Das Kapital: Die Bärenrally dürfte noch nicht vorbei sein
Meist ist der Ausgang dort, wo der Eingang war." Den Tipp von Stanislaw Lec dürfte sich die US-Notenbank zu Herzen nehmen - und die Zinsen kräftig senken. Einen Weg aus der selbst verschuldeten Blasen-Sackgasse hat die Fed damit natürlich nicht zu bieten.
Die schwachen Frühindikatoren zeigen auch, wie rasch die Wirkung früherer Zinsschritte verpufft ist. Und die Ungleichgewichte werden nur noch größer, wenn die Verbraucher ihre Häuser günstiger verpfänden und die Firmen stärker in Überkapazitäten investieren können. Kurzfristig wird das die Börse kaum stören. Laut CSFB haben die Leerverkäufe Ende Oktober mit 1,8 Prozent der S&P-500-Marktkapitalisierung einen Höchststand erreicht. Ein gut Teil davon dürfte noch offen sein. Die Bärenrally sollte sich also fortsetzen, besonders wenn auch die EZB und die Bank of England nachziehen. Zumindest die Briten sollten sich wie üblich an Washington orientieren.
Dagegen dürfte die EZB das Rütteln am Stabilitätspakt fürs Erste durch Nichtstun strafen. Auch die BoJ scheint in Sachen unorthodoxe Geldpolitik zurückzurudern, um wieder mal das Ausbleiben der Bankenreform zu rächen. In einer deflationsgefährdeten Welt sind solche Spielchen fahrlässig - besonders, wenn sie just dort stattfinden, wo ein gut Teil des Schlamassels wirklich nachfrageseitig ist. Aber das hat die EZB und die BoJ noch nie gestört. Bleibt zu hoffen, dass die Fed den verschuldeten US-Verbrauchern weiter Sand in die Augen streut. Ewig werden indes auch die nicht durchhalten. Und schon Lec wusste, dass der Sargdeckel auf der Seite des Verbrauchers schmucklos ist.
Marks & Spencer
Der Rückzug auf die Insel hat sich ausgezahlt. Seit Marks & Spencer in den letzten zwei Jahren die meisten Auslandsgeschäfte abgestoßen und gleichzeitig die britischen Filialen aufgemotzt hat, sprudeln die Gewinne wieder. In den sechs Monaten bis Ende September ist das operative Ergebnis um satte 41 Prozent auf 306 Mio. £ geklettert.
Nun, da vier Fünftel der Läden renoviert sind, haben die britischen Kunden rasch zu ihrer traditionellen Lieblingskette zurückgefunden. Während Rivalen wie Next leiden, hat M&S seinen Marktanteil um einen Punkt auf elf Prozent erhöht. Besonders gut verkaufen sich momentan Damenmode, Unterwäsche und - wie könnte es anders sein - Sportartikel der Marke "David Beckham". Das hat die flächenbereinigten Umsätze im abgelaufenen Halbjahr um 8,8 Prozent angetrieben. Da das neue Management Kosten gespart, Rabatte von Lieferanten eingetrieben und die Produktion noch stärker nach Osteuropa ausgelagert hat, legte die operative Marge von 5,8 auf 8,4 Prozent zu.
Aber nach vier Quartalen fortlaufenden Wachstums wird der Vergleich zu den Vorjahreszahlen härter. Bei Kinderbekleidung mussten wieder 5 Mio. £ an Lagerbeständen abgeschrieben werden. Und den hauseigenen Finanzdienstleister werden die neuen Kundenkarten nächstes Jahr 60 Mio. £ kosten. M&S gibt selbst zu, dass das Weihnachtsgeschäft schwieriger wird. Das deutet auf steigende Marketingausgaben hin. Weitere Preiserhöhungen können sich die Briten wohl abschminken. Unterm Strich dürfte M&S relativ zur Konkurrenz weiter gut abschneiden. Aber bei einem 2003er KGV von fast 17 - weit über dem britischen Branchendurchschnitt - ist das längst im Preis drin.
British Airways
Zumindest eine Thrombose muss man bei British Airways (BA) nicht fürchten. Denn Rod Eddington hat seinen Flieger mächtig auf Trab gehalten. Dank der massiven Einsparungen und Kapazitätskürzungen stieg die Auslastung insgesamt von 64,8 auf 69,5 Prozent. Und das, obwohl der Quartalsumsatz im Jahresvergleich um 6,8 Prozent sank. Die operative Marge erreichte deshalb ein Sechs-Jahres-Hoch von 11,8 Prozent.
Dass die Turbulenzen der Aktie damit noch nicht vorbei sind, sah man am Dienstag. Zwar sind die Nettoschulden seit März um 770 Mio. £ geschrumpft, zumindest ohne die Lücke in der Pensionskasse gerechnet, die Zuschüsse von 40 Mio. £ pro Jahr erfordern dürfte. Aber auch 5,5 Mrd. £ Schulden verleihen bei einer Marktkapitalisierung von 1,6 Mrd. £. einen gewaltigen Hebel relativ zur solideren Konkurrenz. Die Aktie ist eine Wette, dass es nicht zum Irak-Krieg kommt.
Bloß bleibt BA mit dem siebenfachen laufenden Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Goodwill bewertet deutlich teurer als der Sektor. Immerhin sollten die Briten von der Aufhebung nationaler Privilegien für europäische Fluglinien im Transatlantikverkehr profitieren. Nur hat damit auch die günstigere Lufthansa im Wettbewerb gegen Fluglinien kleiner Staaten bessere Karten. Und dann droht BA ja neuerdings auch eine Klage geschädigter Passagiere, die unter Economy-Class-Thrombose leiden.
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