BILD: Ehrloses Klatschblatt für Schwachköpfe
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interessant
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gut analysiert
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informativ
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Auch wenn die Frage offen bleibt - was wollte der Hansel eigentlich mitteilen? Mit dieser ziemlich sinnfreien Aneinanderreihung von Sätzen?
Gruß
Talisker
Liebe schöne Landrätin Gabriele Pauli,
gestern waren Sie Spitzengast bei Frau Christiansen. Und wenn Sie wollten, würden Sie auch einen Spitzenplatz im ?Borchardt? kriegen, dem Restaurant der Mächtigen der Hauptstadt. Sie sind die Polit-Berühmtheit der Republik.
Wer ist Claudia Roth, Frau Künast, wer Frau Merkel? Sie sind voyeuristisch eine Badezimmerspiegel-Schönheit, politisch sind Sie eine Bombe. Äußerlich sexy. Ihre Fingernägel sind french manikürt, weiß an den Spitzen.
Ihr rotes Haar ist wie eine Flamme. Ein Foto zeigt Sie in Lederkleidung auf Ihrem schweren Ducati-Motorrad. Sie sind zweimal geschieden, Sie haben eine 19-jährige Tochter, und Sie sehen aus wie ein Kracher. Sie haben sich vorgenommen, den bayerischen Ministerpräsidenten zu killen.
Ich denke, dass Sie verlieren werden. Stoiber ist altmodisch, wie wir alle. Sie sind ein New-Girl. Eine flippige Frau Mitte/Ende 40. Zwei Erkenntnisse für mich. Erstens: Wie schön sind diese Frauen um die 50. Zweitens: Und wie mutig sind sie.
Herzlichst
Ihr F. J. Wagner
Jetzt können Sie Franz Josef Wagner auch eine E-mail schreiben: fjwagner@bild.de
[klar, mach ich sofort]
http://www.bild.t-online.de/BTO/news/standards/...7/01/08/wagner.html
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Zugegeben, wir hatten so unsere Zweifel, ob man bei Bild.de Leser-Reporter-Fotos vor der Veröffentlichung auch wirklich überprüft (oder anschaut). Jetzt aber haben wir den Beweis, dass irgendjemand bei Bild.de sich zumindest die Mühe macht, herauszufinden, ob ein eingesandtes Leser-Foto auch wirklich vom Einsender aufgenommen wurde:
Die Entscheidung, ob es veröffentlicht wird oder nicht, scheint davon aber nur zum Teil abhängig zu sein.
Mit Dank an Marcus S.!
Nachtrag, 14.40: Die Frage, ob das auf Bild.de veröffentlichte Leser-Foto auf Bild.de veröffentlicht werden soll, obwohl es "aus dem Netz" stammt, wurde inzwischen entfernt und beantwortet.
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Politik, aus der Gosse gemacht
Stephan Speicher
Es ist schon einige Jahrzehnte her, nur Ältere erinnern sich noch daran, da war an der Rezeption gutbürgerlicher Hotels in Westdeutschland die Bild-Zeitung nicht zu haben. Das Publikum solcher Hotels las so etwas nicht. Und das nicht, weil es gegen die politische Linie Springers gewesen wäre, gegen Marktwirtschaft, ein enges deutsch-amerikanisches Verhältnis oder die Aussöhnung mit Israel. Man verachtete ganz einfach die Bild-Zeitung als ein Revolverblatt, wie es damals hieß. Die Spekulation auf die niedrigsten Instinkte sollte an der eigenen Person jedenfalls scheitern. Man hat seither viel Nachteiliges über das Bürgertum der Fünfziger- und Sechzigerjahre gesagt, durchaus zu Recht. Aber es war nicht alles schlecht.
Mittlerweile hat sich die Bild-Zeitung, obwohl ihre Auflage seit Jahren sinkt, eine gewisse Beachtung auch in sogenannten besseren Kreisen verschafft, wo man im Kokettieren mit dem, was man "schräg" oder "kultig" findet, seine Vorurteilslosigkeit beweist. Und so kam es, dass in diesen Tagen ein solches Organ in den Streit um Stoiber eingreifen kann, indem es über einen möglichen Nachfolger schreibt, er habe eine Geliebte, die von ihm schwanger sei. Wie kommt so eine Nachricht zustande? Wer nach dem Nutzen der Indiskretionen fragt, der stößt auf Stoiber, dessen Büro in der Sache Gabriele Pauli ja schon einen ungünstigen Eindruck machte. Aber wie armselig wäre ein Politiker, dessen schärfste verbliebene Waffe die eigene eheliche Treue wäre? Stoiber jedenfalls hat den naheliegenden Verdacht gleich scharf dementiert und damit vielleicht sogar die Wahrheit gesagt.
Denn einen Nutzen aus der Geschichte zieht die Bild-Zeitung selbst, die seit je mit der Mischung aus Spannertum und sittlicher Empörung ihre Leser befriedigt. In einem nicht genug zu rühmenden Buch hat Gerhard Henschel das mit einer Fülle von Beispielen beschrieben, "Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bild-Zeitung". Am 14. 2. 2006 etwa hieß es in Bild: "Raus mit dem Puff-Politiker!" Der beschädige das Ansehen des Deutschen Bundestages. Drei Tage später wälzt sich Heiner Lauterbach im Blatt: "So wild trieb ich's im Puff". So treibt's jenes Blatt, das nun die CSU Mores lehren möchte.
Gern wird in Bild die "Titelmieze" mit Zoten vorgestellt: Mal möchte sie "am Schaltknüppel rütteln", dann "wartet sie auf ein HOCH" oder "wird pitschenass". Wie jemand sein Sexualleben führt, ist allein seine Sache und die seiner Partner; viel ist zulässig, solange es einvernehmlich unter Erwachsenen geschieht. Es geht nicht darum, irgendjemandem seine Freuden zu verleiden. Aber was ist es für eine Gesellschaft, die sich täglich, millionenfach und öffentlich anzoten lässt? Vor Monaten fragte sich die Süddeutsche Zeitung, wer noch "vorbehaltlos Chefredakteur Kai Dieckmann, Verlagschef Mathias Döpfner und Verlegerin Friede Springer begegnen könne". Dass sie "geachtete Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft bleiben können, das ist das eigentlich unfassbare Skandalon".
Darum geht es. Was würde Mathias Döpfner tun, wenn jemand seine Frau so anspräche, wie er vermittels der Bild-Zeitung ein ganzes Land ansprechen lässt? Man möchte selbst dieser jemand nicht sein, wer wollte sich so ordinär geben? Und allerdings ist juristisch zwischen Kollektiv- und Individualbeleidigung zu unterscheiden. Aber es ist ein sinnvolles Gedankenexperiment, das, was täglich aus der Bild-Zeitung rinnt, auf jene Individuen zu beziehen, die dafür verantwortlich sind.
Ein echtes Experiment wird gerade mit dem Leben Seehofers veranstaltet, in dem die Bild-Zeitung herumschnüffelt. Was geht uns das Eheleben dieses Politikers an? Was sagt es über seine Haltungen und Fähigkeiten? Die Bild-Zeitung meint, dass sich Seehofer mit seiner "heilen Familie als Wahlkampfschlager" darstelle; daran messe man ihn. Aber das stimmt nicht. Seehofer hat sich nie als Tugendbläser gegeben. Und die öffentliche Inszenierung des Familienlebens gehört zu den Opfern, die Politiker den Medien bringen müssen. Daraus, dass man gern hinter der Eckbank hockt, auch noch das Recht abzuleiten, im Schlafzimmer sich umzusehen, ist dreist.
Gern wird über das geringe Niveau der Politik geklagt. Aber wer will sich noch einer Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, die mit der Bild-Zeitung und ihren Konsorten im Privatleben herumschnüffelt? Was? Über die Bild-Zeitung werde täglich am Kiosk abgestimmt? Hier spreche sich das Interesse weiter Kreise der Bevölkerung aus? Eine Bevölkerung, die solche Interessen hat, braucht über ihre Politiker kein kritisches Wort zu verlieren.
Berliner Zeitung, 17.01.2007
Quelle. http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/meinung/620865.html
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Horst Seehofer gilt als möglicher Stoiber-Erbe. Jetzt tauchen Berichte aus seinem Privatleben auf, die offenbar darauf abzielen, ihn zu diskreditieren. Die CSU ist empört, doch woher kommen die Gerüchte?
Horst Seehofer ist einer der beliebtesten CSU-Politiker. Er gilt als erster Anwärter für den Posten des CSU-Chefs, falls Edmund Stoiber den Vorsitz niederlegt.
Ausgerechnet jetzt, da sich die Führungskrise der Christsozialen dem Siedepunkt nähert, tauchen unschöne Gerüchte um Seehofer auf: Die Bild-Zeitung berichtet, dass der verheiratete Seehofer eine 32-jährige Freundin in Berlin habe, die im vierten Monat schwanger sei.
Das wirft einige Fragen auf: Wer hat ein Interesse daran, Seehofer jetzt zu diskreditieren? Lebt eine spezielle Machart der CSU-Intrige wieder auf? Und vor allem: Woher kommen diese Gerüchte?
Nach Ansicht des CSU-Landtagsabgeordneten Sebastian von Rotenhan, der sich mehrmals explizit für einen sofortigen Stoiber-Abgang ausgesprochen hat, könnte dieser Schmutz aus Stoibers Umfeld kommen.
Bild: Gerüchte nicht von der Staatskanzlei gestreut
Er bedauere seit langer Zeit, ?dass im Umfeld der Parteiführung und des Ministerpräsidenten sich offenbar Gewächse entwickelt haben, die da nicht hingehören?, sagte Rotenhan am Dienstag im RBB-Inforadio.
Ob die Gerüchte um Seehofers angebliche Geliebte direkt aus der Staatskanzlei lanciert worden seien, könne er nicht sagen. ?Aber es kommt auf jeden Fall aus dem Umfeld, aus dem Biotop oder aus dem Ökosystem, das der Ministerpräsident hat wuchern lassen.?
Der stellvertretende Chefredakteur der Bild-Zeitung, Jörg Quoos, wies Schuldzuweisungen an die Staatskanzlei zurück: ?Die Behauptung, Gerüchte um Minister Seehofer wären gezielt aus dem Umfeld der Staatskanzlei an ?Bild? gestreut worden, ist blanker Unsinn.?
Straubinger: Ich glaube nicht, dass das Zufall ist
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger vermutete, dass die Berichte auf gezielten Indiskretionen beruhten, die darauf ausgerichtet seien, Seehofer und der CSU zu schaden. ?Ich glaube nicht, dass das Zufall ist?, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Es sei ?ein unglaublicher Vorgang, hier private Dinge in die Politik hinein zu tragen. Ich verurteile das aufs Schärfste.?
Auch wenn sich die Quellen-Frage im Moment nicht klären lässt, herrscht in der Partei Empörung vor.
CSU-Chef Edmund Stoiber betonte, er finde das Streuen solcher Gerüchte ?unanständig?. Stoiber betonte: ?Horst Seehofer hat mein uneingeschränktes Vertrauen und das Vertrauen der CSU.? Der bayerische Ministerpräsident bezeichnete den Bundeslandwirtschaftsminister als ein ?politisches Alpha-Tier? und fügte hinzu: ?Er ist und bleibt für höchste Ämter erste Wahl.?
Pauli sieht politische Kampagne
CSU-Vizechefin Barbara Stamm betonte: ?Das ist unterste Schublade.? Stamm vermutet interessierte Kreise hinter dem Bericht. ?Hier wurde eine Grenze überschritten. Jetzt sind wir wirklich im untersten Keller gelandet?, sagte Stamm. Die aktuelle Situation erinnere sie an ihre eigene Vergangenheit, sagte Stamm, die 2001 nach massivem innerparteilichen Druck als bayerische Gesundheitsministerin zurückgetreten war.
?Ich habe das alles selbst schon einmal erlebt und wünsche es meinem schlimmsten Feind nicht?, sagte die stellvertretende CSU-Chefin.
Auch die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU) wertete die Berichterstattung über Seehofer als Teil einer politischen Kampagne.
SPD spricht von moralischer Verkommenheit der CSU
?Eine solche Schlagzeile ist das, was man wohl auch in meinem Fall gern gehabt hätte?, sagte Pauli. ?Es ist der erneute Versuch, einen Politiker durch angebliche Privatgeschichten politisch zu diskreditieren?, sagte die Stoiber-Kritikerin. Sie hoffe, dass die Öffentlichkeit erkenne, ?dass hier schmutzige Wäsche gewaschen wird, um jemandem bewusst zu schaden?.
Landtagspräsident Alois Glück (CSU) wandte sich gegen den Eindruck, dass es sich um eine gesteuerte Aktion aus Teilen der CSU handeln könnte. Er habe keinen Anlass, diese Angelegenheit mit seiner Partei ?in Verbindung zu bringen?, sagte Glück. Zugleich drückte er sein Bedauern aus, dass das Privatleben eines Politikers Gegenstand der Berichterstattung geworden sei.
Für Bayerns SPD-Vize Florian Pronold ist der Vorgang ein Zeichen, ?mit welch üblen Machenschaften innerhalb der CSU agiert wird?. Anscheinend solle Seehofer durch gezielte Indiskretionen fertig gemacht werden. ?Das Ganze hat Methode und zeigt die moralische Verkommenheit innerhalb der CSU?, sagte Pronold.
(sueddeutsche.de/AP/dpa)
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt1l1/deutschland/artikel/280/98182/
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Horst Seehofer und die SchmuddelkampagneDas jüngste GerüchtAnders als viele Kollegen hat Horst Seehofer die Politisierung seines Privatlebens nicht mitgemacht - und doch muss er unter diesem zweifelhaften Trend leiden. |
Neue Zeiten, alte Zeiten. Bundeskanzler Konrad Adenauer tat einstmals Gerüchte über homosexuelle Neigungen seines Außenministers Heinrich von Brentano mit dem gelassenen Satz ab: "Was wollen Sie denn, meine Damen und Herren, bei mir hat er es noch nicht versucht." |
Minister Seehofer hat, so wurde es am Montag in der Bild-Zeitung auf dem Höhepunkt der CSU-Krise vermeldet, eine Geliebte; am Dienstag folgte dann das Gerücht über deren Schwangerschaft. Die Publikation stand nicht im Zusammenhang mit Äußerungen Seehofers zur Familienpolitik, sie kontrastierte nicht irgendwelche politischen Äußerungen des Ministers. |
Das Sprichwort sagt: Wer sich in Gefahr begibt, der kommt drin um. Nicht jeder Politiker ist von der Sorte Franz Josef Strauß, dem die Prostituierten-Affäre in New York nicht geschadet hat; er konnte auch Nutzen aus seinen Skandalen ziehen. |
Auch über Adenauers Privatleben wurde einst geschrieben: Damals waren es aber nur die Rosen, die der alte Herr züchtete; die hat er gern hergezeigt. Heute zeigen Politiker gern ihr Privatleben - solange sie glauben, dass ihnen das nutzt. Nach amerikanischem Vorbild werben sie damit für ihre Politik. |
Ressort: Deutschland
URL: www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/434/98336/article.html
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Schräg, kultig, schmutzig? Mit sinkender Auflage und wachsender Hysterie? "Bild" enthüllte, dass der CSU-Politiker Horst Seehofer eine "heimliche Freundin" habe, die von ihm im 4. Monat schwanger sei. Deshalb ist "Bild" heute auch Thema in anderen Medien. Ein kleine, unvollständige Presseschau:
Mittlerweile hat sich die Bild-Zeitung, obwohl ihre Auflage seit Jahren sinkt, eine gewisse Beachtung auch in sogenannten besseren Kreisen verschafft, wo man im Kokettieren mit dem, was man "schräg" oder "kultig" findet, seine Vorurteilslosigkeit beweist. Und so kam es, dass in diesen Tagen ein solches Organ in den Streit um Stoiber eingreifen kann, indem es über einen möglichen Nachfolger schreibt, er habe eine Geliebte, die von ihm schwanger sei. (?) [E]inen Nutzen aus der Geschichte zieht die Bild-Zeitung selbst, die seit je mit der Mischung aus Spannertum und sittlicher Empörung ihre Leser befriedigt. (?) Wie jemand sein Sexualleben führt, ist allein seine Sache und die seiner Partner (?). Es geht nicht darum, irgendjemandem seine Freuden zu verleiden. Aber was ist es für eine Gesellschaft, die sich täglich, millionenfach und öffentlich anzoten lässt?
Das Blatt selbst hat sich in der Überschrift des ersten Artikels zutreffend charakterisiert: Da steht das Wort "schmutzig". Dieser Selbstbeurteilung kann man nicht widersprechen, denn auf diesem Terrain kennt das Blatt sich aus.
(Link von uns.)
Die "Bild" verliert seit zehn Jahren kontinuierlich an Auflage. Mit wachsender Hysterie sucht sie nach Knallern, mit denen sich Auflage machen lässt. Und bei Politikern hat sie keine Hemmungen, schließlich sind da die Anzeigenkunden außen vor. Wenn es um Wirtschaftsthemen geht, sucht die "Bild" viel eher Möglichkeiten der Kooperation - deutlich erkennbar zum Beispiel beim Fall Dieter Bohlen und "Deutschland sucht den Superstar". Das hat nichts mehr mit Journalismus zu tun, hier geht es um Win-Win-Geschäftsmodelle.
In gut informierten Berliner Kreisen wird eine ganz andere Version gehandelt: Seehofers Freundin selbst soll das Boulevardblatt informiert haben. Und zwar, weil der Minister mit ihr Schluss machen und zur Familie zurückkehren wollte, heißt es. Bild soll die Story schon seit Wochen in der Schublade gehabt haben und nur auf einen günstigen Zeitpunkt zur Veröffentlichung gewartet haben.
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Rätselhafte Plakataktion
Exkremisten gegen "Bild"?
Unbekannte haben in München die Bild-Zeitungskästen mit absurden Titeln überklebt. Und kaum einer hat´s gemerkt.
Von Doris Näger
weiter in der Süddeutschen
Wieso sollten Bildleser das merken?
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Die "Welt" erklärt, wie das Schwesterblatt "Bild" auf die (offenbar falsche) Idee einer Kabinettsumbildung kam
Justizressort
Die Personalrochade, die nicht stattfindet
Eigentlich, so schien es, strebte Ministerin Zypries schon länger nach einem Posten beim Bundesverfassungsgericht. Doch kaum meldet eine Zeitung, der Wechsel stünde tatsächlich bevor, kommt das knallharte Dementi. WELT ONLINE erklärt, wie es dazu kam
Volontäre gehören zu den regelmäßigen Gästen der Regierungspressekonferenz in Berlin, aber nicht alle haben bei ihren Besuchen das Glück, gleich etwas fürs Berufsleben zu lernen Die Volontäre der Evangelischen Medienakademie haben es. Nachdem sie an diesem Montagmorgen einiges über den Polen-Besuch der Kanzlerin, konkrete und abstrakte Gefährdungslagen in Deutschland, die Rohstoffsituation auf dem Mond und anderen Zutaten des veranstaltungsgemäßen Themenpotpourris zu hören bekamen, lernen sie, was ein knallhartes Dementi ist ? und wie es sich anhört. Weiterführende links
Eva Schmierer, die Sprecherin des Bundesjustizministeriums, trägt es vor, im Namen ihrer Chefin Brigitte Zypries. Meldungen, wonach die Justizministerin im kommenden Jahr ans Bundesverfassungsgericht wechselt, ?treffen nicht zu?, sie seien ?gegenstandslos?. Frau Zypries habe dies in einem Interview mit dem ?Darmstädter Echo? selbst noch einmal erklärt ? ?und an dieser Erklärung wird sich auch in drei, sechs oder zehn Monaten nichts ändern.? Wie gesagt: Die Volontäre lernen, was ein knallhartes Dementi ist ? und diverse SPD-Granden sowie ein Bundesminister der Union, dass sie künftig besser zuhören sollten, wenn die Justizministerin etwas sagt. Oder überhaupt mal. Die ?Bild"-Zeitung, hier liegt das Dementi begründet, berichtete in ihrer Montagsausgabe, in der großen Koalition stehe die erste Kabinettsumbildung an. Zypries solle Anfang 2008 dem derzeitigen Vorsitzenden des zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, im Amt folgen, der dann aus Altersgründen ausscheidet. Und Olaf Scholz, so geht die Geschichte weiter ? derzeit parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion ?, ihr Nachfolger werden. Die Zustimmung der Kanzlerin sei Formsache.
Würde Scholz das wirklich wollen?
Im Berliner Politikbetrieb wird über diese Personalrochade, vor allem den ersten Teil, schon länger gemunkelt. Aus hohen SPD-Kreisen, Fraktion wie Partei, war schon vor Monaten zu hören, dass die Juristin Zypries Ambitionen hege, Verfassungsrichterin werden zu wollen. Ambitionen, denen allein schon deshalb realistische Chancen auf Umsetzung eingeräumt wurden, weil das Vorschlagsrecht für die Hassemer-Nachfolge turnusgemäß bei der SPD liegt ? und die Zahl geeigneter sozialdemokratischer Kandidaten weit davon entfernt ist, unübersichtlich zu werden. Bei Olaf Scholz, dem genannten Nachfolgekandidaten, liegt die Sache etwas anders. Der 48-jährige Hamburger ist zwar auch Jurist, bringt aus seiner Zeit als Innensenator der Hansestadt Regierungserfahrung mit und hat nach seinem durchaus glücklosen Agieren als SPD-Generalsekretär in der Fraktion ein stilles, wenngleich wirkungsmächtiges Comeback so überzeugend hingelegt, dass er längst wieder als ministrabel gilt. Doch Justizminister? Ist das nicht ein wenig zu unpolitisch, zu fachspezifisch, zu wenig erste Reihe, wenn man, wie Scholz, auch als Anwärter für den Fraktionsvorsitz gehandelt wird? Vor allem, wenn der Amtsinhaber, in diesem Fall Peter Struck, in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr für den Bundestag kandidieren will?Wenn der Job plötzlich Spaß macht
Wie dem auch sei. Was die Geschichte um Personalrochade und Dementi zu einem bemerkenswerten Vorgang macht, ist etwas anderes. Die Informationen über den Zypries-Wechsel stammen aus höchsten Koalitionskreisen. Noch am Wochenende habe man telefoniert und sich die Geschichte bestätigen lassen. Dies lässt den Schluss zu: Die Großen in der großen Koalition haben sich darauf geeinigt, Zypries ans Verfassungsgericht zu transferieren ? und ganz vergessen nachzufragen, ob die Betroffene, dass, was sie immer wollte, immer noch will. Dass sie nicht will, wissen sie jetzt. Und rätseln über das Warum. Zypries selbst nennt in einer Presseerklärung Gründe: das Vertrauen der Menschen in ihrem Wahlkreis Darmstadt-Dieburg etwa. Oder die Beschädigung des Ansehens des ?höchsten deutschen Gerichts?, die durch einen direkten Wechsel aus Regierungsverantwortung ?nicht auszuschließen wäre?. Etwas Drittes erwähnt sie nicht, dürfte aber auch ein Grund sein: Zypries macht ihr Job zunehmend Spaß. Im rot-grünen Kabinett kaum öffentlichkeitswirksam, hat sie in der großen Koalition ihre Rolle gefunden: Als Gegenspielerin von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigt sie die Bürgerrechte gegen die Begehrlichkeiten der Sicherheitspolitik. Dafür muss sie nicht nach Karlsruhe, das kann sie auch in Berlin. Gut, dass es jetzt auch das Kabinett weiß. Und die SPD auch. Quelle: http://www.welt.de/politik/article757867/...ie_nicht_stattfindet.htmlOptionen
Gott auf dem Gänsemarkt
28. Apr 10:09
Kai Diekmann ist einer der mächtigsten deutschen Journalisten. Für ein neues Buch über «Alpha-Journalisten» hat Roger Boyes ein faszinierendes Porträt geschrieben, das wir hier exlusiv abdrucken.
«Wie viel verdienen Sie?» Kai Diekmann runzelte die Stirn, schob seine Brille zurück und verstummte. Er wusste, dass es eine nur allzu logische Frage war, an einem Tag an dem sich die Titelmieze ? Jenny aus Oberhausen (23) ? und eine Umfrage über deutsche Durchschnittsgehälter die Titelseite der Bild teilten. Geld und Sex; Sex und Geld.
«Ich habe 80 Paar Schuhe und keinen Mann», sagt Jenny. Die Zahlen der Umfrage ?«Bild»-untypisch kleingedruckt ? sind ähnlich aufschlussreich: Ein Arzt (West) verdient 3.586 Euro, ein Busfahrer 2.081. Und die interessanteste Enthüllung von allen: Die Mehrheit der Deutschen verdient zwischen zehn und 20 Euro die Stunde.
Fette Gehälter
Trotz aller Debatten um Hartz IV ist das Land fast ein zweites Schweden ? ein egalitäres Gesellschaftssystem, regiert von Neid und Missgunst ? und kontrolliert durch die «Bild»-Zeitung. Es ist «Bild», die Oberwachmeisterin, die nicht müde wird, die aufgeblähten Bezüge von Politikern und Beamten zu beanstanden ? und die gleichzeitig für höhere Abgeordnetengehälter wirbt. «Bild» protestiert gegen steigende Lohngefälle, gegen den Mangel an Sensibilität der reichen Leute ? aber zugleich auch gegen die Reichensteuer. Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, wird an den Pranger gestellt, nachdem er das 'Victory'-Zeichen zeigte ? und erhält dann die Möglichkeit in der «Bild» zu erklären, weshalb er soviel verdient.
«Bild» wird von Leuten gemacht, die fette Gehälter beziehen. Sie schreiben für Leute, die zwischen 10 und 20 Euro die Stunde verdienen. «Bild» zu edieren, heißt Vorstellungskraft und Fantasie zu besitzen. Hoch oben im zehnten Stock des Axel-Springer-Gebäudes ? der unansehnlichen alten Waschpulverfabrik auf Hamburgs Gänsemarkt ? versucht sich Kai Diekmann in einen Zahntechniker (Gehalt: 1.901 Euro) hineinzuversetzen.
Er behauptet, am Puls der Nation zu sein; das ist seine Macht. Tatsächlich ist Bild pure Fantasie, ein tagtäglicher Versuch, den Deutschen zu erzählen, was sie denken sollen. Nun: «Wie viel verdienen Sie, Herr Diekmann, ganz grob gesagt?» Diekmann, dünner und wendiger, seit er sich einer 'Fruitfor-Lunch'-Diät verschrieben hat, springt von seinem bleichen Bürosofa, schleicht um seinen Schreibtisch, öffnet die Jalousien. Therapeuten nennen so etwas eine Übersprungshandlung. In Großbritannien werden leitende Redakteure wie Industriechefs bezahlt. Chefredakteure von Boulevardblättern verdienen mit Aktienoptionen über eine Million Pfund im Jahr.
Im Machtzentrum
Diekmann bereitet die Frage Unbehagen. Es kratzt an seinem Selbstwertgefühl ? das Bewusstsein, vom Springer Verlag vielleicht nicht angemessen entlohnt zu werden. Er ist jedoch zu clever, zu sehr Corporate Player, um seinen Verdruss darüber zu zeigen. Stattdessen sagt er: «Da müssen Sie Mathias Döpfner fragen.»
Und für einen kurzen Augenblick erscheint Diekmann, König des zehnten Stockwerkes (Vier Vorzimmerdamen! Frische Sonnenblumen!) und einer der einflussreichsten Journalisten Deutschlands, wie ein ganz gewöhnlicher Angestellter. Und wirklich: Auch der durchschnittliche «Bild»-Leser ist
unendlich neugierig darauf, die Zahl auf dem Gehaltsscheck seiner Vorgesetzten zu erfahren.
«Ich vermute, er verdient rund 1,2 Millionen Euro?» untertreibe ich wissentlich. Diekmann tauscht Blicke mit seinen Assistenten für Sonderaufgaben. Sie schütteln den Kopf. Das ist offensichtlich nicht das erste Mal, dass sie mit diesem Problem konfrontiert werden. Es liegt im tiefsten Machtzentrum der Springer-Elite begraben: Wie steht Diekmann zu Döpfner? Können zwei Alpha-Tiere das Rudel der Springer-Wölfe führen?
«Das kann eigentlich nicht ausreichend sein», sagt Diekmann voller Ernsthaftigkeit. «Wenn der gesamte Vorstand im vergangenen Jahr zehn Millionen an Bezügen gehabt hat, kann es nicht sein, dass der Vorstandsvorsitzende nur 1,2 Millionen davon erhalten hat. Vier Leute sitzen im Vorstand, also sind es für jeden schon etwa 2,5 Millionen. Jetzt gehe ich davon aus, dass der Vorsitzende und sein Stellvertreter mehr als ich bekommen.»
Diekmann kommt noch zweimal während des Treffens auf diese Frage zu sprechen, einmal, als wir die Treppen zur Redaktionsetage hochgehen und das Diktiergerät ausgeschaltet ist. «Es tut mir leid, aber es ist einfach nicht üblich, über solche Dinge zu reden, Gehälter sind das letzte Tabu in diesem Land.»
Der Handarbeiter
Aha. Scheinheiligkeit ist also die Quintessenz des Boulevards. Es ist offenbar in Ordnung, über die Gehälter von Ex-Bundeskanzler Schröder zu mutmaßen, es ist beinahe schon obligatorisch sich über das Sexleben von Berühmtheiten auszulassen, aber Spekulationen über Führungskräfte von Zeitungen ? Mitglieder derselben Borchardt- und Bocca-di-Bacco-Tischgesellschaft ?, die sollen gefälligst ausbleiben. Nichts jedoch vermag Diekmanns fast lüsterne Neugier auf Döpfner zu verbergen, einem der wenigen Menschen in der Welt, die ihn tatsächlich feuern könnten.
Er behauptet, ihn verbände eine Freundschaft mit Döpfner, genauso wie auch ich behaupte, mit meinem Boss befreundet zu sein. «Mathias ist nicht nur Chef, sondern ein Freund», sagte er der «FAZ», «wir können leidenschaftlich über Schlagzeilen von 'Bild' streiten, und zuweilen äußert er sich in anderen Publikationen, was er von einigen Kommentaren in 'Bild' hält ? oder eher was nicht. Aber er hält mir immer denRücken frei ...»
Trotzdem würde ich an Diekmanns Stelle besonders wachsam auf meinen Rücken achten. Es ist eine jener 'Freundschaften', die Spuren von Rivalität und Ressentiments aufweisen. Für Döpfner ist alles ein wenig zu glatt gelaufen, seine Metamorphose vom Musikkritiker zum Witwen-Vertrauten. Döpfners Erfolg basiert auf seiner Fähigkeit, schnell ? sehr schnell ? über dünnes Eis laufen zu können, von einem potenziellen Desaster zum nächsten eilend.
Diekmann sieht sich selbst als Handarbeiter: «Ich muss jeden Tag da sein, weil ich anders als andereKollegen eben nicht nur hier sitze und nachdenke und nachmittags in die Runde werfe: 'Vergesst mir Südostasien nicht', sondern ich mache das Blatt von morgens bis abends. Ich führe jede Konferenz und habe jetzt gerade jede Seite gemacht, kann Ihnen also von jeder Seite sagen, was Seitenaufmacher ist.»
Der Aufstieg des Mannes aus Bielefeld
Diekmann ist Katholik, redet aber wie ein Calvinist. Für ihn muss Erfolg ? andauernder Erfolg ? durch harte Arbeit verdient sein. Das ist genau das, was «Bild» zur Springer-Milchkuh hat werden lassen. Die Auflage von «Bild» mag sinken, aber sie wurde zum Vorzeigemodell, wie man mit der Konkurrenz durch Gratiszeitungen à la Metro und 20 Minuten, die überall in Europa erfolgreich ist, umgeht.
Karrierestrategien
Diekmann verbrachte drei Monate in Polen, um dort die Zeitung Fakt aufzubauen ? ein «Bild»-Klon, der bereits zwei Jahre nach Erscheinen Profit machte. Das ist also Springers große Hoffnung: «Bild» for export. Die Formel wird bald auch
auf Frankreich angewendet, und dann wird auch dort Handwerker Diekmann gebraucht. Er ist Chef des Marktführers in Deutschland, half den Marktführer in Osteuropa zu etablieren und ist dabei, das Gleiche andernorts zu erreichen. Per definitionem: ein Alpha-Journalist, der jedoch frustriert und unterschätzt scheint.
Eine bekannte Karrierestrategie für einen Alpha-Journalisten ist die Suche nach einem Mentor, einem Patriarchen oder einem schützenden Clan. Diekmann schien sich auf diesen Pfad zu begeben, als er 1995 Jonica Jahr heiratete, die Lieblingstochter des Verlegers John Jahr. Zu dieser Zeit war er 31 Jahre alt, stellvertretender Chefredakteur der Bild, Ressortleiter Politik. Es erwies sich als ein günstiger Moment, um in eine mächtige Verlegerdynastie einzuheiraten: Die Welt öffnete sich ihm.
Andere sahen nicht nur sein Talent, sondern erkannten auch seine Glanzlosigkeit. Er hatte niemals eine Universität besucht, und er war noch immer von der Aura Bielefelds umgeben: der Tatkraft, aber auch der Unbeholfenheit eines Aufsteigers aus der Provinz. Im Gegensatz dazu war Döpfner (Jahrgang 1963, Diekmann 1964) persönlicher Assistent des Gruner+Jahr-Vorstandsvorsitzenden Gerd Schulte-Hillen, war Chefredakteur der «Wochenpost» und als kommender Chefredakteur der Hamburger Morgenpost im Gespräch ? während er von Salon zu Salon glitt, Klavier spielte, reibungslos auf Deutsch und Englisch parlierend seine Zuhörer verzückte.
Hilfe von Helmut
Die Ehe mit Jonica half Diekmann zwar einige Türen zu öffnen, aber sie verlieh ihm nicht den erhofften gesellschaftlichen Glanz; in Gesellschaften redete er lieber über News Storys als über Daniel Barenboim. Es gab auch nie eine vollständige Integration in den Jahr-Clan. Die Ehe zerbrach schnell, zeitgleich schlitterte Diekmann in eine seiner größten beruflichen Krisen. Der damalige Springer-Vorstandschef Jürgen Richter wollte den Verlag stärker von der CDU-Spitze distanzieren.
Diekmann war aber eng mit Helmut Kohl verbunden. 1995 hatte er einige Wochen mit ihm zusammen gesessen um das Interview-Buch «Helmut Kohl. Ich wollte Deutschlands Einheit» vorzubereiten, und es bestanden keinerlei Zweifel an dem engen Verhältnis zum Ex-Kanzler. «Bild» war zum Sprachrohr Kohls geworden.
Bereits als Redakteur einer Schülerzeitung in Bielefeld hatte Diekmann Kohl um ein Interview ersucht. Das war 1982 und Kohl war Oppositionsführer. Später, als Volontär bei «Bild» in Bonn, erhielt Diekmann seine zweite Chance: «Das habe ich mir auf dreiste Weise zum berühmten Gorbatschow- Goebbels-Vergleich erschlichen.» Noch ein wenig später begleitete er Kohl auf seinen Auslandsreisen.
«Daraus ist dann eine gewisse Nähe entstanden ? diese Nähe hatte aber mit der cdu überhaupt nichts zu tun, sondern war eine rein persönliche.» Was hat Kohl nur in Diekmann gesehen? Einen Gläubigen, einen geborenen Loyalisten, jemand Bodenständiges, ein Alpha-Tier ? den Typ Mensch, den er seit zwei Jahrzehnten für den Kohl-Clan rekrutiert hatte?
Aufreibende Zeiten
Einen ambitionierten, respektvollen Mann, der vielleicht auf der Suche nach einem Patriarchen ist. Diekmann hätte dem Kohl-Club beitreten können, tat dies aber doch nicht. Kohl war nützlich für Diekmanns Karriere, aber nicht von zentraler Bedeutung. Jürgen Richter missdeutete diese Beziehung. Und verlor den Kampf. Sein Versuch, Diekmann in die machtlose Position des Leiters vom
Springer-Auslandsdienst zu drängen, schlug fehl; blockiert durch das Votum des Kohl-Anhängers Claus Larass (damals «Bild»-Chefredakteur) und Leo Kirch.
1998 wurde Richter durch Gus Fischer ersetzt und Diekmann mit der Verjüngung der «Welt am Sonntag» betraut. Es war eine sehr aufreibende Zeit für Diekmann; Fotografien aus dem Jahre 1997 ? der Zeit der Scheidung von Jonica und der Auseinandersetzungen mit dem Vorstand ? zeigen ihn bleich und mit dunklen, verquollenen Augen. Fischer machte Platz für Döpfner, und Diekmann stieg mit ihm auf. Ein Führungsduo?
Nicht wirklich, Döpfners Chancen waren zu gut, um von wirklicher Gleichberechtigung zu sprechen. Aber zwischen ihnen gedeiht das politische Profil des Axel Springer Verlags und dessen Einfluss auf das Spiel der Politik. «Es ist einfach, sich Kai Diekmann als jemanden vorzustellen, der eine politische Karriere anstrebt», sagt einFreund. «Er hat den Riecher dafür. Und die Ellbogen. Döpfner dagegen ist mehr ein Lord Chamberlain am Kaiserlichen Hof. Er macht sich mehr Feinde als Kai, obwohl Kai an der Frontlinie steht.«
Der Wert Diekmanns für Springer besteht nicht nur in der Tatsache, dass «Bild» Gewinne abwirft, sondern auch in seinem Gespür für das politische Gewicht des Boulevards: Die Kraft des Schweigens ist größer als die Kraft sensationslüsterner Enthüllungen. Wer ahnt schon, wie viele Geheimnisse und Gerüchte täglich durch die «Bild»-Büros wandern?
Diekmanns Einstieg in die Geheimnissphäre der Elite begann während seiner Reporterjahre in Bonn: «Ich habe beispielsweise 1994 bereits sehr früh von der Krankheit von Kohls Frau erfahren, die ihn auf einer Reise nicht begleiten konnte und im Krankenhaus lag.» Die beiden Männer kamen darin überein, diese Nachricht geheim zu halten ? bis zum richtigen Augenblick.
Wie jeder kundige Boulevardjournalist sammelt Diekmann Gefälligkeiten und Verpflichtungen von Politikern. Früher oder später löst er die Schuldscheine ein und veröffentlicht die Geschichte, aber manche Politiker stehen noch jahrelang in seiner Schuld.
Freundschaften zu Politikern muss man pflegen und im richtigen Moment aufkünden.
Kai Diekmann beansprucht, eine ganze Menge Freunde in der Politik zu haben ? aber das sind zerbrechliche Beziehungen, die ständig von einer möglichen Bekanntmachung bedroht sind. Ein Vertrauter Diekmanns sagt, er sei eng mit Oskar Lafontaine befreundet, und der Grund hierfür ist auch offensichtlich: Beide teilen die Leidenschaft für Populismus.
Peinliche Auseinandersetzungen
Die Große Koalition belastet derzeit Diekmanns politische Freundschaften. All seine Instinkte leiten ihn zu Schwarz-Gelb. Kohl, dessen Rat von Diekmann wertgeschätzt wird, sieht darin den einzig vernünftigen Weg, Deutschland zu regieren. Deshalb tut «Bild» beides: Angela Merkel stärken und gleichzeitig aus dem Hinterhalt angreifen, Unruhe zwischen den Koalitionären stiften und Guido Westerwelle zum Kolumnisten adeln.
«Merkel traut Diekmann nicht», sagt ein ehemaliger CDU-Mann, «sie glaubt, er werde im entscheidenden Augenblick 'Bild'-Zeitung von Roland Koch, Wulff oder einem anderen ihrer Gegner als Werkzeug missbrauchen lassen, um sie zu vernichten. Was Merkel betrifft, ist Diekmann Teil einer Bruderschaft ? ein 'big swinging dick man.'»
Eine ironische Bemerkung, führte Diekmann doch eine peinliche Auseinandersetzung mit der «taz», die behauptete, er habe sich einer Penisverlängerung unterzogen. Natürlich gibt es schon mal ein Treffen mit Merkel, aber keine intimen Abendessen. Merkel, ist sich Diekmann sicher, wird uns alle enttäuschen: «An diese Große Koalition sind Erwartungen gerichtet, und die sind bisher in keinster Weise erfüllt.»
Wie Müntefering hat sie für Diekmann an Bedeutung verloren: Seine Macht hat sich einfach verflüchtigt. «Bild» zeigt ihn auf Krücken oder mit seiner lesbischen Tochter. Welchen Nutzen hätte es, mit Münte befreundet zu sein, der für seine eigene Partei nutzlos geworden ist? Für Diekmann muss Freundschaft einen Zweck erfüllen, einem höheren Ziel dienen.
Diekmanns Radius hat sich durch seine Frau Katja Kessler erweitert. Die Klatschreporterin und Ghostwriterin ist im Gegensatz zu Diekmann sehr kontaktfreudig. Immer häufiger inszenieren sie sich als 'Media Power Couple', ein vertrautes Phänomen in New York (wie etwa Harry Evans von Random House und Tina Brown, ehemalige Chefredakteurin von «Vanity Fair» und dem «New Yorker»), aber nach wie vor eine Kuriosität in Hamburg.
Es riecht nur nach Zynismus
Auf die Frage hin, wem er sich in der politischen Welt am nächsten fühlt, benennt Diekmann Achim Schmillen, den ehemaligen Büroleiter Joschka Fischers und zukünftigen Botschafter in Nigeria. Eine eigenartige, aber aufschlussreiche Antwort ? Schmillen war immerhin der Mann, der wusste, welche Fäden zu ziehen sind. Diekmann betrachtet sich anscheinend selbst als Strippenzieher der Nation. Er ist jedoch zu vorsichtig, um es laut auszusprechen: Politiker, so wie sie durch die Talkshows tingeln, sind ersetzbare Marionetten.
Das riecht nach Zynismus. Ist in Wirklichkeit aber Eitelkeit und Größenwahn. Jeder muss sich auf das Spiel mit Bild einlassen, oder er wird untergehen. Diekmann tarnt es als notwendigen demokratischen Auftrag: «Das ist doch die Aufgabe der Medien, Wachhund der Öffentlichkeit zu sein und Mächtige zu kritisieren.» Außerdem, wie Diekmann richtig bemerkt, buhlen Politiker um die Aufmerksamkeit der «Bild» und ihrer 11 Millionen Leser.
«Wenn Christian Wulff ganz bewusst Politik mit dem schönen Satz gemacht hat: 'Ich bin ein langweiliger Politiker. Ich bin seit 18 Jahren verheiratet', war das natürlich indirekt auf seinen Amtsvorgänger Schröder gemünzt, um sich von anderen Politikern abzugrenzen. Er hat auch mit seiner Frau Wahlkampf gemacht, und dann ist es natürlich von öffentlichem Interesse, wenn er sich von seiner Frau trennt und auf einmal eine ganz junge, neue Frau an seiner Seite ist ? dafür müssen wir uns interessieren.»
Schön und gut. Aber was wäre, wenn «Bild» schon sehr lange von dieser Liaison gewusst und sich mit Wulff darauf verständigt hätte, diese brisante Enthüllung erst nach der Wahl an die Öffentlichkeit zu bringen, als sie politisch nicht mehr so heikel war? Könnte es sein, dass hier eine Hand die andere gewaschen hat? Dass es eine Übereinkunft mit Westerwelle gegeben hat, als der sich entschloss, seine Männerliebe öffentlich zu gestehen? Wäre das nicht bewusste Irreführung der Leser ? und der Wähler?
Privatsphärenvernichter
Wie mächtig doch die Kraft des Schweigens ist. Diekmann sagt, er sei ein Handwerker, und er hat den Stolz, ja sogar die Arroganz eines Klempners, der entweder das defekte WC zu einem Wucherpreis reparieren oder einfach fortgehen und einen in Scheiße ertrinken lassen kann. Diese Situation wäre aber immer noch besser als diejenige, die Herr Diekmann anbietet. Denn notfalls kann man
einen anderen Klempner rufen. Wenn man aber mit einer Boulevardzeitung
zusammenarbeiten will, bleibt nur «Bild». Gerhard Schröder hat bekanntlich einmal gesagt, dass er zum Regieren nur «Bild», «BamS» und Glotze brauche.
Aber, wie Diekmann bemerkt, ist noch nicht einmal mehr die Glotze ein Machtinstrument ? jedenfalls nicht, seit der Zuschauer sich zwischen 30 und mehr Kanälen entscheiden muss. Nein, jetzt gibt es nur noch «Bild»: Politiker und Berühmtheiten sehnen sich nach ihrer Aufmerksamkeit und fürchten ihre Missgunst. Kein anderes Organ dringt mit solcher Gründlichkeit in ihre Privatsphäre ein.
«Bild» ? Kai Diekmann ? definiert die Grenzen dieser Privatsphäre, entscheidet, wer gefördert und wer wie ansprechend präsentiert werden soll. Er spielt Gott auf dem Gänsemarkt. Ich wollte immer glauben und habe auch immer behauptet, dass
der Boulevardjournalismus zutiefst moralisch in seinem Dienst am kleinen Mann handelt. Er hat die Rolle der frühen Kirche übernommen, die Schwachen zu schützen. Nun bin ich mir dessen nicht mehr so sicher.
Die Chefredakteure des Boulevards sind selbst längst Teil der Elite, und Religion ist zu nichts anderem als einem reinen Marketinginstrument verkommen: Diekmann übergibt Papst Benedikt xvi. eine Volksbibel. Er engagiert Schauspieler und Manager, um den Bibeltext zu erklären. »Wir sind Papst!« war mehr als nur ein geschmackloser Aufmacher. Es war die Bestätigung, dass der deutsche Papst eine Berühmtheit ist. Und wir alle wissen ja, was Berühmtheiten passiert, wenn sie Kai Diekmann verärgern.
«Glauben Sie an Gott?», frage ich ihn. «Ich bin ein Katholik», entgegnet er und ich vermute, dass diese Antwort bedeutet: Ja. Welche Erleichterung: Katholiken sind schließlich verpflichtet, ihre Sünden wenigstens im Stillen zu beichten.
Übesetzung aus dem Englischen: Franziska Oehmer.
Roger Boyes, geb. 1952, ist Deutschland-Korrespondent der Londoner «Times» und arbeitet zudem als Kolumnist für den «Tagesspiegel» aus Berlin. Das Porträt ist ein Vorabdruck aus dem von Stephan Weichert und Christian Zabel herausgegebenen Buch «Die Alpha-Journalisten. Deutschlands Wortführer im Porträt», das am 4. Mai im Herbert von Halem Verlag erscheint (Köln, 421 Seiten, 23 Euro). Weitere Informationen finden Sie unter alpha-journalisten.de
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Ressort: Kultur URL: /kultur/artikel/27/114912/article.html Datum und Zeit: 21.05.2007 - 09:10 |
-->Bild-Zeitung und Khaled el-MasriDie Instinkte so niederVon Hans Leyendecker |
<!-- ende: artikelkopf: standard mit bild -->
Solide Wörterbücher führen das Substantiv "Hetze" auf das Wort "Hatz" zurück. Der aus dem 16. Jahrhundert stammende Begriff bedeutete zunächst "Hetzjagd", später "Aufwiegelung, üble Propaganda". Das Massenblatt Bild hat in seiner Samstagsausgabe gegen den vor Jahren von der CIA nach Afghanistan verschleppten Deutsch-Libanesen Khaled el-Masri aufgewiegelt, es hat gehetzt: "Warum lassen wir uns von so einem terrorisieren?", fragte Bild und jagte fort: "Monatelang terrorisierte der Islamist als angebliches CIA-Folteropfer die Bundesregierung, Parlament und Öffentlichkeit. Nun stellt sich raus: Al-Masri ist ein durchgeknallter Schläger, Querulant und Brandstifter. Auch ein Lügner?" |
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«Bild»-Chefredakteur Kai Diekmann (42) sieht seine Zeitung den christlichen Werten verpflichtet. Die Aufgabe des Blattes sei die Pflege des abendländisch geprägten ethischen Fundaments. In einem Interview äußerte sich Diekmann über das Spannungsfeld von Religion und Boulevard, Presserats-Beschwerden und das, was der «Bild»-Redaktion heilig ist.
(...)
Verstehen Sie «Bild» als eine christliche Zeitung?
Wir sind keine Kirchenzeitung. Wir sind nicht der «Dom» oder der «Rheinische Merkur». Aber wir sind selbstverständlich eine Zeitung, die sich christlichen Werten verpflichtet fühlt.
Stützen Sie die These von der Wiederkehr der Religionen?
Absolut. Was ist denn die große Debatte unserer Zeit? Der Kalte Krieg ist abgelöst worden durch einen Konflikt, der von der Spannung zwischen den Vorstellungen des Abendlandes und des Morgenlandes geprägt wird. Es geht dabei um zwei unterschiedliche Wertesysteme. In Europa haben wir ein klares ethisches Fundament. Und dies zu pflegen, es klar zu formulieren und auch darüber zu informieren ist natürlich Aufgabe einer Zeitung, die jeden Tag fast zwölf Millionen Menschen erreicht.
Es gibt Tabus für die «Bild»-Zeitung?
Es gibt Dinge, die gehören sich einfach nicht. Trotz des Einflusses der Achtundsechziger, denen ja kaum etwas heilig war.
Was ist «Bild» heilig?
Die religiösen Gefühle unserer Leser. Die Mehrheit unserer Leser ist christlich geprägt, fast 80 Prozent. Beim Zeitungmachen müssen wir deren Gefühle berücksichtigen. Auch auf die Intimsphäre eines Menschen nehmen wir Rücksicht, solange er sich damit nicht selbst in die Öffentlichkeit begeben hat. Wir machen unsere Berichterstattung immer davon abhängig, inwieweit jemand sein Privatleben offen zur Schau trägt. Das hat jeder selbst in der Hand.
(...)
mehr hier: http://neun.scm-digital.net/show.sxp/...l_ndische_ethik_pflegen_.html
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wenn Sie auch mal für einen Tag "Bild"-Chef wären: Wie sähe die Zeitung aus?
Zuallererst würde ich an die Leser denken. Wenn ich mit diesem Gedanken fertig bin, fahre ich in den 19. Stock des Springer-Hochhauses und nehme mitten im feinen Gehölz der Edel-Etage Platz. Frage eine der vielen hübschen Damen, die da oben arbeiten, ob sie nicht mal Lust haben, Seite-Eins-Mädchen zu werden. Oder ob ich sie anderweitig groß rausbringen soll. Selbstverständlich ist das geschmacklos. Aber ich bin ja für einen Tag "Bild"-Chefredakteur und es soll ja hinterher keiner sagen, ich hätte mich nicht angestrengt. Wenn sich die Kellnerin abwendet und sich wahrscheinlich fragt, wann endlich mal ein hübscher Mann Bild-Chefredakteur wird, konzentriere ich mich auf das Essen.
Anschließend gehe ich in mein Büro und denke noch mal kurz an die Leser. Das gruselt mich dann aber zu sehr. Denn die sind unzufrieden, wenn mir nicht noch ein schreckliches Einzelschicksal unterkommt. Die Standleitung zum Heidi-Klum-Management ignoriere ich. Wenn Dieter Bohlen wie jeden Tag durchbimmelt, lasse ich mich verleugnen. Auch die tägliche Epistel von Franz Beckenbauer wird an meinem Tag nicht gedruckt.
Die journalistische Spitzenleistung des Titelblattes ist bekanntlich die nackte Frau. Weil sich die Kassiererinnen und Einzelhandelsfachfrauen ihr Geld auch seriös verdienen können, bitte ich die Autorin, die Horst Seehofers Privatleben öffentlich gemacht hat, sich für den kommenden Tag auszuziehen.
Die paar Zeilen Klebrigkeit generiere ich aus meinem eigenen Handschweiß. Wird mir schon einfallen, warum ihr (uuuuh) so schrecklich heiß ist, oder ihr (hups) einfach so das Sommerkleid runtergefallen ist. Vielleicht hat sie auch zwei kleine Überraschungen (hihihi) für ihren tollen Freund, die sie schon mal dem selbstmitleidigen Teil der deutschen Zeitungsleserschaft zeigen möchte.
Zuletzt gebe ich noch eine Sonderseite in Auftrag. Die "Bild"-Leute sollen sich mit Foto vorstellen und hinschreiben, was sie bisher für ihr Blatt gemacht haben. Der Leser weiß dann, wer dafür zuständig ist, die Eltern von verunglückten Kindern zu belästigen. Oder wer Prominente unter Druck setzt, die nicht kooperationswillig sind. Oder wer sich die Kampagnen gegen angebliche Sozialschmarotzer ausdenkt. Weil es eine einigermaßen griffige Schlagzeile braucht steht oben drüber: "Wir waren schon als Kinder nicht so toll".
Jörg Thadeusz moderiert dienstags die Gesprächssendung "Thadeusz" im RBB- Fernsehen und sonnabends die Wissensshow "Die Profis" auf Radio Eins.
Quelle: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/media/658674.html
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ABBILDDie einst übel beleumundete "Bild"-Zeitung manipuliert nicht mehr. Sie ist auf dem Weg zum Verfassungsorgan
Zu den wenigen Schätzen, die in meinem Bücherregal lagern, gehört eine wissenschaftliche Untersuchung des Sportteils der Bild-Zeitung. Was dieses Werk aus dem Jahr 1974 zum Schatz macht, ist nicht so sehr sein Inhalt, sondern die Widmung: "den ‚Bild´-lesenden Opfern des Springer-Konzerns" und: "im Besonderen: meiner nicht-mehr-‚Bild´-lesenden Freundin Ingrid".
Bild manipuliert und macht dumm - diese Annahme liegt nicht nur der Agitation der armen Ingrid zugrunde, sondern diese Annahme ist auch das Fundament beinah aller früheren Bild- und Springer-Kritik, wie sie ganz wesentlich nach 1968 verbreitet wurde. Am bekanntesten und wirkungsvollsten war die Anti-"Bild"-Kampagne von Günter Wallraff, die auch auf der Vorstellung von Bild als Manipulationsmaschine beruhte. Als Manipulator hatte man den Verleger Axel Cäsar Springer ausgeguckt. Springer starb 1985, doch die Bild-Maschine läuft weiterhin. Und mit ihr bei einigen Springer-Kritikern weiter die Vorstellung der kapitalistischen Gesellschaft als einer, die von allwissenden, alles kontrollierenden und zur brutalen Durchsetzung ihrer Interessen bereiten Kräften gesteuert wird. Das ist alles nicht weit weg von einer Verschwörungstheorie und hat mit ihr den Nachteil gemein, dass sie nicht zu erklären vermag, wie es ausgerechnet dem sich klug schätzenden Kritiker gelungen ist, der omnipräsenten Reguliermaschine zu entkommen und das alles zu durchblicken.
Allerdings ist eine solche Sicht auf Bild nicht mehr allzu verbreitet. Die Kritik an Springer hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Eine modernere Bild-Kritik wird beispielsweise von den medienjournalistischen Machern des Bildblog betrieben: Die Bild-Redakteure werden durch penible Korrekturen ihrer täglichen Fehler im Internet der Lächerlichkeit preisgegeben: zu doof, Altersangaben zu machen; unfähig, einfachste englische Sätze ins Deutsche zu übertragen; zu blöd, die Bildinformationen der Fotografen abzuschreiben. Der Bild-Redakteur, wie er täglich von Bildblog präsentiert wird, ist ein Vollidiot, beherrscht weder einfachste journalistische Grundregeln noch die deutsche oder eine andere Sprache.
Diese Sicht auf die Macher der Bild-Zeitung ist zwar allemal sympathischer als die Vermutung, diese Deppen stünden an den Schalthebeln einer gigantischen Manipulationsmaschine. Doch der tägliche Nachweis von deren Blödheit ermüdet. Und er hat zwei Nachteile: Zum einen erklärt er überhaupt nicht den wirtschaftlichen Erfolg der Bild-Zeitung; ökonomisch, so muss man Bild zugestehen, macht das Blatt beinah alles richtig. Zum anderen befriedigt die Vermutung, Bild-Macher (und vermutlich auch -Leser) seien bloß dumm, doch allzu deutlich das Distinktionsinteresse von sich als überlegen wähnenden Menschen mit Abitur und Hochschulabschluss, die gleichwohl jedoch sozial nicht unbedingt besser stehen. Nur vier Prozent der Bild-Leser haben Abitur, besagt zwar publizistische Forschung, aber auch dieser Befund ist ja nur dazu geeignet, das naserümpfende Vorurteil zu stützen, man selbst sei zu gebildet, zu intelligent und zu fein für die Bild-Zeitung und mithin auch für den Rest der Gesellschaft, weshalb man ökonomisch erfolglos bleibe.
Eine andere Art der Bild-Kritik, die freilich auch oft bei den Bildblog-Machern auftaucht, hat im vergangenen Jahr der Schriftsteller Gerhard Henschel mit seinem Buch Gossenreport vorgelegt. Henschel klagt die Schamlosigkeit an, mit der sich Bild einerseits staatstragend präsentiert, indem etwa Chefredakteur Kai Diekmann dem Papst eine Bibel überreicht, oder indem der selbe Diekmann von seinem "moralischen Gerüst" spricht, das er nutze, "um anständig Zeitung machen zu können" und gleichzeitig presserechtlich verantwortlich dafür ist, wenn die Intimsphäre einer getöteten 13-Jährigen ausgebreitet wird. Henschel beklagt den Skandal, "dass eine Kulturnation bis hinauf in die höchsten Spitzen der Regierung, der Wirtschaft und der Erbverwalter Goethes mit diesem Zentralorgan der Unterhosenspionage paktiert".
Diese grundsympathische Bild-Kritik ermüdet jedoch auch recht bald. Sie ist nämlich bloß moralisch und appelliert an die moralische Haltung hiesiger Eliten. Dabei verweist Henschels häufiger Hinweis auf die höchsten Repräsentanten aus deutscher Politik und sozialem Leben doch gerade auf die Kompatibilität von Bild und Gesellschaft.
Bild reproduziert nämlich bloß alles, was an Rassismen, Sexismen, Nationalismen et cetera in dieser Gesellschaft präsent und virulent ist. Bild spitzt es zu, Bild spricht aus, was andere nicht auszusprechen wagen - aber Bild wandelt sich auch. Dass es einen gehobenen Journalismus für Gebildete und höhere Stände auf der einen - und einen Gossenjournalismus für die Doofen, das Proletariat oder eben die Gosse auf der anderen Seite gebe, ist ein schlechtes Gerücht. 62 Prozent der Bild-Leser sind Männer, und die sind, völlig unabhängig von Bildung oder sozialer Schicht, beinah sämtlich die Zielgruppe für Anzeigen wie "Hier wird´s schmutzig. Tina (85 D) braucht ES hart".
Selbst das Boulevardbedürfnis der "feineren" Gesellschaft wird befriedigt, etwa wenn Bild eine publizistische Sterbebegleitung für den Maler Jörg Immendorff organisiert. Dies ist bloß die feuilletonistische Ergänzung zur Sterbebegleitung für den Schauspieler Klaus-Jürgen Wussow, bei dem das Blatt schon seine Scheidung und Krankheit ausschlachtete, wie es bei Immendorff Gefallen an einer Drogenparty mit Prostituierten gefunden hatte. Auch wenn Bild beispielsweise gegen die von ihm so genannte "Schlechtschreibreform" kämpft, geht es dem Blatt eher um kulturelle Hegemonie und um Akzeptanz bei den Teilen des akademischen Publikums, die um ihre kulturellen Besitztümer fürchten und mit Distinktionsnachteilen rechnen, denn um Auflage.
Die hier vertretene These lautet also: Die Bild-Zeitung manipuliert nicht mehr (so sie das jemals tat); nein, sie ist dazu übergegangen, Staat und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zu repräsentieren. Mit nur geringer Übertreibung lässt sich konstatieren, dass Bild auf dem Weg zum faktischen Verfassungsorgan ist.
Belegt wird diese These durch jüngste Maßnahmen der Bild-Zeitung, etwa den "Bild-Leserbeirat". Ein 32-köpfiges ehrenamtliches Gremium, das man sich vorstellen kann wie den Rundfunkrat einer öffentlich-rechtlichen Medienanstalt oder den Beirat für Fragen der Inneren Führung der deutschen Bundeswehr, wird berufen und darf sich zweimal jährlich mit der Bild-Chefredaktion treffen. Die Teilnehmer können sich mit Hilfe eines Fragebogens bewerben, so dass ein "Querschnitt der Gesellschaft" entsteht, wie der Springer-Konzern mitteilt, und Kai Diekmann sagt: "Er soll uns bei der Frage unterstützen, welche Themen wir ernster nehmen sollen, was unsere Leser beschäftigt, worüber wir mehr oder weniger berichten müssen." Bild will also nicht mehr publizistisches Angebot an die Gesellschaft sein, sondern ihr publizistisches Abbild.
Daher verleiht Bild auch den "Osgar", live von der öffentlich-rechtlichen ARD übertragen, und alle, die in diesem Land etwas hermachen, sind in feinem Aufzug da: der Bundespräsident, der Dalai Lama, unser aller Franz Beckenbauer und natürlich auch die katholischen und evangelischen Bischöfe.
Daher zieht auch die Bild-Redaktion demnächst nach Berlin, denn dies ist, anders als der jetzige Standort Hamburg, nicht nur die politische, sondern auch die gesellschaftliche Hauptstadt Deutschlands. Hier ist der Ost-West-Gegensatz entlang der Stadtteile zu besichtigen, hier kann man schon mal beim samstäglichen Shoppen in eine Demonstration geraten, und hier sind die für Ausländer geltenden No-Go-Areas mit der S-Bahn zu erreichen. Dass Bild dieses auch durchaus kritisch abzubilden gedenkt, hat sie zu beweisen versucht, als etwa der Popsänger Bono einen Tag als schwer G-8-kritischer Chefredakteur eine Afrika-Ausgabe gestalten durfte.
Die Macht der Bild-Zeitung rührt aus ihrer Fähigkeit, bei feststehenden Grundüberzeugungen flexibel die Stimmungen in der Gesellschaft einzufangen und abzubilden. Dazu gehört auch, sich in ihr formierende Widerstände früh zu erkennen und zu artikulieren: sei es gegen zu hohe Preise nach der Währungsumstellung ("Teuro"), gegen die neue Rechtschreibung ("Schlechtschreibreform"), gegen Bürokratie ("Bild kämpft für Sie") oder gegen die Ungerechtigkeit der Welt (Bob Geldof).
Einerseits schwächelt die Auflage, die von der Fünf-Millionen-Marke im Jahr 1982 - trotz Beitritt der DDR ins Bild-Verbreitungsgebiet - auf gegenwärtig 3,4 Millionen fiel. Andererseits aber lässt sich ein Machtzuwachs der Bild-Zeitung konstatieren. Dieses paradox anmutende Phänomen erklärt sich gerade mit der Springerschen Bereitschaft, sich mitunter auch gegen gesellschaftliche Trends zu stellen - sei es die Tüttelchen-DDR oder die transatlantische Solidarität oder die proisraelische Haltung.
Vollständige politische Macht erlangt Bild freilich nicht, und das Blatt ist ja auch schon manchmal in seiner Geschichte gescheitert: Als Bild etwa 1965 seinen Verkaufspreis von zehn auf 15 Pfennige anheben wollte, forderte der Konzern vergeblich, dass die Bundesbank eine 15-Pfennig-Münze in Umlauf brächte. Sogar auf dem bislang sicher geglaubten Feld der Fußballberichterstattung musste Bild eine schwere Niederlage erleiden. Die jahrzehntelange Praxis, die Aufstellung der Nationalmannschaft Bild einen Tag vor jeder anderen Zeitung zukommen zu lassen, kündigte Bundestrainer Jürgen Klinsmann im Vorfeld der WM 2006 auf. Bild begann eine "Grinsi-Klinsi"-Kampagne gegen Klinsmann, die sie kurz vor der WM jedoch einstellen musste. Bild-Kolumnist Franz-Josef Wagner entschuldigte sich staatstragend bei Klinsmann, und gerade diese Entschuldigung, die Bereitschaft also, flexibel zu reagieren, und Auflagenverluste durch Machtgewinn zu kompensieren, macht die beängstigende Macht der Bild-Zeitung aus.
Bild macht nicht blöd, Bild-Redakteure sind nicht blöd, Bild bedient keine Doppelmoral, nein, es ist alles viel schlimmer: Bild ist Deutschland.
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"Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann beklagt in einem Gastbeitrag für das evangelische Magazin "chrismon", dass "ganze Jahrgänge" von Schülern "im Babeltum" versänken, gibt den 68-ern die Schuld und sorgt sich um die Arbeitsgrundlage seiner Zeitung ? die deutsche Sprache, die "Bild" in der Tradition Martin Luthers pflege:
Wir schauen, um mit Axel Springer zu sprechen, dem Volk dabei gern aufs Maul, reden ihm aber nicht nach dem Mund. Denn wir wollen zwar volksnah sein und eine Sprache sprechen, die das Volk versteht. Es ist aber durchaus fraglich, ob wir auch dessen Begrifflichkeiten übernehmen sollten. (?)
Der Variantenreichtum des Deutschen, gefördert durch die vergleichsweise freie Stellung der Satzteile und die Bojenfunktion der Artikel, ist dahin ? und damit auch Nuancierungen, Redefiguren, Subtext. Auch in unserer Sprache herrscht nun, wenn überhaupt, der Terror von Subjekt, Prädikat, Objekt, allerdings unter Verzicht auf Konjugation und Deklination. (?)
Auch Leserbriefe, die wir erhalten, geben ein klares Bild: Orthografisch korrekt sind meist nur Briefe, die aus den neuen Bundesländern stammen oder von älteren Leuten aus dem Westen - also von Personen, die nicht dem Einfluss der Kultusministerkonferenz, der GEW oder reformwütiger Lehrerverbände unterworfen waren.
Quelle: http://www.bildblog.de/2368/...nns-sorge-um-nuancierungen-und-subtext
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Gremliza klagt gegen Bild
(...)
In seiner "Express"-Kolumne in der soeben erschienenen Konkret verkündet Gremliza nun, dass er es nicht mehr bei scharfen Worten belasse. Er habe, so schreibt er dort, Anzeige gegen Diekmann und den Kolumnisten Franz Josef Wagner erstattet, "wegen Aufforderung zur sexuellen Nötigung und Vergewaltigung".
Anlass für diese Anzeige ist eine "Post von Wagner"-Kolumne in "Friede Springers Jauchegrube" (Gremliza), in welcher Wagner sich an "Marco, zzt. in türkischer Haft" gewandt hat.
(..)
Seit Jahren ist es üblich, die Bild-Zeitung zu loben und das Widerwärtige in ihr für journalistischen Witz zu halten. Kein Moralapostel, von der Kanzlerin über Oscar Lafontaine bis hin zum Papst, verweigert diesem Blatt ein Gespräch. Dort fühlt sich einer offensichtlich sogar dann, wenn er seine Vergewaltigungsfantasien veröffentlicht, völlig sicher.
Daher zeugt die Anzeige Gremlizas, die vermutlich folgenlos bleiben wird, nicht von verbissener Feindschaft. Sie zeugt von Anstand. Als "Sachverständige" für die Frage, "warum Frauen, wenn sie nein sagen, ja meinen" empfiehlt der Anzeigesteller übrigens Frau Alice Schwarzer.
weiter ---> http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/...eton/673492.html
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"Bild" taucht mit neuem Kontinent auf
Vom Nordpol zum Südpol ist nur ein Katzensprung.
(Hans Albers, "Flieger, grüß' mir die Sonne", 1932)
Es gibt tatsächlich einige Länder, die Besitzansprüche auf den Nordpol erheben, wie "Bild" heute unter der Überschrift "Nordpol schmilzt immer schneller!" berichtet. Etwas hat "Bild" dabei aber ziemlich falsch verstanden. So heißt es im Text:
Durch den Klimawandel schmilzt das Eis am Nordpol immmer schneller – und schon sechs Länder streiten darum, wem das Land darunter gehört. (…) Unterm Eis taucht ein neuer Kontinent auf, unbesiedelt und voller Bodenschätze (…).
Ähm, ein "neuer Kontinent" unter dem Nordpol? Nicht wirklich. Das einzige "Land", das es unter dem (geographischen) Nordpol gibt, liegt etwa in 4.000 Metern Tiefe. Man nennt es Meeresgrund. "Bild" hat da wohl was verwechselt.
Quelle: http://www.bildblog.de/2423/bild-taucht-mit-neuem-kontinent-auf
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Der australische Oppositionsführer Kevin Rudd, der als konservativer Christ gilt, ist in die Defensive geraten21, weil er vor vier Jahren einen Strip-Club in New York besucht hat. Die "Bild"-Zeitung macht ihn deshalb zum "Verlierer" des Tages und urteilt:
Geschmacklos!
Das harsche Urteil der "Bild"-Redaktion wirkt noch eindrucksvoller, wenn man es im redaktionellen Kontext auf sich wirken lässt:
Apropos "geschmacklos". Über die Dame, die das dieswöchige halbnackte "Montags-Mädchen" darstellt, hat "Bild" groß geschrieben:
Claudia (20) fühlt sich im Keller wohl
Wenige Zentimeter entfernt steht der "TV-Tipp" des Tages:
Extra Spezial: Natascha Kampusch ? Mein neues Leben!
Quelle: http://www.bildblog.de/2437/scheinheiligenscheinkontrolle
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Kaum jemand kritisiert die "Bild"-Zeitung so ausdauernd wie das "Bildblog". Jetzt bekommt das Internet-Angebot prominente Unterstützung: Von morgen an spielen die TV-Stars Anke Engelke und Christoph Maria Herbst in einem Fernseh-Werbespot des Blogs.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,501358,00.html
Gruß
Talisker
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http://www.ariva.de/BILD_Luegen_Kleine_Auswahl_t301547
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Staatsanwaltschaft Hamburg
Aktenzeichen: 7101 Js 511/07
Ermittlungsverfahren gegen Herrn Kai Georg Diekmann und Herrn Franz Josef Wagner
Vorwurf: Öffentliche Aufforderung zu Straftaten
Sehr geehrter Herr Gremliza,
das Ermittlungsverfahren gegen den (sic) Beschuldigten Kai Georg Diekmann und Franz Josef Wagner ist gemäß Paragraph 170 Abs. 2 Strafprozeßordnung eingestellt worden.
Es besteht kein hinreichender Tatverdacht einer Öffentlichen Aufforderung zu Straftaten gem. Paragraph 111 StGB oder einer anderen Straftat.
Eine Aufforderung im Sinne des Paragraphen 111 StGB ist eine bestimmte, über eine bloße Befürwortung hinausgehende Erklärung, daß andere etwas tun oder unterlassen sollen bzw. eine an die Motivation Dritter gerichtete Erklärung, die erkennbar ein bestimmtes Tun verlangt.
Auch wenn die Äußerungen des Kolumnisten (sic) Wagner, daß Frauen, die "nein" sagen, eigentlich "ja" meinen, in diesem Zusammenhang bedenklich erscheint, beinhaltet sie nicht die Forderungen an die Leser, Frauen, die "nein" sagen, sexuell zu nötigen oder zu vergewaltigen. Selbst wenn man unterstellen wollte, daß der Verfasser ein derartiges Verhalten befürworten würde - wofür der Inhalt der Kolumne keinen Anhaltspunkt bietet - wäre dies nicht ausreichend, um den Tatbestand des Paragraphen 111 StGB zu verwirklichen.
Mit freundlichen Grüßen
Rickert
Staatsanwältin
Quelle: http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=a3
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Die "Bild"-Zeitung arbeitet anders als andere Medien, und manchmal erschrickt sie ein bisschen, wenn sie es selbst merkt.
Gestern hat "Bild"-Redakteur Mark Pittelkau offenbar zum ersten Mal erfahren, dass bei anderen Medien vorbereitete Nachrufe auf diverse noch sehr lebendige Persönlichkeiten bereit liegen, die sie bei einem unerwarteten Todesfall schnell veröffentlichen können. Das ist Alltag in vielen Redaktionen, auch bei der von ARD-aktuell, die die "Tagesschau" und die "Tagesthemen" produziert. Die Personen, die so wichtig sind, dass für sie ein Nachruf zu Lebzeiten produziert wird, stehen dort auf der "XY-Liste". "X" steht für Leute, bei deren Tod das Programm sofort unterbrochen wird (Bundespräsident, Kanzler), "Y" für Menschen, die nach ihrem Tod in den "Tagesthemen" gewürdigt werden sollen. Geheim ist die Existenz dieser Liste nicht; der "Stern" hat 1978 schon mal alle 250 damals dort verzeichneten Namen veröffentlicht.
Jedenfalls gilt auch der Schlagersänger Heino der ARD als wichtig genug für einen Nachruf, wovon dessen Manager in diesen Tagen erfuhr. Und weil Heino, wie die "Bild"-Zeitung ausführlich berichtete, vor drei Wochen einen Zusammenbruch hatte, im Krankenhaus liegt und angeblich sogar "Todesangst" hatte, rührte Mark Pittelkau daraus schnell einen hübschen Aufreger über die "makabere" und womöglich "pietätlose" Praxis der ARD an:
"Ganz offenbar hat die Nachruf-Produktion bei der ARD Methode", schrieb Pittelkau zutreffend, aber erstaunlich erstaunt. Und weil der zuständige NDR-Sprecher "Bild" dazu offenbar nichts sagen wollte, zitierte Pittelkau stattdessen aus einem Eintrag von ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke im Tagesschau-Blog vor ein paar Monaten, in dem der die Praxis ausführlich erläuterte. (Trotz der schriftlichen Vorlage schaffte Pittelkau es übrigens nicht, Namen und Funktion Gniffkes korrekt abzuschreiben.)
Dafür, dass Heino "entsetzt" ist, gibt es in "Bild" übrigens keine Anzeichen. Er sei im Giftschrank mit den anderen vorproduzierten Nachrufen doch in bester Gesellschaft: "Ganz offensichtlich kommen da ja nur Hochkaräter rein", sagte er laut "Bild".
Außer Heino befinden sich dort nach unseren Informationen u.a. Madonna, Jogi Löw und sämtliche Ministerpräsidenten.
Kai Diekmann ist nicht dabei.
Quelle: http://www.bildblog.de/2518/heino-ist-tot-arbeitstitel