HINTERGRUND: G7 wollen Markttransparenz bei Öl - Hedge-Fonds im Visier BERLIN/WASHINGTON (dpa-AFX) - Der ungebrochene Höhenflug der Ölpreise lässt nicht nur beim Internationalen Währungsfonds (IWF) die Alarmglocken schrillen. Auch die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrieländer (G7) wollen am Freitag in Washington beraten, wie Risiken für den weltweiten Wirtschaftsaufschwung eingedämmt werden können. Doch schon im Vorfeld werden die Erwartungen an die Spitzenrunde gedämpft. "Es sind keine großen Durchbrüche zu erwarten", heißt es in deutschen Delegationskreisen. Denn gut einen Monat vor den Präsidentenwahlen sei die US-Regierung alles andere als beschlussfreudig.
Beschaulich dürfte die Runde der Großen Sieben im Vorfeld der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank aber nicht werden. Die Risiken für die Weltwirtschaft durch den dramatischen Ölpreisanstieg seien inzwischen größer als die Chancen, warnt der IWF in seinem aktuellen Konjunkturausblick. Nach einem Wachstumsplus 2004 wie seit 30 Jahren nicht mehr dürfte der weltweite Konjunkturaufschwung im kommenden Jahr wieder an Fahrt verlieren.
DEUTSCHLAND WILL MEHR MARKTTRANSPARENZ AUF ÖLMARKT
Kein Wunder, dass Finanzminister Hans Eichel (SPD) bei dem Treffen mit seinen G7-Amtskollegen aus den USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan das Thema Markttransparenz wieder auf die Tagesordnung setzt. Über mehr Transparenz an den Ölmärkten als Mittel gegen Preisspekulation wird - vor allem von deutscher Seite aus - seit Monaten gesprochen. Viel passiert ist seither aber nicht. Mit Blick auf eine darüber brütende Expertengruppe heißt es in Berlin enttäuscht: "Die Arbeit dümpelt etwas vor sich hin."
Bundeskanzler Gerhard Schröder macht vor allem Spekulanten für die Preisrallye an den Ölmärkten verantwortlich. Im Finanzministerium heißt es, auch unter den G7-Staaten bestehe Konsens, dass der hohe Ölpreis auf eine Spekulationsblase zurückzuführen sei. Daher soll unter anderem mit aussagekräftigerem statistischen Material die Transparenz erhöht werden. Mit neutralen Informationen über Ölverbrauch, -produktion und die Lagerbestände könnten Marktteilnehmer die reale Lage genauer einschätzen, hofft man.
EXPERTEN: HEDGE-FONDS MITVERANTWORTLICH FÜR REKORD-ÖLPREISE
Untersucht werden müsste aus Sicht der G7 vor allem die Rolle der Hedge-Fonds, die mit riskanten Termingeschäften den Ölpreisanstieg beschleunigen. Experten führen die Entwicklung zu 30 bis 40 Prozent auf Finanzspekulationen zurück. Für Rohstoff-Spekulationen würden 300 Milliarden Dollar von Hedge-Fonds bereit gestellt, die Öl nur auf dem Papier verkaufen und kaufen sowie auf steigende und sinkende Preise wetten. Ob die Spekulationsblase mit mehr Informationen zum Platzen gebracht werden kann, ist allerdings offen. "Man sollte realistisch sein und keine Wunder erwarten", heißt es nüchtern in Berlin.
Offen bleiben dürfte bei dem G7-Treffen vorerst auch die Entschuldung des Irak. Das kriegsgeschädigte, aber ölreiche Land hat im Ausland schätzungsweise 120 Milliarden Dollar Schulden. Mit 5,3 Milliarden ist Deutschland einer der großen Gläubiger. Die USA wollen bis zu 95 Prozent erlassen, die Europäer sind zurückhaltender. "Weit über 50 Prozent sollte nicht gehen", heißt es in Berliner Regierungskreise. Bis Jahresende müsse aber Klarheit herrschen.
STREIT ÜBER ENTSCHULDUNG DER ÄRMSTEN LÄNDER DER WELT
Streit bahnt sich eher innerhalb der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Entschuldung der ärmsten Länder der Welt an. Bei Eichel und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat der Vorstoß Großbritanniens für Differenzen gesorgt. London will einen Teil der multilateralen Schulden von mehr als 30 Ländern etwa bei der Weltbank aus eigener Tasche zahlen. Auch die anderen Geberländer sollten dem Beispiel folgen und den Finanzinstitutionen dafür zusätzliches Geld bereit stellen.
Im Hause Eichel heißt es aber, eine zusätzliche Entschuldung sei angesichts der angespannten Haushaltslage nur im Rahmen des Etats von Wieczorek-Zeul möglich. Die Ministerin hofft, dass der Kassenwart seine Haltung noch vor der Weltbank-Jahrestagung und dem G7-Treffen überdenkt: "Wir haben ja eine lange gemeinsame Flugzeit nach Washington."/sl/DP/zb
--- Von André Stahl, dpa ---
Greetz
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