Visa ausgestellt für eine Nationalmannschaft, die es garnicht gibt !!! |
Joschka Fischer Berlin direkt Heikles Geschäft
Visa-Vergabe Vertrauliche Dokumente belasten Fischers Verteidigung Außenminister Fischer hat eingeräumt, bei der Regelung der Visa-Vergabe Fehler gemacht zu haben. Seit spätestens 2003 seien aber die Probleme beseitigt. Jetzt tauchen neue, vertrauliche Dokumente auf. Fischers Verteidigungslinie gerät unter Druck. von Michaela Kolster und Ulf-Jensen Röller, 10.04.2005 <!-- right-sb-teasers start -->
Berlin direkt
Das politische Magazin aus der Hauptstadt
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17.04.05 19:10 Uhr
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10.04.05Heikles Geschäft Visa-Vergabe Bericht: Fischer plant Umbeset-
zungen im Auswärtigen Amt Auswärtiges Amt weist neue Vorwürfe zurück "Jede Partei kämpft für ein eigenes Ergebnis" Ein paar Koffer, einige Trikots und Erinnerungsbilder, dazu viel kriminelle Energie - das ist die Geschichte der angeblichen Handball-Nationalmannschaft aus Sri Lanka. Im September 2004 reiste sie ein, versehen mit ordentlichen Visa. Sie spielten ein Spiel, dann tauchten sie ab. Auf Nachfrage stellte sich heraus: Sri Lanka hat gar keine Handball-Nationalmannschaft. Peinlich ist das für das Außenministerium und die Botschaft, die die Visa vergab.
Fischers Fehler
Visa-Vergabe ist ein heikles Geschäft. Das hat auch Außenminister Fischer bitter erfahren müssen. Er räumt ein, er habe Fehler gemacht. Es sind Fehler, die ihm seine Popularität kosten. Seit spätestens 2003 seien aber die Probleme beseitigt: "Wir versuchen alles, um Missbrauch abzustellen", sagt Fischer gegenüber Berlin direkt.
»...tiefgreifende Strukturprobleme in der Aufgaben- wahrnehmung betreffend das Visumverfahren durch das Auswärtige Amt...« Schriftliche Unterrichtung des Innenministeriums
(1. Oktober 2004) Aber Fischers Verteidigungslinie gerät weiter unter Druck. Denn auch nach 2003 gab es noch erhebliche Probleme, vor allem in Kiew, Hauptstadt der Ukraine. Das belegen vertrauliche Dokumente, die Berlin direkt vorliegen. In einer schriftlichen Unterrichtung des Innenministeriums vom 1. Oktober 2004 an Minister Schily heißt es: "Die Vorgänge in der Botschaft Kiew ... lassen jedoch auf tiefgreifende Strukturprobleme in der Aufgabenwahrnehmung betreffend das Visumverfahren durch das Auswärtige Amt schließen."
Längerer Visa-Missbrauch
Der Visa-Missbrauch währte also länger als von Fischer behauptet, seine Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Eckart von Klaeden, CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, rechnet damit, "dass wir ihm in öffentlicher Sitzung im Untersuchungsausschuss nachweisen können, dass Missstände in Kiew aber auch an anderen Botschaften sich nach 2003 so oder in anderer Form fortgesetzt haben. Wenn uns das gelingt, dann ist seine Glaubwürdigkeit dahin."
10.04.05Heikles Geschäft Visa-Vergabe Auch die Mitarbeiter der ukrainischen Botschaft sprechen weiter von Missbrauch. Der Leiter der Rechts- und Konsularabteilung, Roland Schißau, berichtet in einem Vermerk noch im Juni 2004 von Unregelmäßigkeiten und von Korruptionsverdacht. Schißau selbst mischte sich unter die Wartenden. Er wurde dort direkt angesprochen, bei Bedarf könne er für das Visa-Verfahren notwendige Dokumente erwerben.
Botschaft Kiew: "Heikle Konstellation"
Schißau vermutete Korruption unter den Mitarbeitern. "Der Verdacht richtet sich gegen eine oder mehrere noch nicht identifizierbare Personen aus dem Kreis der im Gebäudeinneren tätigen ukrainischen Beschäftigen...", schreibt Schißau im Juni 2004. Volker Neumann, SPD-Obmann im Visa-Untersuchungsausschuss, ist überzeugt, "dass das Auswärtige Amt immer dann reagiert hat, wenn Missstände bekannt geworden sind. Ob es schnell genug geschehen ist, überprüfen wir im Untersuchungsausschuss."
In einer E-Mail von Oktober 2004 an das Auswärtige Amt bittet ein Mitarbeiter der Botschaft Kiew um Rechtsbeistand für seine Zeugenaussage in einem Schleuserprozess. Die Visa-Prüfung sei schwierig, so klagt er. Wie solle man echte Tänzerinnen von Prostituierten unterscheiden? Wörtlich heißt es: "Eine rundheraus heikle Konstellation: Wir sollen Frauenhandel verhindern, müssen den Vorwurf vermeiden, diskriminierend gegen attraktive junge Frauen zu entscheiden, haben keine echte Prüfmöglichkeiten...".
»Noch im Frühjahr 2004 war die Personalausstattung in den Außenvertretungen in Kiew und in Moskau unzureichend.« Hellmut Könighaus, FDP-Obmann Visa-U-Ausschuss Außenminister bleibt bei seiner Linie
"Die Aktenlage sagt uns ganz klar, dass noch im Frühjahr 2004 zumindest bis dorthin die Personalausstattung in den Außenvertretungen zumindest auch wiederum in Kiew und in Moskau so unzureichend war", sagt Hellmut Königshaus, FDP-Obmann im Untersuchungsausschuss. "Eine ordnungsgemäße Prüfung war damals nicht mehr möglich."
Trotz der neuen Dokumente bleibt das Außenministerium dabei, man habe die Missstände abgeschafft. "Bei drei Millionen Visa werden sie den Versuch von Missbrauch nicht ganz ausschließen können", sagt Bundesaußenminister Joschka Fischer. "Die entscheidenden Instrumente aber, die damals zu dem Hochschnellen der Zahlen in Kiew geführt hatten, wurden definitiv 2002/2003 abgestellt. Das führte zu einer Zahlenreduzierung, so dass wir im Jahr 2004 unter dem Eingangsjahr von 1998 gelegen haben."
Schwerer Auftritt im U-Ausschuss
Fischer kämpft um sein Bild in der Öffentlichkeit. In zwei Wochen wird er vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Immer neue Dokumente über Visa-Missbrauch machen diesen Auftritt nicht leichter.