Modernisierung der SPD fehlgeschlagen Standpunkt: Vom schmählichen Ende des rot-grünen Projekts Es kam wie es kommen musste: Die Partei war stärker. Die Partei ist immer stärker. Wenn Bundeskanzler Gerhard Schröder im Herbst von Angela Merkel abgelöst wird, geht nicht nur das rot-grüne Projekt schmählich zu Ende, sondern auch der Groß-Versuch, die SPD aus der Regierungsverantwortung heraus zu einer modernen sozialdemokratischen Partei umzuformen. Chefredakteur Stefan Baron FORUM Das rot-grüne Projekt ist am Ende. Damit ist auch der Groß-Versuch gescheitert, die SPD zu einer modernen sozialdemokratischen Partei umzuformen. Was meinen Sie? Lesen Sie die Beiträge Die Folgen dieses Scheiterns werden das Land länger plagen als die Hinterlassenschaft der rot-grünen Regierung.
Es gebe „keine linke oder rechte Wirtschaftspolitik, nur eine moderne oder unmoderne“, verkündete Schröder vor zehn Jahren, damals noch Ministerpräsident in Hannover und wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Partei. Zwar verlor er deswegen seine Sprecherrolle, doch zugleich begann sein Aufstieg zum „Genossen der Bosse“ und schließlich zum Kanzler. Endlich hatte die SPD nach Karl Schiller und Helmut Schmidt wieder einen Mann, der mit der Wirtschaft konnte. Schmidt, so Schröder, hätten „die Leute so geliebt, weil sie wussten: Der ist zugange mit den Bossen, der holt was raus für uns“.
Daran wollte auch er sich ein Beispiel nehmen: „Ich bin ideologisch nicht festgelegt“, sagte Schröder seinerzeit im Interview mit der WirtschaftsWoche und verwies auf eine „alte Erfahrung der Sozialdemokraten“, die da laute: „Wenn es der Wirtschaft gut geht, fällt für uns am meisten ab.“ Er wolle, dass Deutschland „Hammer“ ist im Prozess der Globalisierung und „nicht Amboss“, er sei für einen „aktivierenden“, nicht „interventionistischen“ Staat, sozialdemokratische Politik müsse sich (wieder) „an den Leistungsträgern orientieren“, das „Gutgemachte, nicht das Gutgemeinte“ sei sein Maßstab.
Das verdiente Unterstützung – auch außerhalb der SPD, auch vonseiten der WirtschaftsWoche, gerade gegen einen Altlinken wie Oskar Lafontaine.
Leider scheute der Aufsteiger jedoch die Mühen der Ebene, die etwa Labour-Chef Tony Blair auf sich genommen hatte. Statt dafür zu kämpfen, seine moderne Auffassung von Sozialdemokratie zunächst in der eigenen Partei mehrheitsfähig zu machen, suchte er lieber den direkten Weg zu Amt und Würden. Ein neues Godesberg für die SPD, so sagte er uns damals, lasse sich nur mit der Richtlinienkompetenz und Autorität eines Kanzlers erreichen.
An diesem Punkt trennten sich unsere Wege. Schröders Argumentation schien uns weder schlüssig noch verantwortbar. Nicht einmal Helmut Schmidt, in der SPD viel besser verankert als er, hatte es schließlich geschafft, seine Partei aus der Regierung heraus zu modernisieren. Und seitdem hatten die Sozialdemokraten nichts dazugelernt: Lafontaine war ihr Anführer geworden. Ein Kanzler Schröder würde zudem – das war absehbar – nur in einer Koalition mit den Grünen regieren können. Vor allem aber: Der Versuch aus der Regierungsverantwortung heraus – ohne entsprechende Vorbereitung der Basis – die SPD modernisieren zu wollen, musste zu schweren Turbulenzen nicht nur für die Sozialdemokraten, sondern für das gesamte Land führen. Ein Kanzler jedoch hat zuerst an sein Land zu denken und Schaden von ihm abzuwenden.
Auch deswegen haben wir 1998 davor gewarnt, sich von dem populären Kandidaten täuschen zu lassen. Leider vergeblich. Schröders Strahlkraft überdeckte den faustischen Pakt, den er mit Lafontaine und seiner Partei geschlossen hatte, Rot-Grün übernahm die Macht. Der Rest ist bekannt.
Heute, nach sieben Jahren, ergeht es Schröder ähnlich wie einst Schmidt. Und die SPD hat, wie die Heuschrecken-Debatte zeigt, immer noch nichts dazugelernt. „Diese Partei“, so soll der Kanzler laut „Spiegel“ resigniert gemurmelt haben, als er von dem politischen Meuchelmord an Heide Simonis erfuhr, „ist nicht regierungsfähig.“
Gewiss, es schmerzt, sich getäuscht zu haben – aber manchmal schmerzt es noch mehr, Recht zu behalten.
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