hallo, bei den Banken mit weiterem Kapitalbedarf denke ich vor allem an UBS und Citigroup. Zu Herrn Funke etwas zu sagen, ist für mich im Moment unmöglich. Müßte ich ihn für eine Reportage portraitieren, würde ich mich, glaube ich, an der berühmten weißen, also leeren Seite Laurence Sternes ("Tristam Shandy") orientieren: kann, muß sich jeder Leser selber ein Bild malen. Das Kommunikationsverhalten des Instituts ist seit dem 16. Januar völlig inakzeptabel; für mich unfaßbar, daß so etwas im 21. Jahrhundert möglich ist. Auch die komplette IR-Abteilung gehört fristlos entlassen: einmal natürlich, weil sie ihren Chef offensichtlich schlecht berät; zum anderen, weil man selbst auf freundliche, aber konkrete Fragen nur Pauschalantworten auf Fragen, die man gar nicht gestellt, und Vorwürfe, die man gar nicht erhoben hat, bekommt. Wohlmeinende Ratschläge (dahingehend, sich doch baldmöglichst mal etwas besser öffentlich zu erklären) bleiben ohne jegliche Reaktion! Möchte gar nicht wissen, was Warren sich denkt, wenn er das liest. Mein Gefühl wird täglich komischer ... da ich aber immer noch an das Gute im Menschen glaube und auch nicht davon ausgehe, daß man in der HRE völlig wahnsinnig geworden ist (und im jetzigen Stadium noch mit irgendetwas hinter dem Berg hält), bekämpfe ich mein Gefühl vorerst noch mit allen Mitteln. Bin, was HRE angeht, ganz sicher kein Bulle ... jeder geht an der Börse seinen Weg und meiner ist seit über zwanzig Jahren, anfangs ausschließlich, der, (meist im deutschen Sprachraum, also wo man bessere Informationen über das Umfeld hat, die Sprache, die Verhältnisse und vor allem die Mentalität aller Beteiligten kennt) Bankaktien zu kaufen, wenn sie fallen, und Bankaktien zu verkaufen, wenn sie steigen. Das hat im Großen und Ganzen phantastisch funktioniert, selbst für lange, harte Durststrecken wurde man immer übergroßzügigst entschädigt. Ich bin immer davon ausgegangen, daß mindestens ein paar Banken durchkommen und mir das dann reicht, um einen oder zwei etwaige Totalverluste (zu denen es aber, zuletzt wohl dank der Allianz, nie kam) locker kompensieren zu können. Seit Anfang des Jahres bin ich allerdings sehr vorsichtig geworden, seit ein paar Wochen auch deshalb, weil mir dämmert, daß meine aktive Zeit eine phantastische Epoche ohne wirklich fundamentale Krisen gewesen ist. Da viele Kurse kräftig gefallen sind, bin ich natürlich schon wieder etwas stärker investiert, habe aber seitdem die Kursstufen, auf denen ich nachkaufe, etwas modifiziert. Wie schon mal hier gesagt, würde ich das bei HRE (Informationsstand aus heutiger Sicht!!!) auch bis fast zur Nullinie durchziehen, da ich von den Geschäftsfeldern mit ihren Ertragsperspektiven grundsätzlich völlig überzeugt bin. NOCH gehe ich davon aus, daß die HRE durch das zeitliche Timing (16. Januar) und ihren Namen (Hypo) das Pech hatte, zum Sündenbock für all die Ängste, die uns derzeit plagen, deklariert zu werden. Entscheidend kam hinzu die ungünstige, stark angloamerikanisch geprägte Aktionärsstruktur; für die massiven Aktienverkäufe, zum größten Teil wohl Notverkäufe (da kreditfinanziert) dieser Hedge-Fonds fehlte es hierzulande natürlich an der entsprechenden Nachfrage; hinzu kamen die sich fast unmittelbar daran anschließenden massiven Millardenverluste eigentlich viel stärkerer und breiter aufgestellter Banken, so daß der ganze Sektor seither lichterloh brennt und alle größeren Investoren erstmal abwarten, welche Häuser noch stehen werden, wenn sich irgendwann (m.E. nicht in diesem und auch nicht früh im nächsten Jahr) der Rauch auflöst. Bullish sehe ich erstmal gar nix; in der Vergangenheit war so eine Marktsituation, wenngleich schlecht für die Nerven, für den Geldbeutel sehr günstig, denn je tiefer es ging, desto billiger bekam man die Aktien. Leider ging es 2003 so unvorstellbar tief, daß ich ganz am Ende, auch aus anderen Gründen, nicht mehr bzw. nicht pünktlich flüssig war. Ich würde also im Moment, HÄTTE ICH NICHT diese Vergangenheit, sehr vorsichtig sein und höchstens kleinere Teile des Budgets investieren. Bei der HRE würde ich, wenn ich es aushalten könnte, unter Umständen 5 oder 6 Euro zu verpassen, noch ganz abwarten, bis man (hoffentlich bald) wieder Fakten aus erster Hand und nicht nur Interpretationen bekommt. Die Gefahr, sich irgendetwas zusammenzureimen, von dem man sich dann nicht mehr lösen kann, ist an der Börse bekanntlich seit jeher sehr groß. Durch das Internet ist sie nur noch größer geworden. Meine sog. Strategie stelle ich derzeit - zum ersten Mal überhaupt - täglich zweimal auf den Prüfstand. "Wenn alles so bleiben soll, wie es ist, muß sich alles (vielleicht) ändern", sagt die Hauptfigur in Lampedusas Roman "Il gattopardo". Das "vielleicht" in der Klammer stammt von mir. Dir und allen hier viel Glück bei den Entscheidungen, LeoF
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