Wer auf Analysten hört, verliert häufig sein Geld (14) Von Daniel Eckert und Nando Sommerfeldt 15. Mai 2009, 08:56 Uhr Die Verluste durch die Finanzkrise machen es mal wieder deutlich: Wer auf die Ratschläge von Analysten setzt, ist sein Geld meist los. Besser fährt, wer die bei den Profis unbeliebtesten Aktien kauft. Immerhin gibt es unter den Analysten auch einige rühmliche Ausnahmen. Foto: AP Bär und Bulle: Selbst Analysten wissen meist nicht, wer sich in Zukunft durchsetzen wird
Der Berufsstand der Analysten droht seinen letzten Kredit zu verspielen. Eine aktuelle WELT-ONLINE-Auswertung zeigt, dass Anleger an der Börse besser fahren, wenn sie genau das Gegenteil von dem tun, was die Profis raten.
Sparer, die vor einem Jahr auf die zehn Dax-Aktien mit den meisten Kaufempfehlungen setzten, haben bis heute im Schnitt einen Vermögensverlust von 43 Prozent erlitten. Anleger, die im Mai 2008 gegen den Strom schwammen und die bei den Profis unbeliebtesten zehn Dax-Aktien orderten, verloren in der schlimmsten Finanzkrise seit 70 Jahren zwar auch viel Geld, aber deutlich weniger, nämlich 32 Prozent. Sie schnitten also elf Prozentpunkte besser ab. Wer gar nicht auf die Experten hörte und auf den gesamten Leitindex mit seinen 30 Blue Chips setzte, erzielte ein Minus von 33 Prozent.
zurück weiter 1 von 34 So entwickelten sich die Dax-Werte in den vergangenen 12 MonatenWELT ONLINE hat die Wertentwicklungen mit den Empfehlungen verglichen...
Weiterführende Links Deutsche sind mit Finanzprodukten überfordert EZB senkt Leitzins ? Das können Sparer jetzt tun Welche Geldanlagen sich jetzt am meisten lohnen Schauen Sie Ihrem Bank-Berater auf die Finger! Um private Vorsorge kommt niemand mehr herum So viel Geld bringen Lebensversicherungen noch Das Ergebnis belegt, zusammen mit früheren WELT-ONLINE-Untersuchungen, dass die Aktienanalysten in allen Marktphasen mit ihren Empfehlungen danebenliegen. Die Profis entwickeln sich so zum perfekten Kontraindikator. Sie erkannten weder die Top-Performer in der Rallye zwischen 2003 und 2008, noch konnten sie die Anleger vor den größten Verlustbringern der vergangenen Monate warnen. Unabhängig von Bullen- oder Bärenmarkt gibt es also ein festes Muster, dass Anleger schlecht damit fahren, die bei Analysten beliebtesten Aktien zu kaufen.
Das beste Beispiel ist Volkswagen. Seit Jahren bewerten die Experten die Aussichten der VW-Aktie negativ. Von insgesamt 36 Einschätzungen lauteten vor einem Jahr lediglich fünf auf "Kaufen". Das war die mit Abstand schlechteste Analystenbilanz. Die Realität sieht anders aus: Als einziger Dax-Wert kann das Volkswagen-Papier ein Plus vorweisen. Aktien wie E.on, MAN oder Salzgitter hingegen erhielten Mitte Mai 2008 fast ausschließlich positive Empfehlungen. Zu Unrecht: Diese Titel verbuchten nicht nur massive Kursverluste, sondern entwickelten sich deutlich schlechter als der Dax.
Warum aber liegen die Experten mit ihren Prognosen regelmäßig falsch? Schließlich haben Analysten im Vergleich mit normalen Anlegern einen Informationsvorsprung, da die Unternehmen sie vorab mit Daten wie den Auftragseingängen versorgen. Praktiker wie Vermögensverwalter kritisieren immer wieder, dass viele Analysten lediglich Trendfolger sind. Sie würden regelmäßig nur die Werte zum Kauf empfehlen, die gerade "in" sind. Je positiver die Stimmungslage für eine Firma und ihre Aktie, desto weniger seien die Profis geneigt, sich gegen die vorherrschende Meinung zu stellen.
Foto: WELT ONLINE Infografik Analysten und Prognosen "Wenn die Analysten mit ihren Studien herauskommen, hat der Markt die Informationen schon längst in die Kurse eingepreist, und Anleger reagieren zu spät", merkt Reinhard Hellmuth, Portfoliomanager bei der I.C.M. InvestmentBank, an. "Der intellektuelle Mehrwert vieler Analystenstudien beschränkt sich darauf, dass sie das arithmetische Mittel aus der Bandbreite der Gewinnprognosen ermitteln, die die Unternehmen vorgeben", kritisiert auch Bert Flossbach vom Vermögensverwalter Flossbach & von Storch.
Allerdings wäre es ungerecht, alle Profis über einen Kamm zu scheren. "Viele Analysten sind für die Banken nur dazu da, Kunden zum Aktienhandel zu animieren. Das ist deren Job", sagt Werner Hedrich von der Ratingagentur Morningstar. Daneben gebe es auch sehr gute Analysten, die nicht für die Ankurbelung des Geschäfts da sind und ausgezeichnete Arbeit leisten. "Natürlich gibt es einzelne hervorragende Leute zu einzelnen Themen. Aber die Breite arbeitet mehr oder weniger nach dem Motto ,Die Vergangenheit ist ein guter Schätzer für die Zukunft', sagt auch Alexander Kapfer, Manager des erfolgreichen Aktienfonds FIVV-Aktien-Global-Select-Fonds.
Keywords Dax Analysten Anleger Berlin Prognosen Anleger sollten Aktienempfehlungen daher differenzierter handhaben. Viele Private konzentrieren sich zu sehr auf die "Kaufen"-Empfehlung und das Kursziel. Anlagestratege Kapfer rät Investoren hingegen dazu, die Analysen als eine Informationsquelle unter vielen zu nutzen. "Ich verwende die Arbeit der Analysten lediglich für - wie die Berufsbezeichnung bedeutet - das Analysieren der Geschäftszahlen der Vergangenheit. Als Vorhersager setze ich sie bei meinen Entscheidungen nicht ein. Einzelne Analysten können sehr wohl gute Prognosen abgeben, allerdings ist es sehr aufwendig, diese zu identifizieren, und für den Privatanleger nicht machbar."
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