Lieber deluxxe,
einen Versuch möchte ich noch wagen mit einem Vergleich aus BW, der eine reale Situation widerspiegelt (im Gegensatz zu deinem Post #166): Stelle: Sachbearbeiter im gehobenen Dienst (abgeschlossenes Hochschulstudium, z. B. Bauingenieur). Stellenbewertung: A 10 (Beamter), EG 9 TVöD (Angestellter) Beide sind seit vier Jahren im Beruf und bearbeiten die gleiche Stelle.
Beginnen wir mit dem Beamten: Auf seinem Gehaltszettel ist ein Brutto von 2.730,44 ? ausgewiesen. Abzüglich der Lohnsteuer bleiben ihm 2.242,77 ? netto. Davon muss er noch eine private Krankenversicherung bezahlen, die üblicherweise sich im Bereich zwischen 200 und 300 ? bewegt. Im günstigsten Fall bleiben im daher 2.042,77 ? (bei 41 Stunden pro Woche, Sonderzahlung 50% seit 2005 in Grundgehalt integriert).
Nun der Angestellte. Auf seinem Gehaltszettel findet sich ein Brutto von 2.799,69 ?. Nach Abzug von Lohnsteuer, Sozialversicherung und Beitrag zur Zusatzversorgung bleiben ihm 1.779 ? netto (bei 39 Stunden pro Woche, ohne Sonderzahlung).
So, deluxxe, du würdest nun sicher sagen: Der Beamte stehe besser da, da er mehr netto vom brutto habe, da er keine Sozialversicherung bezahlen müsse. Zudem bekomme er eine Pension, ohne etwas dazu beizutragen. Genau dieser Schluss ist schlicht falsch. Dies liegt in den unterschiedlichen Systemen begründet. Hier der Versuch, dies ohne Einstieg ins Sozialversicherungs-, Steuer- und Beamtenrecht zu erklären:
Um die realen Personalkosten des Angestellten zu ermitteln, muss sein Bruttogehalt um den Arbeitgeberanteil der Sozialversicherung (583,42 ?) sowie den Arbeitgeberanteil der Zusatzversorgung (153,96 ?) erhöht werden. Daraus ergibt sich ein monatlicher Arbeitgeberaufwand i. H. v. 3.537,09 ?. Der Arbeitgeberaufwand bei den Beamten bleibt jedoch bei 2.730,44 ?. Der Staat spart somit bei einem aktiven Beamten gegenüber einem Angestellten monatlich 806,65 ?. Hier die Jahressummen an Arbeitgeberaufwand. Beim Angestellten ist dabei die Jahressonderzahlung (80% eines Monatsgehalts) hinzugerechnet. Zudem muss das Gehalt des Angestellten auf die gleiche Arbeitszeitbasis (Beamte 41 Stunden/Woche, Angestellte 39 Stunden/Woche) gerechnet werden:
Beamter: 32.765.28 ? Angestellter: 47.813,43 ?
Der Staat hat somit grundsätzlich jährlich knapp 15.000 ? über. Davon geht aber erstmal noch die sogenannte "Beihilfe im Krankheitsfall" ab, d. h. der Staat übernimmt 50% der Krankenkosten des Beamten. Zu vergleichen ist dies mit dem Arbeitgeberanteil an der gesetzlichen Krankenversicherung, an der sich übrigens die Leistung der Beihilfe anknüpft. Möchte man als Beamter mehr Leistung (z. B. Zweibettzimmer), dann muss man in BW einen Eigenbeitrag von zurzeit 22 ? monatlich leisten. Zudem trägt man in A 10 115 ? pro Jahr immer selbst! Die durchschnittlichen Beihilfeaufwendungen liegen in BW bei knapp 3.500 ? je Beamten, so dass der Staat immer noch 11.500 ? Vorteil hat. Diesen Betrag könnte er jetzt als Pensionsrücklage sicher anlegen.
Und genau hier haben wir nun unser Pensionsproblem: Genau diese Rücklagen haben nie oder nur unzureichend stattgefunden. Die Politik hat sich hieran jahrelang bedient. Bei 250.000 Beamten in BW sind dies 2,9 Milliarden ? pro Jahr, die gegenüber Angestellten eingespart, jedoch nicht zurückgelegt werden. Das Geld wurde und wird für schöne politische Leuchtturmprojekte verwendet. Hier müssen wir ansetzen!
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