Expertenurteil: Eigenheimzulage muss bestehen bleiben
Wirkungsanalyse des Bundesamtes für Bauwesen fällt uneingeschränkt positiv aus "Hohe soziale Treffsicherheit"
Von Peter Gillies
Berlin - Die Eigenheimzulage "leistet einen wirksamen Beitrag zur Eigentumsbildung", ist von "hoher sozialer Treffsicherheit" und "reduziert die Schwelle zur Eigentumsbildung deutlich". Dieses Urteil fällt die "Wirkungsanalyse Eigentumszulage", die von den Länderbauministern beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Auftrag gegeben worden war.
Das der WELT vorliegende Urteil der bisher vertraulichen Studie, über die die Länderminister der Arbeitsgemeinschaft Bau (Argebau) am 7. und 8. November debattieren wollen, gewinnt ihr Gewicht im Zusammenhang mit den aktuellen Koalitionsverhandlungen. Um das Loch im Bundeshaushalt 2003 von rund zehn Mrd. Euro zu stopfen, wird von der rot-grünen Koalition auch ein Subventionsabbau erwogen. Dabei hat die Eigenheimzulage mit einem Volumen von rund 7,5 Mrd. Euro hohe Bedeutung.
Wenn die rot-grünen Sparkommissare von der Analyse Argumente für die Abschaffung oder Einschränkung der Eigenheimzulage erwartet hatten, so werden sie enttäuscht. Das Bundesamt fällt ein uneingeschränkt positives Urteil über diese Subvention.
Seit 1996, so die Studie, wurde das "Ziel einer Belebung der Eigentumsbildung erreicht". Das gelte besonders für die neuen Bundesländer. Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung realisierten die Bauherren ihr Wohneigentum nicht hauptsächlich im Neubau. Er profitierte nur zu 44 Prozent von der Förderung, während 50 Prozent in bereits bestehende Bestandsobjekte gingen. Sechs Prozent betrafen Ausbau und Erweiterung.
Die soziale Treffsicherheit der Eigenheimzulage wird als sehr hoch eingestuft. Fast 60 Prozent aller Förderfälle betrafen Familien mit einem oder mehr Kindern. Die Empfänger der Zuschüsse waren im Durchschnitt 39 Jahre alt. Da fast zwei Drittel von ihnen auch die zusätzliche Kinderzulage bekamen, gehen die Verfasser der Analyse davon aus, dass diese Eigentümer sich überwiegend in der "Familiengründungs- oder Familienerweiterungsphase" befanden. Bei den jungen Haushalten unter 30 Jahren dominieren Singles und kinderlose Paare.
In den neuen Bundesländern habe die Neubautätigkeit in einigen Regionen zu einer "deutlichen Suburbanisierung" geführt. In den Kernstädten sei die Förderung deutlich schwächer genutzt worden. In der alten Bundesrepublik nehme die Neubauförderung einen geringeren Stellenwert ein. In den Kernstädten dominiert laut Wirkungsanalyse der Erwerb aus dem Bestand.
Die deutsche Bauindustrie warnte gestern vor einer Einschränkung der Eigenheimzulage. Der Wohnungsbau gehöre zu den am schlechtesten laufenden Sparten der Branche, sagte der Hauptgeschäftsführer der deutschen Bauindustrie, Michael Knipper, in Berlin. "Man kann einem so schwierigen Markt nicht noch zusätzlich einen Tritt versetzen, indem man das Fördervolumen absenkt", sagte Knipper mit Verweis auf dramatische Rückgänge in den vergangenen Jahren.
Die Koalitionäre verhandelten gestern unter anderem das Thema Bau- und Wohnungswesen. Knipper verwies darauf, dass der Umsatz im Wohnungsbau in den ersten sieben Monaten 2002 bereits um 9,5 Prozent zurückgegangen sei. Noch schlimmer sehe es beim Auftragseingang aus, der um 17,1 Prozent gesunken sei.
In der Koalition gibt es Überlegungen, die Eigenheimzulage zu reformieren. Sie stellt eine beträchtliche Finanzhilfe für Bauherren und Käufer dar. Bisher ist die Förderung bei Neubauten (maximal 20 448 Euro) doppelt so hoch wie bei Investitionen in den Bestand (10 224 Euro). Diese sollen einander angeglichen werden, etwa um einer weiteren Verödung der Innenstädte vor allem in Ostdeutschland entgegenzuwirken. Dabei waren Befürchtungen einer Absenkung des Fördervolumens laut geworden.
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