Die jüngsten Ereignisse kann ich leider nur noch als Bankrotterklärung unserer Bundespolitiker einordnen. Gleichzeitig offenbart sich, dass das vermeintlich demokratische Konsenzfindungs-System in D nicht (mehr) funktioniert. Ich schäme mich (fremd) für unsere sog. Demokratie. ALLE Politiker sind gewählt, um GEMEINSAM die bestehenden Probleme zu lösen. Die Strategien hierzu sind aber äußerst fragwürdig: Wozu muss man nach einer Wahl monatelang "verhandeln" und "Koalitionsverträge" schließen, wenn ohnehin klar ist, dass es keine "Patentlösungen" gibt? Kann man sich nicht grundsätzlich gemeinsam der Lösungsfindung widmen, anstatt nur gegeneinander zu wettern? Ich sehe hier ein fundamentales, d. h. strukturelles Problem unserer demokratischen Mehrheitsfindungs- und Entscheidungsprozesse. Für mich spielt es überhaupt keine Rolle, welche Partei konstruktive Lösungsvorschläge macht. Aber vernünftige Debatten auf reiner Sachebene sucht man im Deutschen Bundestag leider weitgehend vergeblich! Man kann vortrefflich darüber streiten, wer die Verantwortung für den "Bruch der Regierungskoalition" trägt, ich halte dies aber für wenig zielführend. Das Verhalten des CDU-Chefs widert mich regelrecht an. Gut, dass wir wenigstens einen besonnenen Bundespräsident haben. Seine gestrigen Worte mit dem Apell zur Besonnenheit (und Vernunft) fand ich sehr angemessen. Sind "Neuwahlen" eine Lösung? Selbstverständlich nicht. Sie wären m. M. n. politischer Selbstmord, denn welche Wahlmöglichkeiten hat das Volk? Die derzeit bestehende 5%-Hürde schließt viele Parteien de facto für den Einzelnen als Wahlmöglichkeit aus, so dass nur noch (in absteigender alphabetischer Reihenfolge) SPD, Linke, Grüne, FDP, CDU und AfD verbleiben. Alle anderen Parteien mögen gute Lösungsideen haben, es ist jedoch schon vorab klar, dass sie nicht in den Bundestag einziehen können. Dieser vermeintliche "Schutzmechanismus vor Zersplitterung" entpuppt sich - wieder einmal - als reiner Machterhaltungsmechanismus. So hat z. B. eine ödp, die angibt, systematisch ökologische Schwerpunkte zu setzen, von vorneherein keine Chance. Andererseits zeigen sich mittlerweile die Schwächen unserer Verfassung mehr als deutlich: In Art. 65 GG heißt es: "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien de Politik" und weiter "und trägt dafür die Verantwortung." M. M. n. passt eine solche Vorgabe nicht zu einer parlamentarischen Demokratie, sondern wäre eher das Kennzeichen einer echten Monarchie. Ich sehe nun aber eine Chance auf eine "echte" Demokratisierung: Mit dem "Wegfall" der FDP aus der "Klüngel-Koalition" entsteht eine Minderheitsregierung. Das ist für mich im vorhandenen politischen System die einzige Möglichkeit, wie Lösungen mit breitem Konsenz zustande kommen können: Die Opposition (der Begriff existiert übrigens zu Recht in unserer Verfassung nicht) erhält nämlich - wie vom Wähler gewünscht - ein echtes Mitspracherecht. Mehrheiten können dann nur noch auf der Sachebene zustandekommen, indem Vor- und Nachteile von verschiedenen Lösungsansätzen ernsthaft gegeneinander abgewogen werden. Genau dies vermisse ich seit langem. Dazu würde übrigens 1/3 der Bundestagsmitglieder genügen, man bräuchte aber neutrale, sachverständige Berater, die man mit von den dann eingesparten Diäten bezahlen könnte. Aber auch das Verhalten der AfD und der Umgang der anderen Politiker mit der AfD halte ich einer Demokratie für unwürdig: Wenn sich einzelne Redner im Bundestag nicht "benehmen" können, so sollte der Bundestag, der doch aus erwachsenen Menschen besteht, auch entsprechende Maßnahmen ergreifen. Wenn aber die AfD, die ja mittlerweile als extremistisch eingestuft wird, immer nur ausgegrenzt wird, in dem alle ihre Anträge vom Rest per se abgelehnt werden, so verstärkt dies nur die Spaltung im Land und die Unzufriedenheit der Bürger. Wo soll das alles enden? Wen soll man denn noch wählen? Die bisherigen Regierungsparteien scheiden wohl aus, die CDU ebenfalls, spätestenz nachdem Merz in seinem gestrigen Auftritt seine Arroganz zur Schau gestellt hat, ohne seinerseits vernünftige Lösungsansätze präsentieren zu können. Und mit wem will die CDU denn zusammenarbeiten? Und den Sozialismus möchte ich auch nicht in D haben - 40 Jahre DDR haben doch hinreichend gezeigt, dass er nicht funktionert. Gute Nacht, Deutschland!
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