DORTMUND ?Wir hoffen, alle die heute hier sind, auch am Donnerstag gegen Borussia Dortmund wiederzusehen?, verlas der Stadionsprecher in Udine am Sonntag. Das wären dann rund 13 000 Fans. Die Bitte der Vereinsführung war nach dem 2:0-Erfolg im Hinspiel kein Produkt des Hochmutes. Eher der Wunsch nach einem angemessen Rahmen für den Wettbewerb, der in Italien kaum Enthusiasmus hervorkitzelt.
Wenn man nicht Milan oder Napoli heißt, zeigen TV-Sender wenig Interesse am UEFA-Pokal. Die Fiorentina kickte sich im vergangenen Jahr auf ?Conto TV? bis ins Halbfinale ? ein Pay-TV, das ansonsten mit Erotikprogrammen Geld macht.
Immerhin verfügt Florenz über eine außerordentlich stattliche Fangemeinde, was Udinese nicht von sich behaupten kann. Der Verein aus der 100 000-Einwohner-Stadt Norditaliens ist kein Zuschauermagnet, 12 000 verkaufte Jahreskarten wie zurzeit sind bereits ein Erfolgswert. Die Abo-Besitzer erhalten gegen die Borussia Ermäßigungen bis zu 50 Prozent.
"Sie werden auf Physis bauen"
Am sportlichen Hoch kratzen diese Zahlen nicht. Mit dem jüngsten 2:1-Sieg über Siena steht Udine nach fünf Spieltagen auf Rang 3 ? vor den pompösen Kadern von Inter, Milan, Juve oder der Roma. Diesen Schwung möchte man auch mit in die Partie gegen Dortmund nehmen: ?Borussia wird ganz anders als im Hinspiel auftreten und nicht gleich alles auf eine Karte setzen?, sagt Trainer Pasquale Marino. ?Sie werden auf Physis im Mittelfeld bauen, wir müssen die Partie über den Ballbesitz versuchen zu kontrollieren.? Und natürlich auf das Markenzeichen Konter hoffen, das im Hinspiel zum Erfolg führte. Dabei reagierte Italien entsetzt über die Defensivschwächen der Dortmunder: ?Es war beinahe traurig, die gelb-schwarze Macht aus den 90ern mit solch eklatanten Fehlern zu sehen?, kommentierte die größte Tageszeitung Italiens, ?Gazzetta dello Sport?: ?Jetzt nicht weiterzukommen, wäre ein Verbrechen am Fußball.?
Trainer Jürgen Klopp wurde in Italien en passant ?taktischer Selbstmord? vorgeworfen: ?Selbst ein Kleinkind hätte erkannt, dass Udine nur auf dem Papier ein 4-3-3 aufbot und mit fünf Mittelfeldspielern immer in Überzahl war. Er reagierte darauf nicht und ergab sich in sein Schicksal wie ein Wal, der hilflos auf Sand gestrandet ist.?
"Solche Tage haben wir auch erlebt"
Dazu mag zwar passen, dass der Name des Udine-Coaches übersetzt ?am Meer? oder ?Meeres-? bedeutet, doch Marino kennt die blumigen Urteile der italienischen Presse viel zu gut, um sich von ihnen in die Falle locken zu lassen: ?Die Borussia hatte einen schwarzen Abend erwischt, das haben wir ausgenutzt. Solche Tage haben wir auch schon erlebt. Das 2:0 ist kein Freilos fürs Rückspiel und die nächste Runde. Mit so einem Gedanken würden wir unsere ganze Arbeit in den Müll werfen.?
Außerdem genießen deutsche Mannschaften wegen ihrer Kämpfermentalität in Italien immer noch enormen Respekt, der unter dem Eindruck des Hinspiels keinen Schaden nahm. So formulieren die Sportblätter die Ausgangslage vor Donnerstag schon etwas vorsichtiger: ?Die Qualifikation scheint eine Formalität. Doch traue niemals den Deutschen und ihrer Hartnäckigkeit.? Oder einem nur vorübergehend gestrandeten Klopp-Wal.
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