EU-Partner bedrängen Berlin und Paris Von Ralph Schulze Politische Offensive in Europa für US-Präsident George Bush: Acht europäische Staaten, angeführt von Spanien und Großbritannien, haben sich in einem Aufsehen erregenden Appell hinter die kompromisslose Irak-Haltung der USA gestellt und einen militärischen Angriff ohne erneute UN-Resolution gebilligt. Der von Spaniens konservativem Regierungschef Jose Maria Aznar entscheidend vorangetriebene europäische Aufruf wurde von Großbritannien, Spanien, Italien, Portugal, Dänemark, Ungarn, Polen und Tschechien unterzeichnet. Deutschland und Frankreich, die sich zuvor gemeinsam gegen einen Militärschlag ausgesprochen hatten und diese Position auch im UN-Sicherheitsrat vertreten, waren in die Initiative nicht einbezogen worden.
In dem Papier heißt es, gemeinsam müsse die Weltgemeinschaft darauf bestehen, dass Saddam Hussein entwaffnet und seine Massenvernichtungswaffen zerstört werden. Zugleich wird die umstrittene These Bushs gestützt, dass der irakische Diktator auch das internationale Terroristennetzwerk El Kaida unterstützt. "Die Kombination aus Massenvernichtungswaffen und Terrorismus stellt eine Bedrohung mit unkalkulierbaren Folgen da."
Nach Angaben diplomatischer Kreise in Madrid und London wurde der Aufruf der acht Staaten von Spaniens Premier Aznar verfasst und dann mit seinem besten europäischen Verbündeten, dem britischen Premier Tony Blair, abgestimmt. Die übrigen sechs Unterzeichnern, so heißt es, hätten den Appell dann durch ihre Unterschrift mitgetragen.
Das amerikanische " Wall-Street Journal", welches den Aufruf ebenfalls druckte, berichtet, dass der Anstoß zu dem Brief von dieser US-Zeitung gekommen sei. Man habe Aznar und Blair kontaktiert und um eine Stellungnahme zur deutsch-französischen Anti-Kriegs-Haltung erbeten. Die beiden, heißt es, seien "begeistert" gewesen und hätten daraus dann gleich eine großangelegte europäische Initiative geschmiedet.
Blair flog am Donnerstagabend in die USA, um mit US-Präsident Bush die weiteren Schritte in der Irak-Krise abzustimmen. Bush war offenbar über den Vorstoss vorab informiert.
Aznar persönlich, neben Blair ohne Frage Bushs treuester Alliierter in Europa, habe den US-Präsidenten schon vor Tagen wegen der geplanten Solidaritätserklärung angerufen, heißt es. Inoffiziell wird zudem geflüstert, dass Madrid und Washington die diplomatische Offensive sogar abgesprochen hatten, um im derzeit eher antiamerikanischen Europa die Stimmung zu heben.
Berlin und Paris versuchten am Donnerstag, die Tragweite des Aufrufs herunterzuspielen. Die Erklärung der Acht enthalte auch für die Bundesregierung wichtige Punkte, sagte Regierungssprecher Bela Anda in Berlin. In Chiracs Amtssitz im Elysee-Palast hieß es, der Aufruf enthalte nichts Überraschendes. Allerdings wies ein Sprecher darauf hin, dass die Mehrheit der europäischen Staaten den Aufruf nicht unterschrieben hätten.
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