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Medion-Gewinn bricht ein - der Aktienkurs ebenso
06. Januar 2006 Der MDax muß den zweiten großen Kurssturz innerhalb weniger Wochen verkraften. Nachdem kürzlich die Premiere-Aktie an einem Tag um mehr als 40 Prozent eingeknickt war, hat es zum Wochenschluß die Notiz von Medion erwischt. Um bis zu 22,5 Prozent auf das Allzeittief von 9,20 Euro ist der Titel abgeschmiert. Der Grund: Der mit hohen Kosten kämpfende Elektronikhändler Medion rechnet für 2005 erneut mit einem deutlichen Gewinneinbruch. Und nicht nur das: Zudem hat er weniger verdient als von Analysten bisher erwartet.
Analysten senken angesichts dieser Nachrichten den Daumen - obwohl das Unternehmen Besserung verspricht. Letzteres und die Ankündigug, trotz des enttäuschenden Jahresergebnisses eine (gekürzte) Dividende zu zahlen, mag der Grund für eine Kurserholung sein: Im Verlauf ist das Minus auf rund 13,5 Prozent zurückgegangen und der Kurs wieder auf 10,25 Euro gestiegen.
Ebit nicht einmal halb so hoch wie erwartet
Das operative Ergebnis (Ebit) sei auf 19 Millionen Euro sinken nach rund 90 Millionen im Vorjahr gesunken, teilte das Unternehmen mit. Damit sei es deutlich niedriger als vom Markt erwartet. Analysten waren im Durchschnitt von 50 Millionen Euro ausgegangen. Der Umsatz dürfte rund 2,5 Milliarden Euro erreicht haben nach 2,62 Milliarden Euro im Vorjahr. Das Ergebnis sei durch Restrukturierungen und gestiegene Service- und Vertriebskosten belastet, hieß es. Medion hatte selber wegen der kurzfristigen Bestellungen seiner Kunden keine Prognose für 2005 gewagt, sondern lediglich einen Gewinnrückgang angekündigt.
Trotz des Gewinneinbruchs plant der Vorstand, die Ausschüttung einer Dividende. ?Es werden zurzeit Möglichkeiten geprüft, um eine höhere Dividende als rechnerisch aus dem erwarteten Ergebnis ableitbar an die Aktionäre auszuschütten?, teilte Medion mit. Bereits 2004 hatte der im Nebenwerteindex MDax notierte Konzern einen Gewinnrückgang nach Steuern von 103,1 Millionen Euro auf 50,7 Millionen Euro verbucht und den Aktionären eine von 70 Cent auf 0,55 Euro gekürzte Dividende gezahlt.
Für 2006 kündigte Medion erneut einen Umsatzrückgang an. Aufgrund der geplanten Bereinigung des Produktportfolios und der schwierigen konjunkturellen Situation in Deutschland und auf wichtigen Auslandsmärkten werde im laufenden Jahr ein niedriger Umsatz als 2005 erreicht. ?Wir verzichten bewußt auf Umsätze, die im Verhältnis zum Ertrag mit zu hohem Transaktionsaufwand verbunden sind und keinen positiven Ergebnisbeitrag liefern?, erklärte Finanzvorstand Christian Eigen. Ziel sei es, sich auf zukunftsträchtige Produkt- und Geschäftsbereiche zu konzentrieren.
Medion vertreibt Elektronik- und Elektroartikel - vom Toaster bis zum Plasmabildschirm - über Einzelhändler wie Aldi, Tchibo, Metro, die britische Tesco oder die französische Carrefour. Diese Vertriebsform und der dazugehörige Kundendienst verursachen enorme Kosten. Gleichzeitig spürt Medion den Preisverfall vieler Artikel.
Rätselraten um Kosten der Restrukturierung
Die Analysten der WestLB haben Händlern zufolge die Aktien von Medion auf ?Sell? von ?Neutral? heruntergestuft. Das Kursziel werde auf 9,15 von 12,50 Euro gesenkt, fügten die Börsianer am Freitag hinzu.
Die Analysten der LRP haben angekündigt, bei Medion nach der Gewinnwarnung die Prognosen und die Einstufung zu überarbeiten. Obwohl für das Jahr 2005 und das vierte Quartal das Umsatzziel erreicht wurde, liege Medion auf Ebit-Ebene unter den Erwartungen. Die LRP habe hier 56 Millionen Euro vor Restrukturierungsaufwendungen geschätzt. Wichtig sei dabei, wie hoch die bereits angekündigten, aber nicht näher bezifferten Restrukturierungsaufwendungen, waren. Es sei ?unglücklich? und ?schlecht gemanagt? die entsprechende Zahl nicht in der Pflichtmitteilung genannt zu haben, sondern wohler erst bei der Telefonkonferenz mit Analysten zu erläuterrn, sagte Schindler zu FAZ.NET.
Zu 2006 habe sich Medion pessimistisch geäußert. Es werde ein Umsatzrückgang infolge der Bereinigung unrentabler Umsätze aber auch aufgrund der anhaltend schwierigen konjunkturellen Situation in Deutschland und auf den wichtigen Auslandsmärkten gesehen. ?Wir hätten zumindest eine leichte Steigerung bereinigt um den Verkauf von unrentablen Umsätzen erwartet?, so Schindler in einem per Mail verbreiteten Kurzkommentar.
Ergebnis- und Dividendenprognosen hinfällig
Mit der schlechten Nachricht und der bemängelten Kommunikation dürfte Medion weitere Investoren verschreckt haben. Schon 2005 war die Aktie mit einem Minus von gut 23 Prozent der schlechteste Wert im MDax und ist weit hinter diesen zurückgefallen (siehe Grafik) und hat sich ohnehin nicht angeboten. Durch den Kurssturz steht nun ein Jahresminus von etwa 34 Prozent zu Buche. Bisherige Ergebnisschätzungen für 2006, nach denen die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,1 moderat bewertet war, sind hinfällig. Gleiches gilt für die geschätzte Dividendenrendite von 3,85 Prozent.
Vor diesem Hintergrund sollten Anleger mindestens solange die Finger von dem Papier lassen, bis klar ist, wohin die Reise gehen wird - und wie das Unternehmen wieder die Erträge steigern will. Wer das Papier hält, kann weiter dabei bleiben, da der Tiefpunkt fürs erste erreicht (und überwunden) scheint. In diesem Fall gilt das Prinzip Hoffnung.
Quelle: faz.net
...be invested Der Einsame Samariter
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