Euro fällt unter 1,20 Dollar Spekulation auf höhere Zinsen stützt den Kurs der amerikanischen Währung
REGINE PALM HANDELSBLATT, 6.4.2004 DÜSSELDORF. Der Euro ist gestern unter die psychologisch wichtige Marke von 1,20 Dollar gerutscht. Dies war der niedrigste Stand seit rund vier Monaten. Noch am Morgen war die europäische Gemeinschaftswährung über 1,21 Dollar wert. Händlern zufolge profitierte der US-Dollar noch im Nachhinein von dem unerwartet deutlichen Stellenzuwachs in den USA im März, der bereits am Freitag bekannt wurde. Er habe Spekulationen über eine früher als erwartete Zinserhöhung in den USA genährt. Zudem belasteten schwache Einkaufsmanagerdaten aus der Euro-Zone den Euro.
Zusätzliche Unterstützung erhielt der Kurs des Dollars am Nachmittag durch den Service-Index des Institute for Supply Management (ISM) in den USA. Mit einem Index-Anstieg von 60,5 auf 65,8 Punkten hat sich das Wachstumstempo der Geschäftstätigkeit im US-Dienstleistungssektor im März überraschend stark beschleunigt. Ein Stand von über 50 Zählern signalisiert eine expandierende Geschäftstätigkeit. Nach diesen Daten rutschte der Euro dann unter 1,20 $ und hielt sich am späten Abend nahe dieser Marke.
"Die US-Beschäftigungsdaten waren sehr stark, und es gibt klare Anzeichen für eine Zinserhöhung in den USA", sagte David Mann, Devisenstratege von Standard Chartered, der Nachrichtenagentur Reuters. In der Euro-Zone zeichne sich dagegen eine Zinssenkung ab. "Die Arbeitsplätze sind der Schlüssel. Wir wissen, dass die US-Wirtschaft expandiert", sagte auch Marc Chandler, Chef Devisenstratege von HSBC in New York. Für den US-Dollar gebe es daher zurzeit einige Unterstützung von der Zinsseite. Der Zinsabstand zwischen den USA und der Euro-Zone galt bislang neben den hohen Defiziten in den USA als Hauptgrund für die anhaltende Schwäche der US-Währung.
Einige Händler sprachen bereits von einem fundamentalen Wandel der Dollar-Euro-Beziehung. Während die USA ihr Wachstum nun durch harte Zahlen und Zunahme von Arbeitsplätzen unter Beweis stellten, zeige sich Europa immer mehr als konjunkturschwächster Erdteil. Japan habe dagegen in der vergangenen Woche mit dem ebenfalls über Erwarten guten Tankan- Bericht seine eigene Erholung unterstrichen.
Der Kursanstieg des Dollars auf Grund der jüngsten Wirtschaftsdaten mahnt jedoch auch einige Marktteilnehmer zur Vorsicht. Mit Blick auf die US-Arbeitsmarktdaten zeigte sich etwa Carsten Fritsch von der Commerzbank skeptisch, "ob ein Monat mit besseren Daten schon die Trendwende bedeutet". "Die Märkte sind im Moment sehr beeindruckt von den jüngsten Wirtschaftsdaten aus den USA", stellt Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank fest. Er mahnt ebenfalls zur Vorsicht, da sich eine "zurückgehende Wirtschaftsdynamik in den USA abzeichnet. Bremsende Faktoren" seien dominant und ließen Zweifel aufkommen. Doch "kurzfristig bleibt der Dollar von den Märkten weiter favorisiert", räumt der Devisenexperte ein. Eine Abschwächung bis Euros bis auf 1,17 Dollar sei daher an den kommenden Tagen nicht auszuschließen. Grundsätzlich gibt es laut Hellmeyer allerdings nach wie vor noch "keine Trendwende". Er sieht den Kurs des Euros im vierten Quartal dieses Jahres bis auf ein Niveau von 1,35 bis 1,40 Dollar steigen.
Unter Druck geriet der Euro auch gegenüber anderen Währungen, so zum japanischen Yen, britischen Pfund und ungarischen Forint. Mit Kursen von 125,85 Yen fiel der Euro auf den niedrigsten Stand seit über vier Monaten. Marktteilnehmer erklärten die Abschwächung mit starken Konjunkturzahlen aus Japan, während die Daten aus der Euro-Zone enttäuscht hätten. Zum Pfund fiel der Euro (66,06 Pence) auf den tiefsten Stand seit einem Jahr.
Etwas schwächer zeigte sich die japanische Währung Yen zum US-Dollar. Ende vergangener Woche war der Greenback zeitweise nur noch knapp über 103 Yen wert. Gestern zog der Dollar dann wieder auf über 105 Yen an. Mit Spannung warten die Marktteilnehmer heute auf die Bekanntgabe der Frühindikatoren in Japan für den Monat Februar.
Auch der Forint legte gegenüber dem Euro zu. Nachdem die ungarische Notenbank überraschend ihren Leitzins von 12,25 auf 12 % gesenkt hatte, stieg der Forint auf rund 248 Forint zum Euro. Die Zentralbank hatte ihren Leitzins erst am 22. März um 25 Basispunkte auf 12,25 % gesenkt. "Die Zinssenkung dürfte dem Bondmarkt Schwung geben und den Forint-Kurs nach oben treiben", sagte Tania Kotsos von RBC Capital Markets in London der Nachrichtenagentur Bloomberg.
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