OTI: "Ganz Israel ist ein zweites Silicon Valley"
Der israelische Hardwarespezialist On Track Innovations (OTI) entwickelt kontaktlose Mikroprozessorkarten - sogenannte Smart-Cards - sowie die dazugehörigen Lesegeräte. Die Produktion übernehmen Zulieferfirmen. Mit den Smart-Cards lassen sich beispielsweise Daten im elektronischen Zahlungsverkehr drahtlos übertragen. Nach Unternehmensangaben wird die Smart-Card-Technologie von OTI seit Anfang der Neunziger Jahre in der Praxis eingesetzt, so zum Beispiel bei der Bezahlung und Abrechnung an Tankstellen. Anläßlich der Omnicard 2001 sprach Instock mit dem OTI-Vorstandsvorsitzenden Oded Bashan.
Instock: Zu Beginn eine Frage, die sich auf die Aktivitäten von OTI aus dem letzten Jahr bezieht. Was ist aus der im September letzten Jahres abgeschlossenen Vereinbarung mit British Petroleum-South-Africa (BP) geworden, wonach OTI 500 BP-Tankstellen mit einem auf kontaktlosen Smart-Card-basiertem Identifikationssystem ausrüsten sollte? Bashan: Bereits im November 1999 wurde die hundertprozentige Tochter OTI-Afrika gegründet. Bei dem im letzten Jahr abgeschlossenen Kooperationsvertrag mit BP geht es dabei um den Aufbau eines FuelMaster-Tankstellennetzwerkes, bei dem auch die LKWs ausgerüstet werden. Letztes Jahr wurden bereits etwa 50 Tankstellen mit dem FuelMaster-System ausgestattet. Die Netzwerkerweiterung soll bis Ende 2001 vollzogen werden. Bei diesem Gemeinschaftsprojekt wollen wir BP technisch unterstützen, um so letztendlich mehr Kunden zu gewinnen, die den benutzerfreundlichen Service der BP-Tankstellen nutzen. Durch die Zahlung von volumenabhängigen Transaktionsgebühren profitiert OTI unmittelbar von der Steigerungsrate der BP-Kundschaft. Des weiteren haben wir Ende letzten Jahres mit BP-Südafrika das Fuelmaster-Express-System eingeführt, bei dem die PKW-Fahrer durch den Erhalt einer Personalkarte mit in dieses benutzerfreundliche System integriert werden sollen. Dieses Projekt entwickelt sich sehr gut. Zur Zeit werden jeden Monat einige Tausend Privatkunden gewonnen. Für die Zukunft ist ein Kooperationsvertrag mit BP-Afrika geplant, der vorsieht, sämtliche BP-Tankstellen in zehn weiteren afrikanischen Ländern mit unserem System auszurüsten. Auf Dauer wollen wir den gesamten Kontinent erobern.
Instock: In welcher Höhe beläuft sich der Kontrakt, der mit BP-Südafrika abgeschlossen wurde? Bashan: Der Umfang belief sich im letzten Jahr auf knapp eine Millionen Dollar, wobei für dieses Jahr eine Kooperation mit BP geplant ist, die weit über diese Summe hinausgeht.
Instock: Im November letzten Jahres wurde zwischen dem amerikanischen Unternehmen Funge Systems und OTI ein Vertrag abgeschlossen, bei dem es um die Entwicklung eines neuartigen Mobiltelefon beziehungsweise um die Nachrüstung der bereits auf dem Markt befindlichen Mobiltelefone geht. Wie lange müssen wir noch auf dieses neue Produkt warten? Bashan: Nach Aussage unserer Ingenieure geht die Entwicklung zügig voran. Bereits zum Ende des zweiten Quartals 2001 planen wir für dieses Gemeinschaftsprojekt eine Präsentation. Danach soll das neue Produkt in den Markt eingeführt werden. In diesem Zusammenhang lässt sich jedoch noch nichts Genaues über das Volumen sagen. Das Potential im M-Commerce jedoch ist gewaltig. Zur Zeit gibt es etwa 400 Millionen Mobilfunknutzer weltweit. Tendenz weiter überdurchschnittlich steigend. Auf Dauer wollen wir dazu beitragen, dass aufgrund unserer Technologie das Mobiltelefon wie eine E-Card benutzt werden kann. Wichtig ist dabei auch zu erwähnen, dass die von uns entwickelte Technologie in alle Mobilfunktelefone implantiert werden kann. Die Idee von OTI ist es, unsere Entwicklung universell in den M-Commerce einzuführen und uns dadurch eine Unabhängigkeit gegenüber den Handyherstellern zu bewahren.
Instock: Letztes Jahr im Juni hat OTI durch den Kauf von jeweils 51 Prozent die Mehrheit an zwei deutschen Smart-Card Unternehmen übernommen. Wollen Sie die gleichzeitig vereinbarte Option über die restlichen 49 Prozent einlösen? Bashan: Die Planungen laufen weiter in diese Richtung.
Instock: Kommen wir auf das neueste Projekt zu sprechen. Sie haben vor wenigen Tagen einen Vertrag mit P-Card System abgeschlossen, wonach OTI in den nächsten zwölf Monaten 1,6 Millionen Smart Cards im Wert von 8 Millionen US-Dollar liefern soll. Kann man von dieser Summe auf den Preis der einzelnen Karten schließen? Bashan: Man kann hier natürlich nicht einfach die acht Millionen durch die 1,6 Millionen teilen und daraus schlussfolgern, dass eine Smart Card etwa 5 Dollar kostet. In unseren Kosten sind beispielsweise der immense Entwicklungsaufwand, die Implantation und die Lieferung von Lesegeräten enthalten. Insgesamt geht es hier um ein Projekt. Das heißt, wir liefern nicht nur alleine die Karte, sondern er werden mehrere Leistungen erbracht, die mit dieser Order im Zusammenhang stehen. Allgemein kann gesagt werden, dass der Preis einer Smart Card von mehreren Faktoren abhängt. Zum einen muss die Art des Mikroprozessor, den OTI an den Kunden liefert, berücksichtigt werden. Wir entwickeln ein kundenspezifisch optimales Produkt. Ein größerer Aufwand wirkt sich natürlich auch auf den Preis aus. Darüber hinaus spielt der Umfang des abgeschlossenen Geschäfts mit dem Kunden eine große Rolle. Wichtig für den Preis sind in diesem Zusammenhang auch die Transaktionsgebühren, an denen wir in der Folge beteiligt werden.
Instock: Die Umsätze bei OTI sind in den letzten Jahren permanent gestiegen. Die Kosten aber ebenso regelmäßig. Wie läßt sich vor diesem Hintergrund ihre Aussage aufrechterhalten, dass OTI Ende 2001 bereits die Gewinnschwelle erreichen wird? Bashan: Tatsächlich mußten wir im letzten Jahr vor allem in den Bereichen Entwicklung, Forschung und Marketing einiges an Aufwendungen leisten. Hierbei handelt es sich aber um Vorlaufkosten, die allerdings den Nachteil haben, dass sie sich nicht sofort in Gewinne umsetzen lassen. In viele Projekte, über die wir zum Teil bereits gesprochen haben, wurde reichlich investiert. Die Einnahmen aus diesen Geschäften werden wir aber erst in diesem beziehungsweise nächsten Jahr verbuchen können. Klar ausgedrückt heißt das, dass wir die Früchte für unsere Arbeit aus dem letzten Jahr erst dieses und nächstes Jahr einfahren werden. Für die Zukunft sind wir weiterhin sehr optimistisch und glauben deshalb, dass der Break-even noch in diesem Jahr erreicht wird.
Instock: In Israel genießen Start-up-Unternehmen sehr viele Steuervorteile. Wie lange kann sich OTI noch an diesen Begünstigungen erfreuen? Bashan: In dieser Hinsicht müssen wir uns auf lange Sicht keinerlei Sorgen machen. Für die nächsten zehn Jahre profitieren wir von den günstigen Steuergesetzen in unserem Land. Die ganze Sache zu erklären, wäre allerdings zu kompliziert. Tatsache ist, dass die Steuerzahlungen für OTI in den nächsten zehn Jahren keine große Rolle spielen werden.
Instock: Man spricht davon, dass die Gegend von Rosh-Pina, in der auch ihr Unternehmen angesiedelt ist, das Silicon Valley von Israel ist. Entspricht das ihrer Ansicht nach der Wahrheit? Bashan: Wissen sie, Israel ist so groß. Deshalb sagen wir lieber, dass ganz Israel das zweite Silicon Valley der Welt ist.
Instock: Herr Bashan, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führten Gernot Schroeder-Wildberg und Helmut Harff.
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