Interview-Ausschnitt vom 13.06.2007
SPIEGEL ONLINE: Herr Lafontaine, haben Sie dem venezolanischen Präsidenten Chavez schon persönlich gratuliert? Sie sagten kürzlich, er sei dafür zu bewundern, dass er Finanz- und Energiekonzerne verstaatlicht.
Lafontaine: Ich glaube nicht, dass Chavez darauf angewiesen ist, dass ich ihm persönlich gratuliere. Gleichwohl ist seine Entscheidung ein Durchbruch.
SPIEGEL ONLINE: Ist diese Sympathieerklärung nicht instinktlos? Chavez ist ein machthungriger Autokrat, der die repräsentative Demokratie verhöhnt und derzeit regierungskritische Rundfunksender abschalten lässt.
Lafontaine: In Chavez setzen viele Menschen in Mittel- und Südamerika ihre Hoffnungen. Wenn Chavez richtige Entscheidungen trifft, ist es nicht instinktlos, diese Entscheidungen zu begrüßen.
Artikel vom 07.07.2007: Lafontaine verteidigt Presse-Zensur in Venezuela
Der Vorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, hat die Schließung des beliebten venezolanischen Fernsehsenders RCTV durch Staatspräsident Hugo Chávez gerechtfertigt. Nicht in Venezuela, sondern in der westlichen Welt sei die Pressefreiheit in Gefahr.
Hamburg - Venezuelas Staatschef Chávez habe viele Lizenzen für offene Kanäle vergeben, im positiven Gegensatz zur "immer stärker werdenden Medienkonzentration in den westlichen Demokratien", schrieb Oskar Lafontaine, Chef der Partei "Die Linke", in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag".
Die Pressefreiheit in Deutschland sei die Freiheit einiger reicher Leute, ihre Meinung zu verbreiten, schrieb Lafontaine. Wer das nicht erkenne, habe "den Blick für die Verhältnisse verloren".
Der venezolanische Staatschef Hugo Chávez hatte im Mai die Lizenz für den regierungskritischen Fernsehsender RCTV nicht verlängert. Als Grund gab er an, der Sender habe im vergangenen Jahr eine Protestbewegung gegen ihn unterstützt, die nach Regierungsangaben auch Putschpläne verfolgte. Nach dem Aus für RCTV war es zu massiven Protesten gekommen, die Polizei ging mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor. Kurz danach verschärfte Chávez außerdem seine Kritik am letzten verbliebenen regierungskritischen Fernsehkanal des Landes, Globovisión, und drohte unverhohlen mit dessen Schließung. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen warnte daraufhin vor einer Bedrohung der Pressefreiheit in dem südamerikanischen Land.
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