HANDELSBLATT, Donnerstag, 4. Oktober 2007, 15:22 Uhr Zinsentscheid
Trichet verkneift sich das Schlüsselwort
Wegen der Unsicherheiten an den Finanzmärkten hat die Europäische Zentralbank erneut auf eine Zinserhöhung verzichtet. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vermied zudem einen klaren Hinweis auf den künftigen Kurs der Notenbank. Ein entscheidenens Schlüsselwort fiel nicht.
HB FRANKFURT/WIEN. Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt den weiteren Kurs ihrer Zinsentscheidungen offen. ?Es ist notwendig, weitere Informationen und Daten zu sammeln, bevor wir Schlussfolgerungen für die weitere Geldpolitik ziehen können?, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet nach der Ratssitzung in Wien. Die Aussichten für die Wirtschaft seien wegen der Finanzmarktkrise unsicherer geworden und es gebe mehr Inflationsgefahren.
Trichet machte deutlich, dass die Währungshüter immer noch bereit sind, mittelfristig mit einer weiteren Zinserhöhung die drohende Inflation zu bekämpfen. ?Unsere Geldpolitik steht bereit, Aufwärtsrisiken für die Preisstabilität zu begegnen?, sagte er.
Die Währungshüter hatten den Schlüsselzins für Kredite an Geschäftsbanken bei vier Prozent belassen. Trichet begründete dies damit, dass die Bank zunächst mehr Informationen zu den Folgen der Finanzmarktturbulenzen abwarten wolle. Trichet verzichtete zunächst auf das Schlüsselwort, dass die Geldpolitik ?immer noch eher akkommodierend? sei, also die Wirtschaft stütze.
Die Entscheidung der EZB kommt für die Finanzmärkte nicht überraschend, denn Analysten hatte mit einer Zinsänderung gerechnet. Bereits Anfang September hatte die EZB auf ihre ursprünglich signalisierte Zinserhöhung wegen der Unsicherheiten an den Märkten verzichtet.
Wegen des wirtschaftlichen Umfelds erwarten ohnehin nur noch wenige Experten in diesem Jahr eine Zinserhöhung der EZB. Grund dafür sind der Euro-Höhenflug, gestiegene Marktzinsen und die Teuerungsrate. Sie war im September erstmals seit einem Jahr wieder über die Marke von zwei Prozent geklettert, während die EZB ihr wichtigstes Ziel - die Preisstabilität - bei Werten knapp darunter gewährleistet sieht. [Wenn die "Teuerung klettert", müsste man doch eigentlich die Zinsen erhöhen? - A.L.]
Trichet betonte wieder die Risiken für stabile Preise auf mittlere Sicht. Seit Ende 2005 hat die Zentralbank ihren Leitzins auf vier Prozent verdoppelt, um die Inflation während des Aufschwungs im Zaum zu halten.
Analysten sagten zu Trichets Äußerungen in ersten Reaktionen: ?Alles kam wie erwartet. Grundsätzlich hält er sich die Tür offen für weitere Zinserhöhungen", meinte Ralf Umlauf von der Helaba. "Trichet hat Inflationsrisiken thematisiert, aber da ?strong vigilance? nicht auftaucht, ist es sehr offensichtlich, dass im November keine Zinserhöhung ansteht."
Michael Schubert von der Commerzbank stimmte zu: ?Mit Blick auf Zinserhöhungen ist er weiter zurückgerudert, und dafür gibt es drei Anhaltspunkte: Er hat nicht davon gesprochen, dass die Geldpolitik weiter akkommodierend ist. Er ist darauf eingegangen, dass die Geldmenge M3 wohl durch temporäre Faktoren überhöht wurde. Und er hat zum ersten Mal davon gesprochen, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten und Quartalen zwar weiter steigen aber dann auch wieder sinken wird. Das lässt mich darauf schließen, dass keine weiteren Zinserhöhungen zu erwarten sind.?
Die Unsicherheiten an den Finanzmärkten hatten vor allem den Geldmarkt belastet, da sich Banken aus Angst vor Verlusten untereinander kaum noch Geld liehen. Dies hatte die Marktzinsen deutlich verteuert und neben der EZB auch andere Notenbanken dazu veranlasst, zusätzliche Milliarden in den Geldkreislauf zu pumpen.
Wegen der Hypothekenkrise hat die US-Notenbank Fed bereits die Zinswende eingeläutet und ihren Leitzins auf 4,75 Prozent gesenkt, um weiteren Schaden für die Wirtschaft abzuwenden. Die Bank of England hingegen ließ ihren Leitzins am Donnerstag unverändert bei 5,75 (Auslassung!, P....??).
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