«Versagen die USA in Afghanistan?» stellte das Magazin «Time» erst am Donnerstag die bange Frage. Gleich drei unabhängige Berichte wurden in der Woche über den Stand der Dinge vorgelegt - und keiner sorgte unter Kongressabgeordneten für Jubelstimmung. «Man soll sich nicht vertun - die NATO gewinnt in Afghanistan nicht», urteilt etwa des Forschungsinstitut Atlantic Council. «Solange diese Realität nicht verstanden ist und umgehend Maßnahmen ergriffen werden, sieht die Zukunft für Afghanistan düster aus, mit regionalen und weltweiten Folgen.» Und US-General James Jones, einst NATO-Kommandeur am Hindukusch, sieht derweil einen «Verlust an Schwung» der Bündnispartner, der zu einem «Rückwärtsrutsch» führen könnte.
Mit 25 Milliarden Dollar (rund 17 Milliarden Euro) schlug der Kampf gegen die radikal-islamischen Taliban bislang für die USA zu Buche, doch dringen die Extremisten weiter in immer neue Teile des Landes vor. Auch steigt die Zahl der amerikanischen Opfer: Starb zwischen 2002 und 2004 im Durchschnitt ein US-Soldat pro Woche, sind es nun mehr als doppelt so viele. Und gegen den boomenden Anbau von Schlafmohn, der den Grundstoff für Heroin liefert, scheint trotz internationaler Anstrengungen weiter kein Kraut gewachsen.
Trotz des kräftezehrenden und teuren Irak-Einsatzes beorderte Präsident George W. Bush unlängst 3200 weitere Marineinfanteristen nach Afghanistan, wo bereits 28 000 US-Soldaten stationiert sind und damit mehr als die Hälfte aller internationalen Truppen. Wie es in Washington heißt, verband sich mit dem Schritt die Hoffnung, die Bündnispartner würden im Gegenzug ihrerseits ihr Engagement ausbauen. «Wir werden sicherlich diese Truppenentsendung als Hebel benutzen, damit auch andere Länder aufstocken», gab der Staatssekretär im US- Außenministerium für Süd- und Zentralasien, Richard Boucher, unumwunden zu. Denn es gebe «noch immer Defizite, sowohl vor allem bei der kämpfenden Truppe wie auch bei Ausbildern.»
Für viele US-Demokraten ist die Bush-Regierung nicht unschuldig daran, dass der Bewegungsspielraum der USA deutlich eingeschränkt ist. Sie machen den Irak-Krieg verantwortlich, der Fortschritte in Afghanistan behindert, weil er riesige Ressourcen, Mittel und Truppen binde. In fünf Jahren hätten die USA für Nothilfe und Entwicklung am Hindukusch gerade einmal soviel ausgegeben, wie der Einsatz im Irak über drei Wochen kostet, rechnet der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Senats, Joe Biden, vor. «Wenn wir irgendwo Truppen aufstocken sollten, dann in Afghanistan, und nicht im Irak.»
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