte an, Beschwerde einzulegen. Solange keine Rechtskraft eintrete, fehle es an der Rechtsgrundlage für Nachzahlungen, sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Hetz. Die Deutsche Rentenversicherung hat den Leiharbeitsfirmen nach der Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts bis zu diesem Dienstag Zeit gegeben, Entgeltmeldungen und Lohnnachweise entsprechend zu korrigieren. Sonst würden Säumniszuschläge erhoben. In der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Berlin im April hatte der Rechtsanwalt Mark Lembke von der Kanzlei Greenfort vor den Folgen gewarnt, wenn die Tarifverträge auch für die Vergangenheit für unwirksam erklärt werden. In bis zu 5 Millionen Fällen müssten vergleichbare Gehälter zwischen Stammbelegschaft und Zeitarbeitsfirmen ermittelt werden. Es sei ?schlicht nicht möglich?, im Nachhinein höhere Löhne für die rund 200 000 betroffenen Zeitarbeitnehmer abzurechnen. ?Es geht um 2 Milliarden Euro die allein an Sozialversicherungsbeiträgen nachzuzahlen wären?, sagte der Arbeitsrechtler, der den AMP vertritt. Betroffen seien 1100 Mitgliedsunternehmen des AMP und 3000 weitere Zeitarbeitsfirmen. ----------- we h rt sich jemand ?
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