Die Sozialhilfesätze liegen höher:
Wenn Stefan Effenberg erklärt, den Arbeitslosen sollten die Leistungen auf ein Minimum gekürzt werden, darf er erstmal nicht Fußball spielen, und Politiker von Stoiber bis hin zum neuen Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, äußern ihre Empörung. Dabei hätte er sich doch bloß ein wenig vornehmer ausdrücken müssen: Statt die Sache klar auf den Punkt zu bringen, hätte er vornehm vom ?Zusammenlegen von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe? sprechen sollen ...
Iann hätte er sich nämlich in schönstem Einklang mit einer großen, geradezu extrabreiten Koalition von CDU/CSU über FDP bis hin zur SPD und großen Teilen von Bündnis 90/Die Grünen befunden und auch die Sozialminister von 15 Bundesländern auf seiner Seite gehabt. Denn die planen exakt dasselbe. Leider ernten sie noch nicht die gleiche Empörung wie Stefan Effenberg.
Worum geht es?
Mit der Sozialhilfe wird ein Existenzminimum finanziert - jedenfalls das, was man für das Existenzminimum hält. Dazu ist der Staat aufgrund des Sozialstaatsgebotes verpflichtet. Die Arbeitslosenhilfe soll Arbeitslosen auch nach Auslaufen des Arbeitslosengeldanspruches ein Leben oberhalb dieses Existenzminimums ermöglichen. Sie knüpft in der Leistungshöhe an den letzten Nettolohn an (53 Prozent). Da Sozial- wie Arbeitslosenhilfe (anders als das Arbeitslosengeld) nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuermitteln finanziert werden und beide die Bedürftigkeit des Arbeitslosen voraussetzen, erscheint die Zusammenfassung auf den ersten Blick plausibel. Allerdings nur auf den ersten Blick: Im Detail ergeben sich für die Arbeitslosen ganz entscheidende Nachteile.
Diese beginnen zunächst bei der Leistungshöhe. Der gesamte Sozialhilfeanspruch von Alleinstehenden liegt aktuell bei durchschnittlich 603,84 Euro. Für alle (alleinstehenden) Leistungsbezieher (innen), die zuletzt netto 1.139,16 Euro oder mehr verdienten, bedeutet ein Wegfall der Arbeitslosenhilfe schlicht Sozialabbau und Einkommensverlust. Es ist falsch, wenn behauptet wird, daß schon heute viele Arbeitslose ergänzende Sozialhilfe beziehen. Nur ein Fünftel der Arbeitslosenhilfe-Bezie-her(innen) erhält aufstockende Leistungen vom Sozialamt. Mit anderen Worten: Die ganz überwiegende Mehrheit benötigt heute keine Sozialhilfe - weil ihre Haushaltseinkommen über dem Sozialhilfesatz liegen - und würde bei einer Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zu den Verlierern zählen.
Auch die Bedürftigkeitsprüfung ist eine andere: Bei der Arbeitslosenhilfe werden Kindergeld, BAFöG ,Wohngeld oder auch die Arbeitslosenhilfe eines Angehörigen nicht berücksichtigt, während sie bei der Sozialhilfe sehr wohl angerechnet werden. Ferner bleibt bei der Arbeitslosenhilfe ein Barvermögen des Arbeitslosen oder seiner Angehörigen von 4.100 Euro unangetastet, bei der Sozialhilfe dagegen nur von 1.279 Euro. Praktisch heißt dies: Ein Ehepartner erhält erst dann Sozialhilfe, wenn die Bankkonten bis auf 1.279 Euro leergeräumt sind, Arbeits- losenhilfe erhält er jedoch auch dann, wenn auf den Konten noch 8.200 Euro liegen. Arbeitslosenhilfeempfänger können darüber hinaus aber auch Vermögen behalten, das sie für ihre Alterssicherung zurückgelegt haben, etwa Lebensversicherungen oder langfristige Geldanlagen. Sozialhilfeempfänger müssen auch diese Ersparnisse aufbrauchen, bevor sie Leistungen erhalten. Schließlich werden für Arbeitslosenhilfeempfänger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt, für Sozialhilfeempfänger hingegen nicht. Altersarmut ist damit für Sozialhilfeempfänger vorprogrammiert.
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